Hass auf Facebook – wie Klima-Aktivisten im Internet bedroht werden | Doku

Published: Sep 01, 2024 Duration: 00:30:37 Category: People & Blogs

Trending searches: investigativ
Intro Du bist so eine miese Type, dass ich kotzen möchte. Du ekelerregendes Subjekt. Halten Sie die Fresse oder ich halte sie Ihnen. Wer bringt den zur Strecke? Erhöhe das Kopfgeld! Scharfschützen, Killer anheuern! Es gibt Menschen, die verunglimpfen diejenigen, die sich gesellschaftlich engagieren. Es gibt Morddrohungen. Digitale Gewalt kann jeden und jede treffen. Wir recherchieren seit Monaten und suchen Täter in der gesamten Republik. Dann sind Sie es aber doch, wenn Sie sie kennen? Ich habe Frau Allami niemals bedroht. Wie groß ist die Gefahr? Was steht für uns alle auf dem Spiel? *spannende Musik* Morddrohungen und Hass gegen Jürgen Resch, Deutsche Umwelthilfe Dieses Schwein Jürgen Resch wird in Kürze sterben. Sucht euch schon mal einen Nachfolger. Der kann dann aufräumen, wenn euer Haus abgebrannt ist. Jürgen Resch liest die Morddrohung vor. Sie ist im Januar bei seinem Verein angekommen, der Deutschen Umwelthilfe. Im anonymen Schreiben gibt es Hinweise auf ein Motiv. Ihr elenden Drecksäcke mit den bekifften Weibern. Wir kommen und überschütten euch mit Diesel. Bei manchen Fahrern von Dieselfahrzeugen wurde der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe zum Hassobjekt. Jürgen Resch hat mit seinen Klagen gegen zu hohe Abgaswerte in einigen Städten Fahrverbote durchgesetzt. Wir sind bei einer Lesung im Stuttgarter Schauspiel dabei: Jürgen Resch stellt sein neues Buch vor. Erstaunlich: Für eine harmlose Veranstaltung hat der Intendant einen Sicherheitsdienst engagiert. Vor 2 Jahren gab es bei einem ähnlichen Termin mit Resch eine Drohung, das Theater "in die Luft zu sprengen". Man ist im ersten Moment geschockt, im zweiten Moment wahnsinnig wütend. Dass man einfach einen Shitstorm im Netz loslegen kann. Natürlich wussten wir, dass er immer wieder bedroht wird. Aber dass ein Theaterabend gesprengt werden soll. Es war die Absicht, dass der Abend nicht stattfinden soll. Dass man eine 'High Security' braucht, was absurd ist, in einem Denkraum wie Theater. *düstere Musik* Beleidigt und bedroht wird Jürgen Resch Gewaltfantasien bis Todesdrohungen – wer steckt dahinter? v.a. in den sozialen Netzwerken. Vor einigen Jahren gründete sich eine Facebook-Gruppe mit heute über 50,000 Mitgliedern. Gewaltfantasien bis hin zu Todesdrohungen sind hier zu lesen. Wer beseitigt endlich diese Fratze. Meine Erziehung lässt es nicht zu, zu beschreiben, was ich von Jürgen Resch halte und am liebsten tun würde. Wer bringt den zur Strecke? Erhöhe das Kopfgeld! Scharfschützen, Killer anheuern wäre passender. Warum kümmert sich niemand um das Dreckschwein? An die Wand stellen. Wir sollten mal alle zusammenlegen und jemanden beauftragen. Kennt keiner einen Sizilianer, der einen guten Job macht? Anfang 2023 wurde ein Post veröffentlicht. Er zeigt Patronen mit dem Text. Zitat: Geht ins Ohr, bleibt im Kopf: Heckler und Koch. Dieser Drohung gehen wir nach. Wochenlang recherchieren wir, wer dahinter steckt. Das Foto von Patronen kommentiert einen Artikel, in dem Jürgen Resch der Regierung vorwirft, gegen das eigene Klimaschutzgesetz zu verstoßen. Veröffentlicht wurde das Foto vom Account eines gewissen Stefan H. Er soll in Boppard wohnen, einem idyllischen Städtchen am Rhein. Auf Facebook zeigt er sich mit diesem Foto. Sonst ist er dort wenig kommunikativ. Wir finden heraus, dass er in diesem Mietshaus wohnt. Anfang Juli wollen wir versuchen, mit ihm zu sprechen. Offenbar ist er an diesem Tag auch zu Hause. Hinter der Tür hören wir Geräusche. *Geräusche sind zu hören.* *Klopfen* Er macht nicht auf. Eine Nachbarin erklärt uns: Auch gegenüber offiziellen Stellen würde Stefan H. nicht reagieren. Wir suchen den Herrn H. Kennen Sie den zufällig? Ja, der wohnt oben. Aber da macht keiner auf. Der macht nicht auf? Die machen der Polizei noch nicht mal auf. Auf unsere Nachfrage teilt uns die Polizei mit, dass gegen Stefan H. ein Ermittlungsverfahren läuft. Weitere Informationen dazu könne man nicht geben. Mehr Glück haben wir bei einem anderen Mann, Resch als „der Klimadiktator“ – Konfrontation eines Kommentators der direkt unter den Patronen seinen Kommentar abgegeben hat. Michael Wölfer schreibt: "Der Klimadiktator!" Gemeint ist damit offensichtlich Jürgen Resch. Hildesheim in Niedersachsen. Hier soll Michael Wölfer wohnen. Er hat seine Meinungsäußerung unter seinem Namen verfasst. Wir konfrontieren ihn auf