Begrüßung der Gäste . (Ruhige Musik) Es war nirgendwo, dass ich dann
Corona geleugnet habe oder so was, sondern ich habe einen anderen
Aspekt eingebracht. Aber ich wurde auch auf Twitter
Massenmörder genannt. In dem Moment wusste noch keiner,
was da mit mir passiert. Also, es kannte keiner Long Covid. Es war nicht bekannt,
dass es Folgen gibt von Corona. Das erste Krankenhaus
wollte Covid-frei bleiben, das zweite hat gesagt,
sie haben keinen Platz. Ich habe dann gebeten, dass er
an die Uniklinik Augsburg kommt. Schon fast den Rettungsdienst
angefleht, weil ich ja dort tätig war. Und das hat man dann eben abgelehnt. Man sitzt mit 1.500 Leuten zusammen,
die drängen sich an einem vorbei, husten einen an, ohne Maske,
alles wunderbar. Kaum hat man den Saal verlassen,
musste man Maske tragen im Foyer und bloß nicht unter der Nase. Nach der ganzen Geschichte haben meine Eltern
mir das ermöglicht, mir mein eigenes Pferd zu kaufen. Das ist dann wirklich so
das Einzige, wo ich abschalten kann, weil ich sage so,
wenn ich nicht laufen kann, läuft mein Pferd für mich
durchs Feld, durch den Wald. Das sind die einzigen Momente,
wo ich mich normal fühle. (Lässige Musik) Herzlich willkommen im "Nachtcafé".
Schön, dass Sie da sind. Hallo. Vielen Dank. Danke schön. Die Pandemie - danke schön -
die Pandemie ist vorbei, aber sie hat
tiefe Spuren hinterlassen. Sei es in Form von Long Covid
oder Impfschäden, oder weil wir uns von sterbenden
Familienmitgliedern im Krankenhaus nicht verabschieden durften. Und was heißt das auch
für das Miteinander? Ist da Vertrauen verloren gegangen? "Was von Corona bleibt", das ist
unser Thema heute im "Nachtcafé", und ich bin sehr gespannt
auf diese Gäste. Was für Sie, Michaela Fischer,
von Corona bleibt, ist eine tiefe Trauer. Denn Ihr Mann verstarb aufgrund
einer Corona-Infektion. Unerträglich ist für Sie auch, dass Sie in den letzten Wochen
und Stunden seines Lebens nicht bei ihm sein konnten, da die Klinik Ihnen den Besuch
untersagte. Wir freuen uns,
dass Sie heute bei uns sind. Herzlich willkommen, Michaela
Fischer. - Hallo. Als regierender Bürgermeister
von Berlin und zeitweise Vorsitzender
der Ministerpräsidentenkonferenz waren Sie, Michael Müller,
während der Pandemie in hoher
politischer Verantwortung. Trotz zum Teil heftigen Gegenwinds, sehen Sie aber keine
gesellschaftliche Spaltung als Folge der Corona-Politik. Was Sie heute dennoch kritisch
und selbstkritisch sehen, das hören wir von Michael Müller,
willkommen im "Nachtcafé". Hallo. Sie, Hendrik Streeck,
wurden mit Ausbruch der Pandemie schlagartig ein bekanntes Gesicht. Dass Sie sich als Virologe zu einzelnen Maßnahmen
skeptisch geäußert haben, brachte Ihnen
massive Anfeindungen ein. Dennoch wurden Sie in den Ende 2021
eingesetzten Expertenrat der Bundesregierung berufen. Warum Sie heute eine Aufarbeitung
der Pandemie-Politik fordern, das erfahren wir von Prof. Dr.
Hendrik Streeck, herzlich willkommen. Ihr Leben, Selin Islami,
änderte sich dramatisch, als Sie sich gegen Corona
impfen ließen. Sie haben zahlreiche
Krankenhausaufenthalte hinter sich und sind inzwischen
meist auf einen Rollstuhl und die Hilfe Ihrer Mutter,
Aylin Dalgül, angewiesen. Erfolgreich kämpften Sie um die offizielle Anerkennung
der Krankheit als Impfschaden. Schön, dass Sie da sind,
Selin Islami und Aylin Dalgül. Für Sie, Mathias Richling,
war es nicht richtig, wegen eines Virus
das ganze Land lahmzulegen. Mit den Möglichkeiten
kabarettistischer Kommentare übten Sie Kritik, aber dass man damit ganz schnell
unter Verdacht stand, Verschwörungstheoretiker zu sein,
davon wissen Sie ein Lied zu singen. Herzlich willkommen,
Mathias Richling! Sie, Martin Wiesmann,
mussten miterleben, wie Ihr jüngstes Kind in der
Coronazeit psychisch krank wurde. Mit der zweiten Schulschließung entwickelte Ihre bis dahin
aufgeweckte Tochter eine Depression und später eine Magersucht. Wie Sie als Familie
damit umgegangen sind und wie es Ihrer Tochter heute geht, darüber spricht bei uns Martin
Wiesmann, ganz herzlich willkommen! Dass der Weg zur eigenen Haustür
Sie eines Tages so anstrengen würde, wie früher Wanderungen im Gebirge,
damit haben Sie, Sina Mahlstedt, im Traum nicht gerechnet. Denn Sie waren sportlich
und immer aktiv, bis Sie sich mit Corona infizierten und seitdem am Post-Covid-Syndrom
leiden. Wie Sie heute Ihren Alltag
bewältigen - wir hören es von Sina Mahlstedt. Herzlich willkommen an Sie und herzlich willkommen noch mal
an die ganze Runde. Michaela Fischer, ihr Mann verstarb einsam im Krankenhaus an Corona Frau Fischer, Sie und Ihr Mann haben sich im Dezember 2020
mit Corona infiziert. Ihr Mann ist dann im Januar
einige Wochen später verstorben. Wie Sie die Wochen vor seinem Tod
erlebt haben, darüber reden wir noch. Aber gehen wir noch mal
ein Stück zurück. Sie haben Ihren Mann kennengelernt,
da waren Sie, glaube ich, 19. Ja, genau. Einige Jahre später
haben Sie geheiratet. Wie war Ihr Mann?
Wie würden Sie ihn uns beschreiben? Eher so der Gegenpol. Eher so der ruhigere Mensch,
aber fröhliche Mensch. Ja, immer aktiv
und eigentlich ein Herzensmensch. Ein Herzensmensch. Also da war auch immer
diese Herzensverbindung? Sie haben dann,
als die Pandemie begann, in der Notaufnahme der Uniklinik
Augsburg gearbeitet. - Ja. Sie sagen, Sie haben dort auch
erlebt, dass immer mehr Menschen mit größter Atemnot eingeliefert
wurden, viele gestorben sind. Hat Ihnen das damals Angst gemacht?
- Ja. Tatsächlich hat uns das Angst
gemacht beziehungsweise mir. Ich hab das auch immer wieder innerhalb der Familie erzählt
zu Hause. Auch meinen beiden Kindern. Deswegen waren wir vielleicht auch
damals schon besonders vorsichtig. Also wir haben uns wirklich auch an
die Kontaktbeschränkungen gehalten. Klar, in der Arbeit musste man
damals ja schon im Vorfeld, in der ersten Welle schon
mit Mundschutz auch ... Wir hatten damals ja
schon relativ früh mit Schutzkleidung gearbeitet
und so. Aber die Angst ...
- Impfung gab's ja noch nicht. Nein. - Aber die Angst haben Sie
erlebt, auch als Familie? Ja. Sie beide haben sich dann
bei Ihrer Tochter infiziert, mit Corona angesteckt. Wirkt das noch nach
auch bei Ihrer Tochter? Ja, ganz massiv.
Die hat massive Schuldgefühle. Mhm. Wobei sie ja zu uns nach Hause kam
ohne irgendwelche Symptome. Sie hatte sich auch
in der Arbeit angesteckt. Da kam eine Kollegin und die kam
mit Symptomen Tage ... weil sie in die Arbeit
mit Fieber und so weiter. Obwohl man zu ihr gesagt hat,
sie soll nach Hause gehen. Damals gab's keine Schnelltests.
Da musste man noch PCR testen. Das war kurz vor Weihnachten. Die wollte nach Hause reisen
zu dem Zeitpunkt, nach Griechenland. Und ja, hat da natürlich
etlichen Kollegen, und meine Tochter war Erzieherin, etliche Kinder auch
in dem Kindergarten angesteckt. Wie gesagt, zu dem Zeitpunkt
hatte meine Tochter keine Symptome und war eigentlich
nur eine Stunde bei uns. Aber macht sich Vorwürfe
im Nachhinein? - Ja. Sie beide waren dann schwerkrank,
in Quarantäne. Sie beide haben auch Atemnot
bekommen. Ihr Mann hatte 40 Grad Fieber
irgendwann. Schüttelfrost. Wie ging's ihm da?
Konnte er noch schlafen? Also die ... wie gesagt, wir haben
uns infiziert kurz vor Weihnachten. Sonntag hat er
die ersten Symptome bekommen, ich dann am Montag in der Früh. Wir gingen Montag zum Hausarzt,
Dienstag erfolgte der PCR-Test. Oder da haben wir
das Ergebnis bekommen. Er hatte dann aber wirklich
schon an Tag fünf, also in der Zeit
die typischen Symptome. Hatten wir beide. Beide hohes Fieber,
Gliederschmerzen, Husten, was man halt so kennt
an typischen Symptomen. Mein Mann hat dann wirklich
Atemprobleme bekommen. Und das hatte sich dann an Tag fünf
so hochgeschaukelt, dass er eben auch Atemnot hatte. Ich habe dann, ja, den
Rettungsdienst geholt, weil er ja ... Es war dann in der Nacht,
er konnte kaum mehr schlafen, natürlich nur erhöht schlafen,
im Sitzen eigentlich. Ich hatte den Rettungsdienst geholt. Die kamen auch dann,
haben meinen Mann mitgenommen und haben dann nach einer Odyssee
an ... ja, wie soll ich sagen, Notaufnahmen probiert anzufahren. Die erste Klinik, da standen die mit dem Rettungswagen
vor der Notaufnahme, die ließen meinen Mann
gar nicht rein ins Krankenhaus. Der Rettungsdienst
konnte nicht ausladen. Es ist richtig, dass sie ihn
wieder zurückgebracht haben, weil niemand ihn genommen hat?
- Genau. Nach vier Stunden. Wie hat man das begründet?
- Weil man keine Klinik findet. Das erste Krankenhaus
wollte Covid-frei bleiben, das zweite hat gesagt,
sie haben keinen Platz. Ich habe dann gebeten, dass er
an die Uniklinik Augsburg kommt. Schon fast den Rettungsdienst
angefleht, weil ich ja dort tätig war. Und das hat man dann eben abgelehnt. Ihr Mann ist dann
in der kommenden Nacht zu Hause noch mal zusammengebrochen.
- Ja, genau. Ist dann doch ins Krankenhaus
gebracht worden. Wie ging's ihm da? Haben Sie da noch mal
mit ihm sprechen können? War er noch ansprechbar? Die Stunden danach - er wurde ja
nach vier Stunden in der Nacht wieder zurückgebracht -
waren sehr schwierig. Mir ging's ja auch sehr schlecht
durch die Erkrankung. Ja, wir haben wenig gesprochen. Er hat hohes Fieber
nach wie vor gehabt. Konnte natürlich ...
hauptsächlich fast geschlafen, nur immer wieder mit der Luft
natürlich Probleme gehabt. Er musste dann irgendwann
in der Nacht auf die Toilette, kam aber nicht mehr hin,
weil er dann zusammenbrach. Hat blaue Lippen gehabt,
blaue Finger, war zyanotisch. Hatte er Angst vor dem, was kommt? Ja, ich glaube schon,
das hat man auch gesehen. Ich hab dann wieder
einen Notruf abgesetzt, der Rettungsdienst kam,
auch wieder mit Notarzt. Dann hat man ihn
wohl oder übel mitgenommen, wieder eines der besagten
Krankenhäuser angefahren. Dann hat man ihn drei Tage auf
der Normalstation liegen gelassen, ohne Beatmung,
obwohl er eigentlich da mindestens schon High-Flow
bekommen hätte müssen. Es ist für Sie nicht einfach,
das alles wieder hochzuholen. Erst mal vielen Dank,
dass Sie das tun, hier auch stellvertretend für andere. Sie haben sich dann dafür eingesetzt, weil es Ihrem Mann
wirklich so schlecht ging, dass er doch
in der Uniklinik Augsburg, wo Sie gearbeitet haben,
auf die Intensivstation gekommen ist. Er musste dann auch ins künstliche
Koma versetzt werden. Sie haben gesagt,
es war kurz vor Weihnachten, an dem Tag war es
ein Tag vor Heiligabend. Ist die Weihnachtszeit bis heute
eigentlich eine schwierige Zeit? (bewegt:) Ja, sehr schwierig.
- Sehr schwierig. Ich glaube, das können wir
nur so weit nachvollziehen, dass wir es erahnen können. Richtig nachvollziehen können es
nur die, die es erlebt haben. Sie konnten Ihren Mann
zunächst nicht besuchen, weil Sie ja noch Corona-positiv
waren. Irgendwann waren Sie beide ja
auch negativ. Durften Sie dann zu ihm?
- Nein. Ich durfte zweimal täglich
auf der Intensivstation anrufen, immer um elf und abends
gegen 19 und 20 Uhr. Es war dann
ein Zwei-, Drei-Minuten-Gespräch. Da erfuhr man nur, was wieder an
Untersuchungen gemacht worden ist. Wie es ihm geht, entweder
verschlechtert, gleichbleibend, oder, ja,
Verbesserung gab's ja da kaum. Dann eben diese Lagerung,
16 Stunden Bauchlage, acht Stunden Rückenlage. In der Bauchlage hat sich
tatsächlich der Zustand immer wieder mal
einigermaßen normalisiert. Zumindest so,
dass man auch nicht mehr mit diesem unwahrscheinlichen Druck
der Beatmung arbeiten musste. Zwischendrin hat's mal
auch geheißen, er kommt an die ECMO,
an die Herz-Lungen-Maschine. Das wurde dann kurzfristig
wieder abgesagt, weil das Gerät
für jemand anders gebraucht wurde. Aber Sie haben es immer nur gehört
am Telefon. Sie konnten nicht bei ihm sein. Mit dieser Situation, nicht zu kranken oder sterbenden
Angehörigen zu können, sie nicht besuchen zu dürfen,
damit waren Sie nicht alleine. (Sprecher:) 180.000 Tote
forderte die Pandemie in Deutschland. Besonders häufig traf es Alte
und Pflegebedürftige. Fast jeder zweite Corona-Tote
lebte zuvor in einem Pflegeheim. Der Anteil der mit Covid-19 in Heimen
Gestorbenen lag 2020 und 2021 bei 45 Prozent. Die Maßnahmen, um ältere Menschen
vor einer Ansteckung zu schützen, hatten beträchtliche
psychosoziale Nebenwirkungen. So litten nicht nur Pflegebedürftige
in Heimen unter der Isolation, sondern auch alleinlebende Alte, die ihre Kinder und Enkel
nicht treffen durften. Und nicht selten
führten die Kontaktbeschränkungen in den Krankenhäusern dazu, dass ein Abschied von sterbenden
Angehörigen nicht mehr möglich war. Haben Sie das verstanden,
Frau Fischer, dass Sie, obwohl Sie negativ waren,
nicht zu Ihrem Mann konnten? Ja, zunehmend weniger, sag ich. Am Anfang hatte ich da
schon noch Verständnis. Aber nachdem es meinem Mann
kontinuierlich schlechter ging und wir auch wussten, dass wenig
Überlebenschance da ist, war es für uns schon sehr schwierig. Vor allem für meine Tochter und
mich, wir waren ja bereits negativ. Wir hatten die Krankheit ja
durchgemacht. Von uns aus bestand ja kein Risiko. Weder ein Klinikpersonal anzu-
stecken, wenn wir da reingehen ... Aber es war einfach ja nicht erlaubt.
- Nein. Sie haben gesagt,
Sie durften zweimal am Tag anrufen. Da haben Sie dann Informationen
bekommen. Wie war das für Sie,
zu Hause zu sein? Ihren Mann kannten Sie schon
Jahrzehnte, Sie waren es gewohnt,
mit ihm zu sein. Wie war es, wenn ein Anruf kam? Furchtbar.
- Furchtbar? Ja. Also, wir hatten ja die Info
erhalten von der Uniklinik, wenn es ihm schlechter geht
oder sich was verändert, dann ruft uns die Klinik an. Ansonsten durften wir ja
zu diesen Zeiten eben anrufen. Es war auch in der dritten Woche
wirklich so, dass dann plötzlich ein Anruf kam. Dann hieß es, er verstirbt JETZT, hat aber dann noch zwei weitere
Wochen gelebt. Das war wirklich das einzige Mal,
wo wir dann reindurften. So eine ... Wie soll ich sagen? In voller Montur, Schutzkleidung. Wir hatten dann eine Krankensalbung
machen lassen. Das war eine Stunde. Und sonst wären Sie aber
immer bei ihm gewesen eigentlich. Ja. Ist es richtig,
dass Sie sich auch versprochen haben, immer beieinander zu sein?
- Ja. Ja. Ja? Eigentlich bis zum Schluss,
egal, wenn wir irgendwie ... Mein Mann war ja immer
der total Gesunde. Mit 58 Jahren nicht einmal
irgendeine Erkrankung, keine Vorerkrankungen,
nichts gehabt. Er war ja auch noch nicht alt.
- Nein. Sie waren dann dort zum ersten Mal
nach fünf Wochen. Sie haben gesagt, für eine Stunde.
Wie war das? Das war in der dritten Woche
tatsächlich. Also, auf der Intensiv beatmet,
im Koma, mit Dialyse, mit ... also, mit ... mit ... künstlicher ...
Ernährungsaufnahme. Also, alles,
was man sich vorstellen kann. Konnten Sie ihm denn die Hand halten? Das war das Einzige.
Ich durfte mich aber nicht setzen. Weil das Krankhaus
genaue Vorgaben hatte. Man durfte nur
am Krankenbett stehen, durfte zwar den Patienten berühren, aber natürlich,
ich hatte doppelt Handschuhe an, Mundschutz, Haube, Schuhe, Kleidung,
ja, Brille. Hatten Sie denn das Gefühl,
er spürt, dass Sie da sind? Ja. Als wir den Anruf erhalten haben, war natürlich die Herz-Kreislauf-
Situation sehr, sehr schlecht, dass man wirklich
damit gerechnet hat, er verstirbt in den nächsten
Stunden. Als wir dann kamen,
meine Tochter, mein Sohn und ich, eben am Krankenbett standen, und ich immer wieder,
oder auch meine Kinder, zu ihm gingen und ihm die Hand gaben
oder übers Gesicht ... und auch mal gesagt hat,
ich liebe dich und so weiter ... haben sich die Herztöne ...
ich will nicht sagen, normalisiert, aber zumindest so, dass sich das
alles wieder bissl stabilisiert hat. Fragen Sie sich manchmal, auch wenn's
medizinische irrational ist, was wäre gewesen, wäre ich
die ganze Zeit bei ihm gewesen? Auf jeden Fall. Irgendwann haben Sie wieder
einen Anruf bekommen. Ja, das war dann
in der fünften Woche. Er hat trotz Krankensalbung
und trotz dieser Hiobsbotschaft dann noch zwei weitere Wochen
gelebt. Und wo dann der Anruf
in der Früh um 2.30 Uhr kam, er wird jetzt versterben, sind wir dann sofort
in die Klinik gefahren, komischerweise, da mussten wir dann
außer FFP2-Maske und natürlich, weil das
eine Anästhesie-Intensivstation war, nur so einen OP-Kittel anziehen,
das war's. Sonst keine Schutzkleidung mehr. Das hat uns auch sehr verwundert. Und dann haben wir
so zehn Minuten gewartet, dann kam der Oberarzt
und hat gesagt: Ja, Ihr Mann ist jetzt verstorben. Konnten Sie denn noch
dann bei ihm bleiben und ... Ja, gut, als wird dann
das Zimmer betraten, war ich auch etwas überrascht, weil mein Mann lag da,
wie wenn er nur schlafen würde. Rosig im Gesicht, alle Geräte waren weg,
Kerze wurde angezündet. Die Krankenhaustasche war schon
uns vor die Füße gestellt worden so ungefähr. Wir waren dann noch bis in der Früh
um sechs Uhr bei meinem Mann. Wie man's dann als Verabschiedung,
er war ja bereits dann tot, es war ja auch
keine Sterbebegleitung. Und dann in der Zwischenzeit
war ein Spalt die Tür auf und im Intensivzimmer ... da war dann der Stützpunkt,
da waren etliche Krankenschwestern und Krankenpfleger, die haben Videospiele gemacht,
die haben einen Film angeschaut, die haben gelacht. Konnten Sie denn bei der Beerdigung
dann würdig von ihm Abschied nehmen? Also wir hatten natürlich
eine Beschränkung mit 20 Personen. In der Kirche,
Gottesdienst durfte stattfinden, aber natürlich auch da musste jeder
in einer eigenen Bank sitzen. Sozusagen konnten wir nicht einmal
als Familie zusammensitzen. Äh ... In der Aussegnungshalle, mein Gott,
was ist würdig? Wie intensiv stellt man sich
eine Beisetzung vor? Mein Mann war ja auch Feuerwehrmann, es wären Vereinsmitglieder,
Freunde, das durfte man natürlich nicht. Auch am Grab. Draußen, auf dem Friedhof,
auch da musste man mit Maske stehen. Was ist besonders belastend daran, dass Sie Ihrem Mann in dieser
Situation nicht beistehen konnten? Ja, wie soll ich sagen? Also eigentlich auch
ein Schuldgefühl. Weil wir uns das ja auch
versprochen haben. Und weil ich auch nicht weiß:
Was fühlte mein Mann noch, was hat er noch gespürt? Was war zu dem Zeitpunkt,
wo wir bei ihm waren, wurde ihm das überhaupt
noch mal kurz bewusst? Man weiß ja auch nicht
im Koma. Ist er alleine, warum kommt keiner,
warum bin ... (Ihre Stimme bricht.) Was geschieht mit mir oder so. Das belastet mich schon sehr. Es bleiben Schuldgefühle,
wie Sie sagen. Bleibt auch Ohnmacht, bleibt Wut?
Bleiben Forderungen? Was bleibt da noch? Also Wut bleibt schon,
weil ich mir denke, auch in der Politik, war ja ein Pandemiegesetz,
eine Regel eben, da hat man ja auch festgelegt, Sterbende sind von
den Pandemieregeln ausgenommen. Und das macht mich
eigentlich sehr, sehr wütend. Weil das hat man nicht umgesetzt. Erst mal vielen Dank, Frau Fischer, dass Sie uns noch mal durch diese
schmerzhafte Zeit mitgenommen haben. Und wir wünschen Ihnen
alles, alles Gute. Dass Sie mit dem,
was Sie erfahren haben, das in dem Sinne natürlich nicht
wieder so werden kann wie früher, aber dass Sie
zu einer Lebensqualität finden, auch gemeinsam mit Ihrer Tochter.
Vielen Dank. Danke. Was ... Michael Müller, der Politiker trug in der Pandemie hohe Verantwortung Was geht in Ihnen vor, Frau Fischer
hat die Politik angesprochen, wenn Sie das hören,
was Frau Fischer erlebt hat? Das sind natürlich
ganz bittere Schilderungen, wo man auch nicht
alles entschuldigen kann und schon gar nicht
alles verstehen kann. Allein solche Dinge,
wie Sie erzählen, Sie mussten da stehen
neben dem Krankenbett und durften nicht sitzen. Einmal mussten Sie die
Schutzkleidung tragen, einmal nicht. Auch ich kann das nicht erklären. Krankenhäuser sind mit der Situation
unterschiedlich umgegangen. Ich kann das nur für die Berliner
Situation beschreiben, wir haben mit der Berliner Charité
nun wirklich eine Einrichtung,
die auch die Schwerstkranken aufgenommen hat selbstverständlich
und gut versorgen konnte. Und auch die haben mich angesprochen
und haben gesagt: "Herr Müller, wir sind dabei,
uns vorzubereiten, dass wir die Lage
nicht mehr im Griff haben." "Dass wir die Erkrankten
auf die Flure legen müssen, weil wir nicht mehr die
entsprechenden Einrichtungen haben, um alle gut versorgen zu können." Und aus dieser Situation heraus
kann man vielleicht nur für manches versuchen
eine Erklärung zu finden, dass die Angst, die Sorge
so groß war vor dem, was da kommen kann, dass man
übers Ziel hinausgeschossen ist. Das ist in Ihrem Fall, wie gesagt, lindert gar nichts an Schmerz,
kann gar nichts gut erklären, aber es war natürlich
für diese Gesundheitseinrichtung und auch für die Politik
eine Ausnahmesituation, wo man versucht hat,
jeden Strohhalm zu ergreifen, den man kriegen konnte. Herr Streeck, Sie haben als Virologe
natürlich auch versucht, nach Lösungen zu suchen. Aber wurde dem Schutz des Lebens
in der Pandemie, ist natürlich ein ganz großer Wert,
der Schutz des Lebens, aber wurde dem,
wie manche es formulieren, zu vieles untergeordnet? Bis hin dazu, dass Menschen
nicht mehr in Würde gestorben sind. Na ja, Wolfgang Schäuble
hat ja dazu mal gesagt, dass das Grundgesetz die Würde
des Menschen als Oberstes stellt. Und nicht den Schutz
vor einer Infektion, das ist jetzt paraphrasiert. Und ich finde die Schilderung
von Frau Fischer, die hat mich wirklich
sehr mitgenommen eben, weil ich hab auch immer wieder
im Krankenhaus solche Situation gesehen,
miterlebt. Eine Situation war
ganz am Anfang der Pandemie, wo eine Frau auf der Parkbank
bei uns saß und nicht zum Mann durfte,
der im Sterben lang, weil der Test nicht vorlag. Sie musste
einen negativen PCR-Test haben. Und wir haben dann einfach
auf das Gerät gestarrt und dann irgendwann
ganz früh gesagt, das ist okay. Die soll zu ihrem Mann
gehen können. Aber das ... Wir haben es so viel festgehalten
an irgendwelchen Werten, Verordnungen, wir Deutschen
lieben ja Verordnungen, und sind da zum Teil
päpstlicher als der Papst. Dass wir dabei die Empathie,
das Mitgefühl, das Verständnis füreinander etwas
auf der Strecke gelassen haben. Und gerade,
was Frau Fischer schildert, ist für mich eine ungefragte ... Frage, die wir in der Pandemie
aufgestellt haben. Wie gehen wir
auf der einen Seite damit um, mit dem Schutz vor der Infektion
in der Gemeinschaft, auf der anderen Seite aber die Nähe, den Wunsch oder die Bedürfnisse
nach Nähe, menschlichen Kontakt, Liebe
und Ähnliches. Da brauchen wir eine Antwort dafür, denn wir werden
auch unsere Kinder ... oder wir vielleicht auch, werden
noch mal eine Pandemie erleben. Und da brauchen wir ja
eine Antwort darauf. Der Yale-Professor, Arzt und
Soziologe Nicholas Christakis sagt: "Das einsame Sterben
in den Krankenhäusern war amoralisch, unethisch
und unnötig." "Für mich ist es ein menschliches,
unverzeihliches Versagen." Teilen Sie das?
- Absolut. Vor allen Dingen, weil ... Natürlich war von Anfang an klar,
wie katastrophale Folgen es gab. Wir kennen die Bilder von Bergamo
und Heinsberg und so weiter. Was ich vermisst habe,
was man nicht registriert hat, sind Hotspots und dass man
das ganze Land lahmlegt. Und diese Situation,
die Sie schildern, war völlig unerträglich. Es gab wirklich Absurditäten. Wobei ich immer gesagt habe, die Maßnahmen, die Urmaßnahmen sind
natürlich richtig und wunderbar, ich liebe Abstand. (Murmeln) Die Distanzlosigkeit der Menschen geht mir seit Jahrzehnten
auf die Nerven. Na ja, ist doch so,
weißt ja wie's ist. Im Restaurant, ganz alleine
in der letzten Ecke, kommen zwei Fremde,
setzen sich direkt daneben. So. Aber gleichzeitig wusste man,
es gab völlig irrsinnige Maßnahmen. Also warum ... ich hab gehört, dass Leichen
Masken übergezogen wurden, wenn sie dann für die Beerdigung
vorbereitet werden. Oder dass Menschen nicht ...
also unerträglich zu hören. Ist bei dem Versuch,
Menschenleben zu retten, die Menschlichkeit
auf der Strecke geblieben. Absolut.
- Ja? Was sagen Sie? Auf jeden Fall. Ich will nur etwas anderes
dazu sagen, ich wollt's eigentlich erst
später sagen, was die Absurdität ausdrückte, war, viele, die unter 50 sind,
haben's natürlich nicht erlebt, aber wir haben eine Situation,
wo wir nicht wissen, wie überträgt sich das. Die Reaktion der Politik ist so,
dass man das Gefühl hatte, es kommt durch die Luft. Eine alte Frau durfte nicht
auf der Parkbank sitzen, es durfte nachts
nicht spazieren gegangen werden, das durfte nicht ... (Ratlose Laute) Menschen wurden eingeschlossen,
Familien durften nicht raus. Heute sagt Herr Lauterbach selbst,
das war Schwachsinn. Denn jeder weiß, bei einer Infektion
ist frische Luft und Bewegung das Fördernde. Und wenn man das angekreidet hat, galt man gleich als Coronaleugner
oder als Verschwörungstheoretiker und so ein Schwachsinn. Das heißt also, die Maßnahmen,
die darüber hinausführten, wir hatten zum Beispiel
die Kuriosität, dass wir in München
eine FFP2-Maskenpflicht hatten, und in Köln eine normale OP-Maske. Du fuhrst du mit dem Zug,
in voller Fahrt sagte der Schaffner, jetzt müssen Sie
die andere Maske tragen. Wenn ich das sagen darf kurz.
- Klar. Es war klar von Anfang an,
oder relativ von Anfang an, WHO und RKI, die Sterberate ist, so dramatisch es ist für die,
die es betraf, lag zwischen ein und zwei Prozent. Herr Steinmeier,
unser Bundespräsident, hat schon nach einem Jahr
der Pandemie gesagt: Wir schauen zu sehr
auf die Zahlen. Und zu wenig auf die Menschen. Und das, was sich dahinter verbirgt. Und er hat wörtlich gesagt, also auch auf die einsam
sterbenden Menschen bezogen: "Eine Gesellschaft,
die dieses Leid verdrängt, wird als Ganzes Schaden nehmen." Hat die Gesellschaft
Schaden genommen? Also ich ... ich finde das schwer
so absolut zu sagen, ob eine Gesellschaft
Schaden genommen hat oder nicht. Ich glaube, die Gesellschaft
hat eine gewisse Resilienz, dass sie da auch wieder rauskommt. Aber ich plädiere ja
aus gutem Grund immer wieder für eine Aufarbeitung, weil wir diese Krise als ein Proxy, als einen Stellvertreter
sehen müssen für zukünftige Krisen,
die wir haben könnten. Das muss nicht eine Pandemie sein, das kann auch der Ukrainekrieg sein, das kann ein Angriff an
die Ostflanke oder Ähnliches sein. Aber wir müssen
aus dieser Krise lernen, weil wir haben ganz
viele unbeantwortete Fragen. Eine unbeantwortete Frage ist, wie gehen wir mit
dem Spannungsverhältnis um, dass wir auf der einen Seite
Liebe, Nähe, Geborgenheit wollen, andererseits Schutz vor Infektion. Wir haben keine Antwort darauf. Wir haben aber auch
keine Antwort darauf, oder wo ich denke,
wo wir dran arbeiten müssen, ist, wie wissenschaftliche Beratung
in einer Krise funktionieren sollte. Wir brauchen hier viele Experten. Es darf nicht sein,
dass es einige wenige sind, die sagen, das ist richtig,
das ist falsch. Wir brauchen ein breites Spektrum. Aber so was muss
professionalisiert werden. Und das machen wir bisher nicht. Gehen wir in der Aufarbeitung
einen Schritt weiter. Frau Fischer, Sie und Ihr Mann
sind erkrankt, als es noch keine Impfung gab. Und früher,
als viele damit gerechnet haben, war dieser Impfstoff da. Und dann hieß es, die Impfung hat so gut wie
keine Nebenwirkungen. Ein Satz, von dem wir heute wissen,
er trifft nicht zu. Selin Islami und Aylin Dalgül, leben mit den Folgen eines Impfschadens (Angespannte Musik) (Sprecher:) Chronisches
Erschöpfungssyndrom, Migräne, Muskelschmerzen oder
Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das sind nur einige Symptome
die beim Post-Vac-Syndrom nach einer Covid-19-Impfung
auftreten können. Die Ursachen sind noch unklar und eindeutige Nachweise
nur selten möglich. Die Existenz von Nebenwirkungen
wurde lange bestritten. Die Impfungen sind halt
mehr oder weniger nebenwirkungsfrei. Das muss gesagt werden. Knapp 12.000 Geimpfte
haben bislang bundesweit Anträge auf Anerkennung eines Schadens
durch die Corona-Impfung gestellt. Keine 500 Anträge wurden bewilligt. Mehr als 5.000 abgelehnt. Zu denen, deren Antrag
anerkannt worden ist, zählt die 19-jährige Selin. Frau Islami, erinnern Sie sich
an die Situation, als Sie sich
für eine Impfung entschieden haben? Ja. Ja? Holen Sie uns mal rein,
was war das für eine Situation? Also wir waren in Düsseldorf
eigentlich einkaufen. Es war auch
eine spontane Entscheidung, das da vor Ort zu machen. Das war einfach
in so einem Impfzentrum an der U-Bahn-Station. Mhm. Ja, es war halt so, dass ich in der
Ausbildung war in der Medizin. Mhm. Und wir schon vorher halt
diesen Zettel bekommen haben, entweder jeden Tag Impfung ...
also jeden Tag einen Test bringen, oder durchgeimpft sein. Und für mich war's halt unmöglich
irgendwo jeden Tag einen Test vorzubringen, weil wir ja schon im Bus, um zur Teststation zu kommen,
einen Test haben mussten. Also es war
eine spontane Entscheidung, weil Sie waren in der Ausbildung zur
zahnmedizinischen Fachangestellten. 16 Jahre, glaube ich, damals?
- 16. Und dass Sie gesagt haben,
ich mach das einfach. Und ich hab gehört,
Sie waren beide zusammen dort. Ja, wir waren als Familie dort. Mein Mann, der Kleine,
Selin und ich zusammen unterwegs. Und spontan sagte sie so,
auf der Rolltreppe eigentlich: Mama, da ist ein Testzentrum,
hast du meinen Ausweis dabei? Dann hab ich gesagt,
ich hab den immer dabei, aber wir lassen uns nicht impfen. Also Sie hatten erst Bedenken?
- Ich war eigentlich völlig dagegen. Auch schon, wo das Thema
auf der Arbeit kam und so. Da hab ich gesagt, egal, was ist,
wir lassen uns nicht impfen. Und Selin hat so einen Kopf,
die kann sich da durchsetzen. Und dann stand sie halt vor
diesem Impfzentrum und hat gesagt: Ja, los, ich möchte meinen Pass, ich möchte mich impfen lassen. Und mein Mann hat
dann auch noch gesagt, was ist denn hier los? Sozusagen. Und als Selin davon berichtet hat,
sagt er, weißt du was,
wir machen das zusammen. Und dann waren zwei gegen einen. Da hab ich gesagt,
alle oder keiner. Und dann habe ich aber da
noch etliche Fragen gestellt. Welche Fragen?
In welche Richtung gingen die Fragen? Ob es Nebenwirkungen gibt,
das habe ich schon dort gemacht. Wie die Erfahrung ist,
wie die Leute es vertragen. Dass ich eigentlich
auch dagegen bin, das eigentlich
nicht machen möchte. Und ja, dort wurde halt alles
so ein bisschen runtergespielt: "Ach, jeder lässt sich impfen,
wir machen das schon." Und so ein bisschen
reingelockt sozusagen. Und da blieb mir
eigentlich ... ja, konnte ich nicht mehr
argumentieren. Sie waren ja vor der Impfung
auch sportlich sehr aktiv. Was haben Sie
für einen Sport gemacht? Ich war im Leistungsturnen, also
richtig in der Liga auf Leistung. Ich komme von einer Sportschule,
also, mein Leben war Sport. Ihr Leben war Sport. Wie lange hat es dann gedauert
bis zu Ihren ersten Beschwerden? Ein paar Wochen.
- Ein paar Wochen. Nee, die ersten
kamen nach vier, fünf Tagen. Also, es hat halt angefangen
mit Husten, Oberbauchschmerzen, wo man halt nicht
an so was gedacht hätte. Also, es kam schon relativ schnell
nach ein paar Tagen, aber so starke Symptome haben
nach ein paar Wochen angefangen. Dann kam die zweite Impfung
irgendwann. Das war, glaube ich,
eine Biontech-Impfung? Das war beides Mal Biontech. Wir haben
nach der ersten Impfung, es war mitten im Sommer, und Selin
hat immer so leicht gehustet. Damals konnten wir das
nicht einordnen. Bin aber trotzdem mit ihren
Bauchschmerzen und so weiter direkt zum Arzt, weil ich bin
ein bisschen so Übermama und habe gesagt,
nee, das kann nicht sein. Du hast keinen Infekt, nichts.
Warum hustest du die ganze Zeit? Und ja, dann hieß es,
ja, ist nichts Dramatisches, vielleicht Blähungen
und so weiter. Dann haben wir
die zweite Impfung gemacht. Das war der größte Fehler,
den wir hätten tun können. Ist es richtig, dass Sie dann irgendwann
den Arm nicht mehr heben konnten? Ja, es kam eigentlich alles
nacheinander relativ schnell dann. Also, es hat
mit meinen Armen angefangen. Wir waren ganz einfach
was am Backen und ich konnte einfach
den Teig nicht mehr umrühren. Also, mein Arm hat einfach
keine Kraft mehr gehabt. Und ja, es ging immer weiter. Also, meine Augen, dann sind meine Augenlider
immer zugefallen. Gesichtsfeldausfall. - Es war dann
die Muskulatur von den Augen. Ich habe oben rechts monatelang einen riesigen schwarzen Fleck
gesehen, wo ich auch
in die Klinik gegangen bin. Die haben mich dann
nach Hause geschickt. Ich soll schlafen gehen,
morgen ist das weg. Wir reden so über so Symptome. Aber wenn ich jetzt mir vorstelle,
Sie sind zu Hause in der Küche, wenn ich das verstanden habe,
wollen was backen und dann kriegen Sie
den Arm nicht mehr hoch. Kommt dann nicht Panik auf?
- Klar. Mhm.
- Ja. Sie sagte:
"Ich kann nicht mehr rühren." "Wie, du kannst nicht mehr rühren?" Oder mit dem Gesichtsfeldausfall. Es war ja so,
wir haben ein Spiel gespielt, Selin saß auf der Couch und sagte: "Mama, ich glaube,
ich habe was im Auge". Und ich so: "Da ist nichts,
was hast du denn da?" Dann war plötzlich ein Aufschrei
und sie sagte: "Ich sehe nichts mehr
im rechten Auge". Ich so: "Bleib ganz ruhig,
wir fahren in die Klinik". Die Klinik meinte,
sie soll schlafen gehen, am nächsten Tag
wäre alles wieder gut. Es wurde aber nicht besser.
- Nein. Nach zwei Monaten hat eine Ärztin
eine Diagnose gestellt, Myasthenia gravis. Was ist das für eine Krankheit? Das ist
eine neuromuskuläre Erkrankung, auf Deutsch gesagt,
schwerwiegendste Muskelerkrankung. Das ist, dass die Verbindung
zwischen Nerv und Muskel nicht funktioniert. Die wird dann unterbrochen
durch Antikörper. Ein halbes Jahr nach der Impfung hatten Sie dann
die erste myasthene Krise. Wie äußert die sich? Also, eine myasthene Krise geht
wirklich innerhalb von Sekunden. Bei mir war es immer so, dass ich
angefangen habe zu erbrechen und das wahrscheinlich dadurch, dass ich meinen eigenen Speichel
nicht mehr schlucken konnte, dann hört die Atmung auf
zu funktionieren. Man kann sich
nicht mehr bewegen. Man liegt einfach nur
an der Beatmung auf Intensivstation und hofft,
dass es sich bessert. Also, man muss sich das
so vorstellen, das ist natürlich, es gibt ganz
viele Myasthenia-kranke Patienten. Bei jedem geht das nicht so
und jeder hat auch nicht eine Krise. Selin hatte über 20 Stück und das in
der lebensgefährlichsten Situation. Man muss sich das so vorstellen,
dass jede Muskulatur, die Sie selbst ansteuern können - Ihren Herzmuskel
können Sie ja nicht ansteuern. Also ist der außen vor,
das Herz schlägt, aber Sie können
nicht mehr atmen selbstständig, Sie können nicht mehr schlucken. Sie hatte monatelang
eine Magensonde. Und die Augenlider
sind die kleinsten Muskeln. Da sieht man das dann direkt. Zu Hause, wir konnten das
noch nicht einordnen, sagte sie: "Ich krieg meine Augen
nicht mehr auf." Als ich sie
in das Krankenhaus gebracht habe: "Hast du schlecht geschlafen?
Mach mal deine Augen auf." Sie konnten damit nicht umgehen. Wir wussten nicht, was los ist,
die Ärzte auch nicht am Anfang. Es war wichtig,
die Diagnose zu haben, um das einordnen zu können
und zu wissen, woher kommt das. Sie wurden häufig operiert? (Selin:) Ja.
- Wie häufig? Also, in jeder einzelnen Krise
natürlich, weil sofort ein Katheter
gelegt werden muss, damit ich direkt an die Blutwäsche
gehangen werden kann. Ich hatte unzählige OPs
an meinen Gefäßen, weil alles thrombosiert ist bei mir. Also, die haben wirklich meterlange
Blutgerinnsel rausgezogen, auch heute noch. Blutabnehmen war ich vor zwei Tagen,
ist nicht möglich, weil die Schläuche
werden voller Gerinnsel, es kommt kein flüssiges Blut heraus. Man kann keine
normale Blutabnahme machen. Jede Arterie und jede Vene,
hier, man sieht es, das ist jetzt ein bisschen
überschminkt, auch hier, jede Arterie und jede Ader
ist somit schon zerschnitten worden. Also, man sieht, Sie sitzen da
jetzt einträchtig auf dem Sofa, Wenn man Sie so sieht,
würde es keiner ahnen, aber Sie sind auch mit dem Rollstuhl
hierhergekommen heute. Also, was in Ihrem Leben
ist heute nicht mehr möglich, was früher selbstverständlich war? Nein, gar nichts.
- Gar nichts. Wir mussten umziehen, weil ich
nicht mehr Treppen laufen konnte, wobei wir trotzdem
noch mindestens ein Jahr in der dritten Etage
gewohnt haben. Sie und Ihr Mann, konnten Sie denn
noch weiter arbeiten? - Nein. Sie haben dann mit großem Aufwand, auch großem bürokratischen Aufwand
erreicht, dass die Krankheit Ihrer Tochter nach der lückenlosen Dokumentation
ihrer Krankheitsgeschichte offiziell als Impfschaden
anerkannt wurde. War das ein weiter Weg? Ja, ich würde mal so sagen,
es war ein schwerer Weg. Natürlich auch in der Situation,
in der wir waren. Ich habe sehr gekämpft. Ich bin auch
in die Öffentlichkeit gegangen, weil als meine Tochter da etliche
Male auf der Intensivstation war, hat man mir schon gesagt: "Jetzt
können Sie sich verabschieden." Da habe ich gesagt,
jetzt musst du was tun. Du lässt sie jetzt nicht mehr da
so liegen, du kämpfst weiter. Und diese Anerkennung zu bekommen, ich habe vielleicht auch
die richtigen Menschen zum richtigen Zeitpunkt
kennengelernt, die mir auch
ein bisschen geholfen haben, vielleicht Formalitäten auszufüllen
et cetera. Aber es ist ein Kampf
und ich habe ihn geschafft. Und ich weiß aber auch, dass da
draußen Tausende von Menschen sind, die es nicht geschafft haben. Und ... ja, das ist nicht schön,
diesen Weg gehen zu müssen. Gibt es denn für Sie Momente, wo Sie
auch mal das alles vergessen können? Ich habe gehört, beim Reiten
entsteht so etwas. Ja, also,
nach der ganzen Geschichte haben meine Eltern
mir das ermöglicht, mir mein eigenes Pferd zu kaufen. Das ist dann wirklich so
das Einzige, wo ich abschalten kann, weil ich sage so,
wenn ich nicht laufen kann, läuft mein Pferd für mich
durchs Feld, durch den Wald. Und das sind die einzigen Momente,
wo ich mich normal fühle. Vielen Dank an Sie beide,
dass Sie uns das so erzählt haben. Alles Gute für Sie und Ihre Familie.
- Vielen Dank. Wir haben ... Wir haben es gerade ja auch gehört: Im Februar '22 hat Bundesgesundheitsminister
Lauterbach gesagt, Prof. Hendrik Streeck, der Virologe plädiert für eine Aufarbeitung der Pandemie die Impfungen sind mehr oder weniger
nebenwirkungsfrei. Hat die Politik das Impfrisiko
runtergespielt, in der Hoffnung, möglichst viele Menschen
für Impfungen zu gewinnen? Äh ... ja, also, diese Szene war,
glaube ich, sehr, sehr unglücklich. Das wurde ja damals auch schon
von vielen Ärzten kommentiert. Es gibt kein Medikament, was in irgendeiner Weise
nebenwirkungsfrei ist. Jede Impfung kann immer auch
eine Nebenwirkung haben. Es wurde schon von der Politik her, gerade wo dann die Debatte
mit Impfpflicht 2G, 3G, 2G+ aufgemacht wurde,
sehr großer Impfdruck aufgebaut, wo bei einer Impfung, die vor allem einen Schutz
für einen selber darstellt, also Schutz
vor der eigenen schweren Erkrankung, nicht Schutz
vor der Infektion, das in dem Maße nicht
gerechtfertigt war in meinen Augen. Sie haben gesagt,
es war nicht gerechtfertigt, es war
eine unglückliche Aussage. Herr Müller, bei jedem Medikament,
das wir einnehmen, kriegen wir den Beipackzettel. Da stehen
die ganzen Nebenwirkungen drauf. Es war ja nicht wirklich anzunehmen, dass so eine Impfung
gar keine Nebenwirkungen hat. War das im Nachhinein,
Sie sagen "unglücklich", vielleicht auch
eine fahrlässige Aussage, um Werbung
für die Impfung zu machen? Ich vermute,
das war damals der Kenntnisstand. Natürlich hat Herr Streeck recht. Wir wissen als Laien schon, dass es fast immer
Nebenwirkungen geben kann. Und ich vermute, dass auch die Beratung
für Herrn Lauterbach so war, dass es da in nur sehr geringem
Umfang eine Nebenwirkung geben kann. Dass es welche gibt,
musste er wissen. Er ist ja nicht ganz kompetenzfrei. Das will ich auch nicht in Schutz
nehmen und teile die Einschätzung, dass es mehr als unglücklich war. Auf der anderen Seite
muss man auch sehen, es müssen deutschlandweit so um die
60 Millionen Impfungen gewesen sein, die Menschen
in Anspruch genommen haben. Und das muss man eben auch sehen, dass die Impfung ja ein Baustein war
im Rahmen vieler Maßnahmen. Nicht das Allheilmittel,
aber ein Baustein. Und dieser Baustein wahrscheinlich
auch sehr vielen Menschen sehr gut geholfen hat
mit 60 Millionen. Das muss man sehen. Vieles wird immer
mit der Grippeimpfung verglichen. Man muss schon sehen, auch in Ihren Schilderungen
ist das deutlich geworden, wir haben hier eine Infektion,
eine Krankheit gehabt, wo auch viel Jüngere
betroffen waren. Bei der Grippe sind ja die, die oft diesen ganz schweren Verlauf
leider erleben oder sogar daran versterben,
sehr viel sehr alte Menschen. Wir haben hier die Situation gehabt, dass innerhalb von Tagen,
manchmal innerhalb von Stunden, 40-, 50-Jährige
sich nicht mehr bewegen konnten, keine Luft bekommen haben, auf
die Intensivstation gekommen sind. Und für die dann auch einen weiteren
Schutz anzubieten, eine Impfung, das war doch etwas, worüber wir uns
auch wahnsinnig gefreut haben, dass wir diese Möglichkeit haben. Die Frage ist,
wenn man für etwas politisch wirbt, ob man dann die Ebene
der Sachlichkeit und Fachlichkeit so verlassen darf. Mich würde noch interessieren,
Frau Dalgül, wenn Sie gewusst hätten, dass es
diese Nebenwirkungen geben kann, Sie haben ja gefragt,
hätten Sie sich anders entschieden? Hätten Sie Ihre Tochter ... Ich wäre noch energischer gewesen
und hätte mich durchgesetzt. Ich kann auch dazu, ich weiß gar nicht, ob ich da was
zu sagen möchte, aber wenn man sagt, 60 Millionen haben wir geholfen,
wer bestätigt das? Vielleicht ginge es denen
auch ohne Impfung so. Vielleicht geht es denen,
die jetzt im Nachhinein sterben ... sterben die vielleicht
wegen der Impfung. Und das kann man ... Wenn jetzt jemand
wegen einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall stirbt,
weiß ich nicht, ob der genauso Gerinnsel hat
wie meine Tochter. Das kann man doch
gar nicht mehr nachvollziehen. Die Aussage "Ich habe 60 Millionen
Bürgern geholfen und die geschützt" finde ich persönlich
für mein Denken nicht richtig. Es gibt viele Fragen,
die Menschen stellen. Erst mal danke, dass Sie so offen
hier auch argumentieren. Ich glaube, wir merken, es gibt
viele Fragen, die wir uns stellen. Die Pandemie ist nach wie vor
ein hochemotionales Thema. Mathias Richling, der Kabarettist kritisiert viele Corona-Restriktionen Wir können nicht auf alle Themen hier in der fachspezifischen Diskussion
eingehen, aber wichtig ist auch, was im Miteinander
dadurch entstanden ist. Sie, Herr Richling, haben die Coronamaßnahmen
immer wieder kritisiert, auch in Ihren Programmen, die ja
zu sehen waren, übrigens bis heute. Ah, nee. Also, jetzt reicht es
also wirklich, ja? Da kommen doch
diese Coronaprotokolle raus. So. Was nicht geschwärzt ist,
zeigt schon, dass es also Zweifel gab
an einem bestimmten Impfstoff. Trotzdem wurde er empfohlen. Millionen hatten Bedenken. Ah nee,
das waren ja Querdenker, richtig. Dann hatten wir hier FFP2-Maske. Die ist für den Arbeitsschutz. Die darf man nicht länger tragen
als zwei Stunden. Trotzdem galt Dauerpflicht. Im Zug von Hamburg nach Stuttgart, acht Stunden musste man die
durchgehend tragen. Wer es nicht gemacht hat,
war AfD-ler und Massenmörder. Dann die Leute einzuschließen, nicht an die frische Luft zu lassen
in der Infektionszeit, das wäre wörtlich
"totaler Schwachsinn" gewesen, sagt Karl Lauterbach heute. Wer das vor zwei Jahren sagte,
der war Coronaleugner, richtig. So. Und um die alle
in den Griff zu bekommen, galt ja die Denunziationsorder
von Strobl und Kretschmann. Man sollte alle anonym anzeigen,
die die Maßnahmen einhielten, aber nicht die idiotischen Maßnahmen
einhielten. Über die einzelnen Punkte haben Sie ja gerade sich auch schon
mal geäußert, Herr Richling. Aber für mich ist der Kern,
und das würd mich auch interessieren, wie Sie das hier in der Runde sehen,
das, was Sie auch beschrieben haben: Wer Zweifel hatte, Bedenken,
vielleicht Kritik hatte, wurde sehr schnell sofort
in der öffentlichen Wahrnehmung ein Querdenker, was für manche
in der öffentlichen Wahrnehmung dann gleich ein Rechter war, was für andere dann wieder in
der öffentlichen Wahrnehmung jemand, der ein Feind der Demokratie ist,
war. Wurde diese Reihe
zu schnell gefolgert? Ich denke schon, dass wir viel
zu wenig Debatten zugelassen haben, viel zu wenig
miteinander gesprochen haben, auch gerade in der Wissenschaft. Es gibt nicht DIE Wissenschaft
und nicht: "DIE Wissenschaft sagt." Sondern es sind viele
unterschiedliche Wissenschaften, die zum Teil
konträre Ansichten haben. Ich habe es selber erlebt, dass ich aus Forschungsverbünden
ausgeschlossen wurde, weil ich zu querdenkernah
argumentiert hätte, was vollkommen
daneben gewesen ist. Weil es war nirgendwo, dass ich dann
Corona geleugnet habe oder so was, sondern ich habe einen anderen
Aspekt eingebracht. Aber ich wurde auch auf Twitter
Massenmörder genannt oder Ähnliches. Das war ... - Das sind ... das sind
aber zum Teil Dinge gewesen, die ich auch schon gerade in der
Wissenschaft schwierig fand, dass man so miteinander umgeht. Aber die Bedenken und die Sorgen
und auch das Herantasten, was ist eigentlich wirklich
der Sachstand? Das hat es erstens also
jeden Abend in fünf verschiedenen Talkshows
gegeben und öffentlich, das hat es in der Kreis- ... der
Ministerpräsidenten-Runde gegeben, inklusive StIKo und Charité
und allen anderen, RKI. Das hat es in der öffentlichen
Debatte überall gegeben, bis hin zur Wissenschaft. Das machen ja
die Coronaprotokolle deutlich, dass auch da es eine Unsicherheit
und ein Fragen gab, wo stehen wir eigentlich
und wie gehen wir damit um? Das, was dann passiert ist,
wenn dieser Vorwurf kam, AfD-Corona-Leugner,
bezog sich doch nicht auf die Frage, wissen wir alles
oder gibt es berechtigte Fragen? Was ist da eigentlich los? Sondern einige haben
aus dieser Situation des Fragens die Schlussfolgerung gezogen,
die Politik macht das bewusst, um Menschen wegzusperren und ihren
Machtanspruch so zu dokumentieren, um an Daten über die Bürger
zu kommen und, und, und. Das war der entscheidende Punkt. Diffamiert wurde nicht das Fragen,
das Suchen nach Antworten, das hat es bei uns selbst gegeben
und das wissen Sie, Sie waren in vielen Runden dabei. Aber auch Herr Richling
hat ja das Ganze angestoßen. Haben Sie das so empfunden? Absolut, nicht so, wie Sie sagen,
sondern ich find's etwas eng gefasst und ich muss Ihnen ehrlich sagen,
wenn Sie sagen, die Talkshows ... Natürlich wurde es
in jeder Talkshow, es gab ja kein anderes Thema,
das Thema wurde hoch und runter, aber es waren immer nur ...
Ich war selber in Talkshows bei Sandra Maischberger, und ich
habe es erlebt in meinen Sendungen. Ich habe niemals Corona geleugnet,
ich habe niemals gesagt, dass die Maßnahmen
nicht richtig wären. Ich habe mich
gegen idiotische Maßnahmen gewendet. Ich bin dafür in einer Weise
angegriffen worden in der Runde, das ist heute eigentlich
im Nachhinein ... Und wenn Sie sagen,
die Corona-Protokolle: Ja, die kommen nach zwei Jahren,
nach drei Jahren jetzt raus, Das hätten wir uns gewünscht
an Diskussionsebene von Anfang an. Man muss ...
- Ich möchte eines noch sagen. Was die Absurdität der Situation
darstellt, ist Folgendes. Corona begann im März 2020, und es wurden erst mal alle Theater
und Restaurants geschlossen. Das Erste,
was ich noch erinnere, war, dass am zweiten oder dritten Tag
Herr Wieler, Tierarzt Dr. Wieler, Lothar Wieler, ins Fernsehen kam
bei einer täglichen Pressekonferenz, und man hätte jetzt erwartet,
wenn es wirklich dramatisch ist, er sagt: Gestern hatten wir
in Berlin 100 Infizierte, heute sind es 10.000. Das ist eine Meldung wert. Ich zitiere wörtlich,
weil ich habe es mir aufgezeichnet, damit man auch in der Erinnerung das
nicht schön redet oder dramatisiert. Herr Wieler sagte: "In Esslingen
hatten wir gestern elf Infizierte, heute sind es 13." "In Albstadt im Schwarzwald
hatten wir gestern 14 Infizierte, heute sind es 15", und da dachte
ich, ist das eine Comedyserie oder will er uns verarschen? Das kann doch nicht wahr sein,
diese Steigerung, und zehn Infizierte in Esslingen,
das fand ich unfassbar. Ich möchte noch auf den Punkt
des Miteinanders hinaus. Wir haben gerade gesagt, dass
manchmal vielleicht verkürzt wurde, zu sagen, es gab Zweifler,
es gab Kritiker, und aus denen wurden zu schnell
Querdenker, Rechte, Feinde der Demokratie. Umgekehrt habe ich es auch so erlebt,
und, glaube ich, viele, haben Menschen, die die Maßnahmen
kritisiert haben der Bundesregierung, auch schnell gesagt, diejenigen,
die ihnen folgen, sind Schafe, sind Menschen,
die den Durchblick nicht hatten, haben die kritisiert. Haben Sie zum Beispiel auch mal von
Menschen gehört: "Ja, selbst schuld." "Hätten Sie Ihre Tochter
doch nicht geimpft?" Natürlich, über Internet und so
weiter, über Diskussionen, da kamen viele Anschreiben:
Sie war unter 16, wie konnten Sie das zulassen? Oder Selin selber -
was hast du bekommen? Ja, alles Mögliche, was die Eltern
sich dabei gedacht haben, wie man das Kind impfen lassen kann. Ich kenne auch aus meinem
privaten Bekanntenkreis viele, auf der einen
wie auf der anderen Seite, auch zwei Brüder, die sich während
der Pandemie zerstritten haben, nicht mehr miteinander geredet haben, weil sie da auf unterschiedlichen
Seiten standen. Sie sagen, trotzdem, Herr Müller, hat
das nicht zu einer Spaltung geführt. Wie kommen Sie zu dem Ergebnis?
- Schwer zu erklären. Ich nehme es so wahr,
dass einerseits ja doch sehr viele in der Gesellschaft diese
Maßnahmen ja auch mitgetragen haben und auch durchaus unterstützt haben, und im Übrigen, bis heute
werde ich darauf angesprochen, dass viele sagen, ich habe nichts
mit der Partei von Ihnen am Hut und mit Ihnen persönlich auch nicht, aber wir sind in Berlin oder
deutschlandweit gut durchgekommen. Es war gut, dass wir ein paar
Maßnahmen da ergriffen haben, dass wir gemeinsam solidarisch
aufeinander geachtet haben. Was ich allerdings auch wahrnehme,
ist, dass sich die Konfrontation, die es gegeben hat und nach wie vor
gibt, wie wir jetzt ja auch sehen, dass sich die in aller Härte
abgespielt hat und noch abspielt und auch sehr unversöhnlich ist. Und da ist auch etwas geblieben. Also, alle Politikerinnen und
Politiker, ich vermute alle, die in der Öffentlichkeit stehen,
Sie bestimmt auch, kriegen die dollsten Reaktionen
nach jedem Auftritt. Es hat sich in der Corona-Zeit
deutlich verschärft und es ist deutlich hart geblieben
in der Auseinandersetzung. Da ist etwas passiert,
das nehme ich auch so wahr. Nehmen Sie denn mehr Grautöne wahr? Nehmen Sie im Nachhinein wahr,
dass viele von denen, die Kritik geäußert haben,
Zweifler waren, aber keineswegs
Feinde der Demokratie? Ja natürlich, aber noch einmal, bei einer Demonstration sind viele
mitgegangen und haben gesagt, wir demonstrieren etwa für unser
Recht auf Demonstrationsfreiheit, dass wir uns öffentlich bewegen
und unsere Meinung kundtun können, auch im Rahmen von Demonstrationen. Aber es sind eben auch viele mitge-
gangen mit den Plakaten mit Galgen und dem Bild von Angela Merkel
da drauf. Und da muss man aufpassen
an so einer Stelle. Da muss man sich trennen von denen,
die so etwas machen. Da muss ein Unterschied
deutlich werden, finde ich. Und das muss man auch
benennen können. Das ist benannt worden von der
Politik und das finde ich richtig, dass einige versucht haben,
das auch politisch zu nutzen. Herr Wiesmann?
(Vereinzelter Applaus) Ja, man kann applaudieren
an den Stellen, wo's ... wo man der Meinung ist. Wenn man zurückblickt,
dann fällt ja doch eines auf. Es gab nach den ersten Monaten
in Deutschland das Gefühl, wir sind ganz gut durchgekommen,
eigentlich funktioniert's bei uns. Dann gab es den Winter '21 und es
kam schrittweise zu Verschärfungen. Und im Jahr 2022 dann zu Maßnahmen,
wo man sich die Frage gestellt hat, haben wir eigentlich aus den
anderthalb Jahren vorher wirklich das Maß
an Erkenntnissen generiert und unvoreingenommen überprüft, um
über den besten Weg nachzudenken. Und ich glaube schon, medial und
politisch hat sich irgendwas getan. Sie sagen, es gab keine Spaltung. Stimmt, wenn man als Maßstab nimmt,
dass Herr Söder, Team Sicherheit, Hardcore-Kämpfer gegen Covid, zeitweise der beliebteste Politiker
in Deutschland war. Das bedeutet aber noch nicht, dass
deshalb die Maßnahmen richtig waren und mit dem Maß an Offenheit und
Aufgeklärtheit diskutiert wurden. Und was ich, ehrlich gesagt, sehr
vermisst habe in der ganzen Zeit: Sie waren Vorsitzender
der Ministerpräsidentenkonferenz, wir hatten Föderalismus
vielfach kritisiert, aber das Potenzial des Föderalismus,
zu schauen: In welchem Bundesland
wird mit welchen Maßnahmen welcher Erfolg erzielt?, ich glaube,
das haben wir politisch verpasst, das in die Prozesse
vernünftig einzubringen. Wenn wir noch mal
auf das Miteinander kommen - und wir haben jetzt über eine
Unversöhnlichkeit diskutiert, war sie da, ist sie da - müssen wir
wieder lernen, mehr zuzuhören? Und zwar auch denen, die anderer
Meinung sind? - Ja, natürlich. Man kann nicht leugnen, dass es
natürlich Verrückte gegeben hat, aber - wie Wendler oder Naidoo, die
unvorstellbare Sachen verbreiteten - und natürlich gab es auch Leute, die
denen gefolgt sind, das ist ja klar. Aber ich hatte schon das Gefühl,
dass es undifferenziert sehr breit gestreut war. Bestimmte Sachen - man galt sofort,
wie ich's sagte, als Corona-Leugner. Und zu einer Debattenkultur
gehört ja auch, Fehler zuzugeben. Schauen wir mal auf das,
was Kindern und Jugendlichen bleibt nach der Pandemie. (Sprecher:) Zu den lange übersehenen
Leidtragenden der Corona-Pandemie Martin Wiesmann, seine Tochter wurde während der Schulschließung depressiv zählen Kinder und Jugendliche. Maßnahmen wie die Schließungen
der Schulen und die lange Zeit
eingeschränkten Möglichkeiten, Freunde und Freundinnen zu treffen,
zu spielen, Sport zu treiben, haben zu einem drastischen Anstieg
von Depressionen geführt. Studien belegen einen Anstieg
depressiver Symptome von zehn Prozent vor der Pandemie
auf über 25 Prozent während des ersten Lockdowns 2020. Noch heute leiden viele Jugendliche
unter den Folgen und beklagen Lernprobleme,
Angst- und Essstörungen. Es zeigt sich zudem: Je strikter
die Eindämmungsmaßnahmen in den Bundesländern waren, umso größer die Zunahme
von generellen Depressionssymptomen. Herr Wiesmann,
Sie haben vier Töchter, wir sprechen heute
über Ihre jüngste Tochter. Aber schauen wir erst noch mal
zurück auf Ihre damalige Situation. Sie haben als Finanzexperte lange
beruflich sehr viel gearbeitet, waren sehr eingespannt, haben sich
dann selbstständig gemacht. Auch gerade zu Beginn der Pandemie
haben Sie dann die Zeit mit Ihrer Familie und den Töchtern
auch genossen, haben das auch als eine gewisse,
ja, ein Stück weit als Idylle erlebt. Wann haben Sie dann gemerkt,
dass nicht alle Ihre Kinder gleichermaßen gut
mit der Situation klarkommen? Wenn Sie aus beruflichen Gründen
einen recht intensiven, mobilen Lebensalltag gehabt haben, dann war das jetzt nicht unbedingt
eine Strafe, plötzlich zu Hause oder im Garten
sitzen zu können oder zu müssen. Es war natürlich etwas kurios,
dass tatsächlich zu dem Zeitpunkt, wo ich mich entschieden hatte, meine
berufliche Situation zu verändern und mich selbstständig zu machen, dass das zusammenfiel
mit dem Beginn der Krise. Ich erinnere mich noch gut,
dass auch unsere Kinder einen Augenblick lang
in Jubel ausbrachen und sagten: "Boah, super, schulfrei". Aber es zeigte sich natürlich
nach ein paar Wochen, dass sich so etwas auch abnutzt, insbesondere dann, wenn es einher-
geht mit erheblichen Einschränkungen bei der Freizeitgestaltung. Trotzdem würde ich sagen,
dass die Zeit von Februar, März 2020 bis zum Herbst des Jahres für uns als Familie überwiegend
eigentlich eine gute Zeit war. Es gab auch Besuch von Freunden, die
dann Zeit bei uns mit verbrachten. Und es ist ja auch noch mal
in die Schule gegangen. Die hat ... ist ja im Sommer
noch mal geöffnet gewesen. Und unsere Jüngste,
die durchaus in der Vergangenheit die üblichen Themen,
die Kinder haben - wie gut bin ich integriert, wie
komme ich mit Freundinnen zurecht - sagte am Schluss dieses Schuljahres: "Es war das schönste Schuljahr
meines Lebens." Also wäre die Krise danach
vorbei gewesen, dann wäre vielleicht
nichts passiert. Wenn Sie Ihre jüngste Tochter
noch mal beschreiben: Ist sie eher ein zurückhaltender
Mensch, eher temperamentvoll? Wie war sie vor der Pandemie? Sie war ... Sie haben sie als
aufgeweckt beschrieben. Sie selber hat, glaube ich,
manchmal sich die Frage gestellt: "Bin ich manchmal zu laut?" Wir haben ihre Lebhaftigkeit
immer wahnsinnig toll gefunden, denn sie ist nie zu laut gewesen,
sondern unglaublich inspiriert, an allem interessiert. Hat sich in jede Debatte
reingeworfen, gleichzeitig sehr empathisch,
sehr sensibel, sehr an Harmonie interessiert. Innerhalb der Familie sozusagen
die Gute-Laune-Stifterin, die verteilte also immer
Gute-Laune-Pistolen, also, das war unsere
Gute-Laune-Pistole. Und, wie gesagt, gleichzeitig
sehr darum bemüht, neben der guten Laune auch immer
eine harmonische Umgebung zu erleben und herzustellen. Sie haben gesagt, dieses Schuljahr,
das dann wieder möglich war, hat sie genossen, vielleicht auch,
weil man sieht, was es wert ist, mit Gleichaltrigen Zeit
zu verbringen, Spaß zu haben, ist ja auch eine Lebensader. Dann gab es im Herbst
wieder Einschränkungen, im Dezember hieß es dann, im Januar
geht's nicht zurück in die Schule. Wie hat Ihre Tochter
das dann aufgenommen? Über das Jahr 2020 gab es durchaus
Phasen, wo wir uns gefragt haben: Woher kommt diese kleine
Verdunkelung hin und wieder? Aber die haben wir einfach
zurückgeführt auf die faktischen Einschränkungen
und gedacht, wenn die vorbei sind, dann hebt sich das alles wieder. Aber es ist dann tatsächlich so
gewesen, dass in dem Augenblick, wo angekündigt wurde,
dass es nach den Weihnachtsferien nicht wieder in die Schule geht, es sozusagen einen fast sofortigen
Zusammenbruch gab. Also als Analogie: Wie eine Primel,
die nicht mehr gegossen wird, ist sie in sich zusammengefallen. Da hat auch Online-Unterricht
nicht mehr geholfen. Sie hatte in den Wochen, Monaten
davor immer artikuliert, dass sie die Schule
wahnsinnig vermisst. Sie ist auch Sängerin,
sie wollte gerne in den Chor. Sie hatte gesagt, ich will Teil von
was Gemeinsamem, einer Gruppe sein. Und in dem Augenblick,
wo der Zusammenbruch passierte, war sie nicht nur mental
und physisch nicht mehr in der Lage, sondern sie hat in den Wochen danach
gesagt, ich will nirgendwo hin. Und es kam zu einem totalen Rückzug. Eingehen wie eine Primel heißt, nur
auf dem Zimmer, nicht mehr rausgehen? Es gab verschiedene Anzeichen dafür. Wir sind eine Familie, die gerne
drei bis vier Stunden zusammen isst, wo debattiert wird
und wo es hoch hergeht. Und es war dann zu beobachten,
dass sie irgendwann begann, sich ihr Essen
auf ihr Zimmer zu nehmen. Dass sie es dann nicht immer
aufgegessen hat, das haben wir zu dem Zeitpunkt
noch nicht geahnt. Und Teil des Rückzugs war dann, das wurde im Verlauf des selben
Monats auch deutlich - und sie hat sich uns da
Gott sei Dank auch anvertraut - dass neben einer Depression
auch Selbstverletzungen auftraten. Und wir angesichts dieser Situation
uns sofort um ambulante Hilfe bemüht haben. Die haben wir auch bekommen. Und ging's dann aufwärts? Aber es war so, als ob da ein
Prozess in Gang gekommen wäre, den man mit keiner Macht der Welt
mehr aufhalten konnte. Wir haben dann alles Mögliche
versucht. Leider war's ja so, dass man
nirgendwo mehr hinfahren konnte, sondern sozusagen
zu Hause bleiben musste. Es gab noch eine Richtung, die man sozusagen legal
einschlagen konnte, ich bin mit ihr zu Ostern '21 ein paar Tage in die Schweiz
in die Berge gefahren. Sie hat das auch
als eine gute Zeit empfunden. Und trotzdem war einfach
dieser Prozess in Gang, den wir, wie gesagt,
nicht stoppen konnten, den sie nicht stoppen konnte. Das führte zu ihrem ersten
Klinikaufenthalt kurz nach Ostern in dem Jahr. Und da wurde dann nach einigen Wochen eine schwere Essstörung
diagnostiziert, und es wurde Ihnen mitgeteilt,
Ihre Tochter habe suizidale Impulse. Wie groß war Ihre Angst einfach auch? Wir sprechen immer wieder
über Angst, weil ich glaub, das hat viel
mit dem Thema insgesamt zu tun. Wie groß war Ihre Angst
um Ihre Tochter? Also erst mal ist natürlich das
ganze Leben auf den Kopf gestellt. Und natürlich ... beginnt man als Familie sich
gleichzeitig die Frage zu stellen, wie konnte das alles passieren? Und man stellt sich die Frage: Was müssen wir, was können wir jetzt
eigentlich tun? Und wir haben natürlich
uns sehr intensiv sozusagen an das gesamte
medizinische Hilfssystem gewandt, sehr intensiv
mit den Ärzten zusammengearbeitet. Und ich würde jetzt
persönlich sagen, dass der Faktor Angst zumindest bei mir
weniger ausgeprägt war als wirklich tiefe Sorge. Und eine ganz tiefe Fragestellung,
die da lautet: Kommen wir da je wieder raus? Sie haben dann eine sogenannte
familienbasierte Therapie begonnen. Drei Monate lang haben Sie Ihr Kind
intensiv begleitet, auch beim Essen. Wie lief das ab? Das war sozusagen eine
selbst konstruierte familienbasierte Therapie,
wenn ich das so sagen darf. Die ... Situation bis dahin war gewesen, dass unsere Tochter
in zwei Abschnitten, einmal sechs Monate,
einmal neun Monate, Klinikaufenthalte absolviert hat. In diesen Klinikaufenthalten
wurde weder die Essstörung wirkungsvoll oder effektiv
behandelt. Es wurde viel unternommen, aber es
ist eben nicht dazu gekommen, dass sie bei der Entlassung
in der Lage gewesen wäre, eigenständig zu essen. Und auch die anderen Phänomene
wie Selbstverletzung ... Es kam
eine extreme Sozialphobie dazu. Auch eine Depression.
- Auch das. Also all diese Dinge sind, ich betreibe jetzt
kein Klinik-Bashing, sondern ich beschreibe das einfach
nur, die haben getan, was sie konnten. Fakt war, niemand wollte,
dass sie hospitalisiert, aber es war sehr schwer, sie aus
dem Klinikprozess rauszubekommen. In der Zeit habe ich mich mit alternativen Behandlungsmethoden
beschäftigt und bin über Studien, Literatur
auf ein Konzept gekommen, welches sich in der Tat
familienbasierte Therapie nennt. Für die es in der Charité ein fantastisches
Arzt- und Forscherteam gibt, welches jetzt grade dabei ist,
daran wirke ich auch mit, diese Therapie in Deutschland überhaupt krankenkassen-
leitlinienfähig zu machen. Bisher ist es aber nicht etabliert. Es ist erfolgreich
in angelsächsischen Ländern, da ist die ambulante
Familientherapie der erste Schritt. Ich hatte mich aber hinreichend
intensiv damit beschäftigt, um mir zuzutrauen,
sozusagen den Kern dieser Therapie mit meiner Tochter in einem
Selbstversuch zu praktizieren. Und das bedeutete, drei Monate
vollständige Gemeinsamkeit, zu Hause sein, gemeinsam einkaufen, in Teilen gemeinsam kochen
und am Tag sich sechsmal treffen. Und anhand eines vereinbarten Plans
zu versuchen, diese wahnsinnige Hürde
zu überwinden. Das hat im Ergebnis auch einen
ersten Durchbruch erbracht, weil es aber keine Struktur
darum herum gab, ist das nicht nachhaltig gewesen. Es ist inzwischen ja auch
anderthalb Jahre her. Und wir sind jetzt
in einer neuen Phase, in der wir mit entsprechender
Begleitung hoffnungsvoll sind, dass unsere Tochter sich da
herausarbeitet. Wie geht's Ihrer Tochter denn heute? Unsere Tochter hat faktisch
über drei Jahre hinweg ... nur sehr eingeschränkt an
irgendwelchen sozialen ... Aktivitäten teilnehmen können, ist nur sehr eingeschränkt
zur Schule gegangen. Sie hat aber Gott sei Dank ... Ziele, Wünsche. Sie arbeitet hart da dran,
ihr altes Leben zurückzugewinnen, welches sie in der ganzen Breite
mit Freunden, Musik und so weiter genossen hat. Und sie ... ist sehr darauf fokussiert, insbesondere in der Schule
sich wieder zu integrieren und den Erfolg zu haben,
den sie benötigt, damit sie künftig
ihr Leben gestalten kann. Da liegt eine
ganz, ganz wichtige Erkenntnis - wenn Sie in der therapeutischen Welt
unterwegs sind, dann gibt es gegenüber dem Thema
Schule so einen Vorbehalt, und der lautet: Schule ist immer Leistung, Leistung ist so eine
zweischneidige Sache, die ist schlecht,
das ist eine Belastung, wer krank ist, muss von Belastungen
befreit werden. Faktisch ist es so, dass die Schule das wichtigste
Sozialsystem und Sozialumfeld für heranwachsende Jugendliche
überhaupt ist. Es gibt dem Tag Struktur
und es gibt Orientierung. Und eine Anorexie,
eine Magersucht, lässt sich nur aus einer Kombination von negativen und positiven Anreizen
heilen. Die negativen Anreize sind:
"Ich will nie wieder in die Klinik." Der positive Anreiz ist: "Ich möchte
erfahren, dass ich wirksam bin." Und zur Wirksamkeit gehört,
Leistung zu bringen. Und unsere Tochter hat
nichts glücklicher gemacht, als wenn sie
eine Leistung erbringen konnte. Aber es ist ein sehr harter Weg. Sie ist bisher in der Lage,
Klausuren zu schreiben, sie nimmt ansonsten
am Unterrichtsgeschehen eingeschränkt teil. Wir drücken Ihnen die Daumen,
Ihrer Familie, vor allem auch Ihrer Tochter, dass dieser Weg
weiter erfolgreich ist, dass diese Mischung funktioniert,
die Sie grade angesprochen haben, dass sie auch immer wieder
diese Erlebnisse hat, die sie stärken. An Sie alles Gute und Respekt dafür,
dass Sie sich so einsetzen als Familie und auch Sie persönlich
für Ihre Tochter. Danke.
- Vielen Dank. Waren, Herr Müller,
waren die langen Schulschließungen ein großer Fehler? Eindeutig, ja. Ich glaube, da ist die wissenschaftliche
Erkenntnis eindeutig, und auch die
politisch-gesellschaftliche. Ich würde das sogar noch erweitern, auf eine Gruppe, die man oft nicht
im Blick hat, das sind die Studierenden, denen auch das gesamte soziale
Umfeld weggebrochen ist. Der Job in der Dienstleistung,
Gastronomie, Sportverein ging nicht,
die waren nicht zu Hause, oft ja über 1.000 Kilometer
von ihren Eltern getrennt. Da fehlte das also auch komplett. Und das ist eindeutig,
dass diese Schulschließungen zu lange, zu oft waren. Wir haben allerdings, auch das muss
man wieder miterklärend sagen, eine Situation auch gehabt, wo es ja jenseits der
Schülerinnen und Schüler viele Beteiligte gab, nämlich die Eltern, die Großeltern
und die Lehrerinnen und Lehrer. Ich kann mich erinnern
an eine Situation, das war im November/Dezember 2020, dass unsere Bildungssenatorin
damals gesagt hat: "Wir bereiten langsam
die Öffnung auch wieder vor für einzelne Jahrgänge
und so mit halber Klasse beschult." Mit Abstandsregeln und so. Wo es so heftige Proteste gab, dass wir diese Digitalangebote
verlängert haben, bevor wir wieder Schulen
aufgemacht haben. Das heißt, es waren nicht die
Lehrer:innen verantwortlich für die langen Schulschließungen. Doch, da gab es auch Ängste. Am Anfang gab es viele
Lehrerinnen und Lehrer, beim ersten Lockdown,
die gesagt haben: "Wir gehen nicht in die Schule." Aber gab es nicht, wir gehen jetzt
nicht in die Detaildiskussion, auch aus den Protokollen
herauszulesen, selbst auch im Robert-Koch-Institut,
Bedenken gegen die Schulschließungen? War nicht damals schon klar ... Andere Länder
sind andere Wege gegangen. Ja, die gab's auch bei uns. Wir hatten im Senat auch Beratung
von Sozialwissenschaftlern, die ganz klar gesagt haben: "Ihr müsst sehen,
was das anrichtet in der Psyche auch der Kinder." Ja, klar, das war mit da. Und das war immer
diese Gratwanderung: Müssen wir das machen,
wann können wir wieder öffnen, wie können wir öffnen? Das Problembewusstsein war da, aber auch wieder
bei vielen die Sorge: Entstehen da wieder neue
gesundheitliche Probleme? "Die Schulen
hätten offenbleiben müssen", hat auch der von Ihnen zitierte
Lothar Wieler beim Abschied von seinem Chefposten
gesagt aus dem Robert-Koch-Institut. Aber das sei nicht, Zitat, "mit der nötigen Sorgfalt, Ruhe
und Sachlichkeit betrachtet worden." Teilen Sie die Meinung?
- Es geht ein Stück weiter. Weil wir hatten schon im März 2020
eine Stellungnahme der Kinderärzte, die davor gewarnt haben, dass die
Schulen so lange geschlossen werden. Und auch gesagt, dass das wirklich
Schäden anrichten könnte. Und wir haben zu sehr,
am Anfang vor allem in der Pandemie, das hat sich später geändert
in 2021, aber am Anfang der Pandemie
haben wir das sehr verengt auf die Virologie,
die Sicht auf die Pandemie. Und zu sehr gesagt:
"Die Wissenschaft sagt." Und die Politik hat sich
hinter der Wissenschaft versteckt, die Wissenschaftler
haben zum Teil Politik gespielt, und am Ende hat dann noch
der Journalismus gesagt: "Das ist richtig, das ist falsch." Da müssen wir eine Definition
reinbringen. Da stimm ich mit Ihnen
auch nicht überein, Herr Müller, grad am Anfang der Pandemie
haben wir diese Fehler begangen. Später hat sich das dann noch
eingerückelt, wo verschiedene Expertisen
reingeholt wurden. Aber das sind doch Lehren,
die wir ziehen müssen, dass wir das für andere Krisen
anders machen. Wenn wir nach vorne schauen, wir haben grade die Zahlen
auch gehört, es gibt mehr Depressionen. Je härter die Maßnahmen waren,
desto stärker ist das festzustellen. Ist jetzt von denen,
die Verantwortung getragen haben, nicht auch eine Verpflichtung da, für die Kinder, für die Jugendlichen,
für die Familien jetzt was zu tun, um das aufzufangen? Ja. Aber das fängt schon an mit diesen
Digitalisierungsprozessen, wo wir gemerkt haben,
was alles falsch ist. Natürlich bis hin zu psychologischer
Beratung und Betreuung, die ja auch intensiviert wurde
an den Schulen. Ob flächendeckend,
das kann ich nicht beurteilen. Aber natürlich,
dieses Problembewusstsein ist da, da will ich auch gar nichts
schönreden. Ich teile da auch die Analyse
von Herrn Streeck, am Anfang ging es schlichtweg darum, wie können wir
möglichst viele Kontakte vermeiden? Viele Kontakte
gibt es an der Schule, also hat man da hingeguckt,
das war ein Fehler. Wenn wir uns fragen,
was bleibt denn von Corona, dann dürfen wir ein Thema
nicht vergessen, das ist Long Covid. Sina Mahlstedt, leidet an Long-Covid (Sprecher:) Symptome
von Long Covid, auch als Post-Covid-Syndrom
bezeichnet, reichen von Kopfschmerzen,
Schlafstörungen, Schwindel, über Geruchs-
und Geschmacksverlust bis zu Depressionen
und Fatigue-Syndrom, also Erschöpfung bis hin
zur Bettlägerigkeit. Schätzungen gehen von 500.000
bis einer Million Betroffenen in Deutschland aus. Besonders dramatisch für Betroffene: Es gibt bislang
keine zugelassenen Medikamente zur Behandlung von Long Covid. Die Therapie erfolgt daher
immer nur symptomorientiert. Frau Mahlstedt,
es gibt viele Menschen, die sagen, das eine ist das Leben
vor der Pandemie und das andere ist das Leben,
das mit der Pandemie begonnen hat. Sie leiden unter Long Covid. Sie haben sich 2020
im Beruf infiziert. Erzählen Sie aber mal,
wo standen Sie da vorher im Leben? Welche Pläne hatten Sie
mit der Familie, beruflich? Wo standen Sie? Ja, also ich hatte grade
das zweite Mal geheiratet und wir waren wahnsinnig glücklich. Ich stand mit beiden Beinen
im Beruf, ich hab zwei Kinder,
ein Bonuskind, und wir hatten grade
einen Neubau angefangen. Also wir hatten auch für uns
noch mal einen Neustart gewünscht und hatten uns vorgestellt,
viel zu reisen, weniger in unserem Garten
arbeiten zu müssen, sondern die Zeit gemeinsam
zu genießen. Wir sind viel Fahrrad gefahren. Also zwei Wochenenden,
bevor ich erkrankt bin, sind wir 250 Kilometer mit dem Rad
an der Ostsee entlanggefahren. Und ich hab viel Sport gemacht. Hab mein Familienunternehmen
geleitet, gearbeitet und stand wirklich
mit beiden Beinen im Leben. Und hatte keinerlei Erkrankungen
vorher. Sie haben das Leben genossen, es hört sich ganz stark
nach einer Aufbruchsstimmung an. Als Sie sich dann infiziert hatten
im Job, wann haben Sie gemerkt: "Huch, das ist jetzt nicht
wie eine normale Krankheit, das geht nicht mehr weg." Tatsächlich hab ich das
recht schnell gemerkt. Als die Akutsymptome gegangen sind, hatte ich direkt
starkes Herzrasen, konnte mich nicht mehr belasten. Mein Puls raste zwischen 170
und 35 hin und her. Ich war ziemlich beunruhigt
als Krankenschwester, denn wenn das Herz
nicht in Ordnung ist, macht man sich einfach große Sorgen. Und das waren eigentlich so
die ersten Symptome. Dann folgte eine massive Schwäche. Eine Belastungsintoleranz. Also ich konnte mich zwar
kurz belasten, aber dann hab ich
so ein, zwei Tage später den Hammer obendrauf gekriegt und hab dann wirklich
komplett flachgelegen. Und ... was mir immer wieder begegnet ist,
ist dieses: "Mensch, streng dich doch mal an." "Geh doch mal raus
an die frische Luft." Von Bekannten?
Oder wo haben Sie das gehört? Das ganze Spektrum. Von Freunden,
von Bekannten, von Familie zum Teil. Konnte Ihr Mann das gleich einordnen? Auf einmal ist da die Frau,
die ruhelos ist, so höre ich das. Weil Herzrasen macht ruhelos. Auf der anderen Seite kann man
nicht in die Aktivität. Wusste Ihr Mann das gleich? Nein, in dem Moment wusste noch
keiner, was da mit mir passiert. Also, es kannte keiner Long Covid. Es war nicht bekannt,
dass es Folgen gibt von Corona. Und natürlich war das
für meinen Mann sehr schwer. Denn ich habe vorher alles gemacht. Mein Mann ist selbstständig. Ich hab so unsere Familie gemanagt. Und auf einmal liege ich auf dem
Sofa und kann nicht mehr aufstehen. Das war wie zwei Personen. Auch weil Sie gesagt haben,
Fahrradfahren, rausgehen. Was ist aus diesem Teil
des Lebens geworden? Das findet nicht mehr statt. Oder nur an sehr guten Tagen, dass
ich ein bisschen bei uns im Dorf mit dem Fahrrad fahren kann. Aber prinzipiell ist mir das
einfach nicht mehr möglich, obwohl es ein Riesenteil
meines Lebens war. Sie haben gesagt,
von außen kam diese Reaktion. Ging das auch in Ihnen vor, dass
Sie dachten, "Was ist mit mir los?" "Bilde ich mir das ein?",
wenn Sie es nicht greifen konnten? Ja, natürlich. Ich habe zwischenzeitlich
schon gedacht, ich habe es mit der Psyche,
oder ich bin depressiv. Also, man zweifelt irgendwann
an sich selber. Weil alle Untersuchungen,
die ich gemacht habe, einfach gar nichts gezeigt haben. Bis dann irgendwann klar war, okay, diese ganz normalen
Untersuchungen spiegeln einfach das Erkrankungsbild
nicht wieder. Man muss an gezielte Stellen
gucken, damit man etwas findet. Sie waren bei einer Fachärztin
in Frankfurt. Mhm. - Und die hat
an diese gezielten Stellen geguckt. Was hat die alles festgestellt? Mh, also, ich hatte vor allem
Herzbeschwerden. Und, ähm ... sie ist spezialisiert
auf Long-Covid-Folgen. Sie hat festgestellt, dass ich
eine Myokarditis hatte. Eine Herzmuskelentzündung,
eine Herzbeutelentzündung. Dass meine Gefäße entzündet sind,
meine Koronargefäße verengt. Und dass meine Herzsymptome ein-
deutig von dieser Erkrankung kommen, die aber vorher bei einem normalen
Ultraschall bei einem Kardiologen nicht festgestellt werden konnten. Haben eigentlich Impfschäden
und Long-Covid-Symptome manchmal, in manchen Bereichen,
Ähnliches? Also, ich kann da nur spekulieren. Weil da ist die Wissenschaft
noch nicht so weit. Aber es gibt in meinen Augen da
schon eine Überschneidung, dass es bei Long Covid,
genau wie bei der Impfung, zu Autoimmunreaktionen kommen kann. Und wir wissen ja auch, dass ...
nach einer viralen Infektion kann es zu einer
Herzmuskelentzündung kommen. Das Ganze kann auch bei Influenza
passieren, auch bei Covid-19. Und es kann auch in seltenen Fällen
mal nach einer Impfung passieren. Da gibt es Überschneidungen, weil
ein Teil vom Virus mit drin ist, in der Impfung. Aber was genau die Ätiologie
dahinter ist, die Ätiogenese, das kann ich natürlich
auch nicht sagen. Wie lange hat es gedauert, bis Sie
wussten, Sie haben Long Covid? Ja, also ... fast ein Jahr. Sie kommen ja aus dem Fach, Sie
arbeiten im medizinischen Bereich. Hätten Sie das durchgestanden, wenn Sie nicht Kompetenz
mitgebracht hätten? Ich glaube, ich bin sehr hartnäckig. Und von daher war mir immer klar, irgendwas kann nicht stimmen
mit mir. Und ich war immer auf der Suche und war immer eine der Ersten,
die Blut irgendwo eingeschickt hat, Autoantikörper festgestellt hat,
die weite Wege gefahren ist. Also, ich bin von Sylt
bis nach Bad Reichenhall quer durch Deutschland gefahren, um Fachärzte und Reha-Einrichtungen
zu besuchen. Ähm ... und es war einfach klar,
es kann irgendwas nicht stimmen. Weil diese massive Erschöpfung, die
da ist, kann sich keiner vorstellen, der es nicht selber spürt. Also, man steht morgens auf und
kann eigentlich schon nicht mehr. Man fühlt sich wie nach einem
Zwölf-Stunden-Nachtdienst, gefeiert, mit Grippesymptomen. Und man kann sich nicht zusammen-
reißen oder noch mehr wollen. Es funktioniert einfach nicht. Gab es auch mal Momente,
wo Sie dachten, ich kann nicht mehr? "Es ist kein Ende in Sicht." Ja, als ich merkte, die Forschung
kommt nicht in die Puschen. Ich hatte sehr auf BC007 gehofft. Und ich einfach gemerkt habe, meine
Symptome werden immer schlechter. Ich werde nicht behandelt. Da habe ich abends gedacht, wenn ich
morgen Früh nicht mehr wach werde, ist es auch nicht schlimm. Einfach weil ich
so massive Symptome hatte. Nicht, weil ich lebensmüde war, sondern weil ich
so voller Schmerzen war, die nicht behandelt werden konnten. Was oder wer hat Sie motiviert,
weiterzumachen? (seufzt:) Schon meine Familie,
ganz klar. Mein Mann, der halt jetzt immer
an meiner Seite ist, der mittlerweile versteht,
dass ich nicht kann. Der mich ganz oft selber schont
und schützt. Wenn ich mal wieder was machen
möchte, was zu viel ist, tippt er mir auf die Schulter
und sagt: "Du weißt, dass das jetzt
zu viel ist." "Wir lassen das lieber." Er ist da komplett an meiner
Seite und unterstützt mich. Wie sehr ist das alles zu einer
finanziellen Belastung geworden? Tatsächlich habe ich Glück, weil ich meinen Rentenantrag
bewilligt bekommen habe. Das geht vielen anderen
Betroffenen nicht so, die massiv, schwerst
zu Hause im Bett liegen, nicht arbeiten gehen können und auf allen Ebenen
bei Behörden scheitern und keine Gelder bekommen. Das ist einfach das Gemeine,
dass ich manchmal das Gefühl habe, es wird vergessen,
dass es Menschen gibt, die massiv und schwer betroffen
sind von Erkrankungen, sei es Post-Vac
oder sei es eben Long Covid, und wir auf allen Ebenen scheitern,
sei es Arbeitsamt, Versorgungsamt. Also, ich hab
'nen Grad der Behinderung von 20. Den hab ich gestellt, da konnte
ich keine 20 Meter laufen. Da hab ich das Haus nicht verlassen. Wo ich einfach sage, das ist 'ne
massive soziale Ungerechtigkeit. Hier übernimmt keiner Verantwortung. Und das würde ich mir sehr wünschen. Also, durchaus ist mir bewusst,
dass es auch Trittbrettfahrer gibt. Aber die Erkrankten müssen
finanziell abgesichert werden und müssen unterstützt werden,
medizinisch wie auch finanziell. Muss es den Menschen
leichter gemacht werden auf dem Weg zur Anerkennung,
dem Weg durch die Bürokratie? Das scheint oft das Problem zu sein, dass es so bürokratische
und langwierige Verfahren gibt, dass manche einfach aufgeben,
die nicht so kampfesmutig sind und auch diese Erkenntnisse
nicht haben wie Sie. Wir haben hier auch zwei Beispiele,
wo es zum Glück gelungen ist, sich gut durchzusetzen und die
Leistung in Anspruch zu nehmen. Aber die Bürokratie ist ein Problem. Wie sieht Ihr Leben heute aus? Sie haben ja beschrieben, Sie waren
aktiv, Sie hatten Ihr Unternehmen, Sie sind Rad gefahren,
Sie hatten Pläne. Hat sich was verändert
im Bekanntenkreis? Ja, die soziale Isolation
ist ein ganz großes Thema. Sowohl durch die Maßnahmen,
die da waren, habe ich viele Kontakte verloren. Aber eben später auch, weil ich
nicht mehr auf Feiern gehen kann oder es nur noch
sehr eingeschränkt tue, ich nicht mit Freunden
essen gehen kann, oder das nur mit großer Vor-
und Nachbereitung und mit In-Kauf-Nehmen, okay, ich liege danach zwei, drei Tage
im Bett. Das tue ich mittlerweile ab und an,
weil ich mir dieses Soziale wünsche und ich nicht außen vor
sein möchte mit meiner Erkrankung. Aber das minimiert sich sehr. Hm. Haben Sie die Hoffnung,
zurückkehren zu können in den Beruf, ins soziale Leben? Also, ich glaube, die Hoffnung
ist ein großer Antreiber für mich. Ich bin weite Wege gegangen. Ich nehme viele
Off-Label-Medikamente, die tatsächlich
meine Symptome abmildern. Aber es ist eben weiterhin so, dass
mein Alltag sehr eingeschränkt ist. Und ich muss immer noch viel liegen. Und es gibt eben Belastungs-
und Entlastungsphasen. Und ich kann im Moment
noch nicht arbeiten gehen, auch wenn ich es mir sehr wünsche. Wie ist das mit Ihrem Selbstbild
gemacht? Also, die Reaktion von außen
und der Weg durch diese Jahre? Oh. Das ist eine schwierige Frage. Äh, ich glaube, dass ich mittler-
weile auch in meiner Erkrankung und in der Akzeptanz
angekommen bin und mich so akzeptiere,
wie ich jetzt bin, aber natürlich die Hoffnung
nicht loslasse, wieder ein Stück weit mehr die
Sina zu werden, die ich einmal war. Ist das die Hoffnung für die Zukunft?
- Ja. Auf jeden Fall. Ich möchte gerne wieder arbeiten und gerne wieder
mehr am Leben teilhaben. Und einen Satz
möchte ich noch sagen. Meine Tochter, die habe ich
letztens gefragt: "Merkst du,
dass es mir besser geht?" Dann sagte sie zu mir:
"Du bist wieder ein Mensch." (Applaus) Vielen Dank. Vielen, vielen Dank, Frau Mahlstedt. Wirklich auch noch mal vielen Dank,
dass Sie uns so teilhaben lassen. Wir drücken alle die Daumen,
alle, die wir hier sind, für Ihren weiteren Weg.
- Danke schön. Vielen Dank, Frau Mahlstedt. Sie haben es schon mal gesagt, es
ist wichtig, dass wir es aufarbeiten. Warum ist es wichtig,
dass wir aufarbeiten, was war? Also, wenn man sich vor Augen führt, dass, wenn wir
die letzten 400 Jahre überblicken, dann haben wir rund alle 50 Jahre
eine Pandemie gehabt. Das hat sich durch
die Globalisierung verdreifacht, die Geschwindigkeit. Sodass die Kinder und Jugendlichen, die jetzt die Pandemie vielleicht
auch stärker ... Leidtragende
von den Maßnahmen gewesen waren, die werden noch mal
eine Pandemie erleben. Und für die gilt es doch,
Lehren zu ziehen aus dieser Krise, dass wir das besser
bewerkstelligen, dass wir vielleicht denen eine
gesellschaftliche Resilienz fördern und das auch vielleicht
als ein Proxy, als einen Stellvertreter
für andere Krisen nehmen, damit wir uns als Gesellschaft
nicht auseinandertreiben lassen, sondern alle gemeinsam
diese Krise bewältigen. Frau Fischer,
wir haben mit Ihnen angefangen. Welche Lehren sollten wir ziehen? Die Frage ist erst mal:
Hat man eine Lehre gezogen? Das würde Herrn Prof. Dr. Streeck
schon gerne fragen. Was kam jetzt unterm Strich
eigentlich raus in diesem Aufarbeitungskomitee? Wir haben ja keine Aufarbeitung
gehabt. Das ist gefordert,
aber sie war noch nicht da. Ja, aber es entstand doch
ein Komitee. Es gibt ja einen Expertenrat
auch beim Kanzler. Es gibt verschiedene ...
- Ja, und der Stand heute? Aber es wird noch diskutiert: Soll es jetzt
eine Enquetekommission geben? Dauert das zu lange? Soll es
noch mal einen Expertenrat geben? Diese richtige politische
Aufarbeitung hat noch nicht stattgefunden.
Warum wäre sie denn wichtig? Ja, klar, wie er ja auch sagt, dass für später, für unsere Kinder,
Kindeskinder, wie auch immer, wenn es wieder Pandemien gibt,
dass man daraus lernt, aus diesem, jetzt in meinem Fall
zum Beispiel, dass man vielleicht
auch wirklich dahingehend eine Sterbebegleitung hat. Und natürlich auch
in anderen Bereichen. Aber die Frage ist halt ... über die Politik natürlich auch. So ein Ethikkomitee
wurde ja extra, oder nicht Ethikkomitee,
so ein Aufarbeitungskomitee, wurde ja extra gewünscht
letztendlich. Aber die Bevölkerung
weiß ja bis heute nicht, und das gibt es ja eigentlich
schon jetzt eine ganze Zeit, was jetzt eigentlich
die Lehre daraus ist. Hat sich was verändert? Fragen wir mal weiter. Welche Lehren sollten denn
gezogen werden, Mathias Richling? Natürlich die Lehren,
die Hendrik gesagt hat. Aber ich zweifle, dass sie
auf lange Frist wirkungsvoll sind. Eher auf die kurze Frist. Also, wenn jetzt die nächste
Pandemie in zwei Jahren kommt, dann haben wir sicher
was daraus gelernt. Wenn sie in 20 Jahren kommt, glaub ich nicht, dass aus den Lehren
was gezogen wird. Wenn Sie sagen,
wir müssen alles tun, damit wir uns nicht noch mal so
auseinanderdividieren lassen, was ist denn wichtig, um wieder
einen Dialog in Gang zu setzen? Wenn ich sagen darf ... Also, was den Dialog verhindert
hat, war sicher eine ... Ich weiß nicht,
wie ich es ausdrücken soll. War sicher eine ... ja ... eine Möglichkeit,
den Menschen zu geben, gegeneinander zu arbeiten. Ich hab's gesagt
in dem kurzen Einspieler, dass diese Aufforderung,
andere Leute zu denunzieren, anonym zu denunzieren, wenn sie im Garten saßen
mit Freunden und die Maske nicht getragen haben, das hat natürlich,
das kennen wir aus der Geschichte, die Menschen gefördert: "Ach, mir passt die Nase nicht
von ihm, den zeig ich einfach an." Wenn wir das vermeiden wollen, nicht in so eine Schikaniersucht
kommen wollen, nicht mehr in das Unversöhnliche
kommen wollen, Sie haben das Thema angesprochen, haben Sie eine Idee, wie Menschen
mit unterschiedlicher Meinung mehr ins Gespräch kommen können? Das Wichtigste, was verloren
gegangen ist in der Pandemie, ist, dass wir mehr Verständnis
wieder wagen müssen. Füreinander, für die andere Meinung. Auch einfach mal sagen,
we agree to disagree. Ich kann deine Meinung nicht
hören, aber ich höre sie an. Das ist irgendwie verloren gegangen. Das ist richtig. Wir haben viele Phasen gehabt, über die wir über Maßnahmen-
evaluation gesprochen haben. Die gab es. Es gibt den Expertenrat
im Kanzleramt zur gesellschaftlichen Resilienz
und Gesundheit. Aber es gibt nicht
diese eine Aufarbeitung, diese Lehren zu ziehen. Ich finde, das ist etwas, was uns
allen helfen wird als Gesellschaft, um hier wieder einen
gesellschaftlichen Kitt zu finden. "Was von Corona bleibt" -
vielen Dank an alle unsere Gäste. Danke schön. Genau. Wir sehen uns wieder in einer Woche. Dann mit dem Thema
"Tapetenwechsel - einfach mal raus". Hören Sie gerne auch mal rein
in unseren "Nachtcafé"-Podcast, "Das wahre Leben" - das lohnt sich. Bis zum nächsten Freitag
in Ihrem "Nachtcafé". Und noch mal Danke an alle. Danke schön. SWR 2024
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