der Straße mit seinem Verhalten. Sie haben es direkt unter die Patronen gesetzt. Da kann ich mich nicht daran erinnern. Ich meine, wenn hier steht: "geht ins Ohr, bleibt im Kopf". Mit einer Patrone. Geht ins Ohr, bleibt im Kopf. Das ist doch Sarkasmus. Das ist doch nicht ... Ich finde, dass das eine verbale Gewaltandrohung ist. Nee, wenn ich jetzt jemandem sage, den soll man erschießen oder so was ... Oder so was. Oder aufhängen. Solche Sachen sind schon gefallen in der Vergangenheit. Ja, auch auf diesen Seiten übrigens. Ja, auch an anderen Stellen. Das geht natürlich nicht. Aber das geht schon? Das ist ja nicht auf eine bestimmte Person bezogen. Michael Wölfer erklärt uns, auf der Plattform könne er seinem Ärger Luft machen, manchmal seine Wut loswerden. Wut gegen die vielen Vorschriften und die allgemeine Gängelung in unserer Gesellschaft. Dafür verantwortlich seien auch Menschen wie Jürgen Resch oder die DUH. Das ist nur aus dem Kontext, den ich bei Ihnen gelesen habe, dass Sie der DUH sehr wohl unterstellen, dass Sie Menschenhasser sind? Ja, beim Resch sehe ich das. Da habe ich immer das Gefühl, der versucht irgendwo zu suchen, wo kann ich noch einen drauflegen. Und wieder die anderen Menschen einschränken. Ich protestiere und schimpfe. Ich versuche, den anderen Menschen klarzumachen, dass es hier um ein paar ganz wenige Leute geht, die der großen Mehrheit in Deutschland ihren Willen aufzwängen wollen. Hilfe bei digitaler Gewalt – HateAid als Anlaufstelle für Opfer von Cyberkriminalität Das Opfer wird zum Täter? Wir sind auf dem Weg zu einem Interview mit der Organisation HateAid, die Betroffenen von digitaler Gewalt hilft. Den Drehort sollen wir für uns behalten. Auch die Helfer werden bedroht. In einem Berliner Altbau treffen wir eine der Geschäftsführerinnen, Anna-Lena von Hodenberg. Jeden Monat melden sich nach Angaben von HateAid 100 neue Betroffene: Das sind Klassiker wie eine Beleidigung, Bedrohung, Verleumdung, Vergewaltigungsandrohung. Aber auch das Veröffentlichen der Privatadresse, die Adresse der Schule der Kinder. Das kann auch Spyware auf dem Handy sein. Oder Deep-Fake-Pornografie. Das ist ein ganz breiter Begriff. Digitale Gewalt kann tatsächlich, kann man so sagen, jeden und jede treffen. Manche trifft es eben sicher. Frauen trifft es oft, auch Minderheiten und Politiker. Und auch zahlreiche engagierte Menschen, die sich bei Rechtsextremismus, Zuwanderung oder Feminismus positionieren. Als Anna-Lena von Hodenberg vor 5 Jahren HateAid gründete, fiel ihr sofort ein Reizthema besonders auf: alles, was mit Umwelt und Klimawandel zu tun hat. Immer wieder Ausbrüche extremer Wut, die nicht mehr aufhörten. Eine Klientin der ersten Stunde vor 5,5 Jahren, als ich HateAid gründete, war Luisa Neubauer. Klima-Engagierte im Fadenkreuz rechter Hater – Betroffene Mobilitätsforscherin Katja Diehl berichtet Eine Studentin, eine junge Frau, die sich für unsere Umwelt eine lebenswertere Welt einsetzt, die bis heute eine Dauerklientin ist. Und massiv im Internet angegriffen wird, weil sie sich für Umwelt und Klima einsetzt. Und das v.a. aus einem konservativen und aus dem rechten, rechtsextremen Spektrum. Auch die Mobilitätsforscherin Katja Diehl trifft es Anfang 2023. Ein Auftritt bei Anne Will ist der Auslöser für einen Monat voller Hass. Damals diskutiert die Buchautorin in der Show über die Verkehrswende. Gegensätze prallen aufeinander. Hier eine typische Kontroverse mit dem CDU-Politiker Torsten Frei: Sie müssen auch in den Bestand, in die Reduktion gehen. Steigende Zulassungszahlen sind ein Indiz verfehlter Verkehrspolitik. Auf jeden Fall. - Nein, natürlich nicht. Sie sagen, jedes Auto ist etwas Schlechtes. Das sage ich nicht. Ich sage, das ist eine falsche Aussage. Da haben Sie sich mit meiner Arbeit nicht beschäftigt. Natürlich gibt es weiter Menschen z.B. mit bestimmten Behinderungen, die gern ein kleines E-Auto fahren. Der Zustand gerade ist schlecht. Den können wir für alle verbessern. Sie möchten anderen erklären, wie sie leben sollen Ich hoffe, ein Traum von mir geht bald in Erfüllung. Sie und dieser ganze Ökokleber-Abschaum 3 m tief unter der Asphaltdecke verschwinden zu lassen. Das Pack baut schon wieder Scheiterhaufen, Galgen und Guillotinen. Ich plädiere für Entsorgung auf dem Scheiterhaufen. Halten Sie die Fresse, oder ich komme vorbei und halte sie Ihnen. Die Diskussion im Fernsehen schwappt fast zeitgleich ins Netz und eskaliert. Wir haben entschieden, extremere Beleidigungen nicht zu veröffentlichen. Irgendwann wird es Katja Diehl zu viel. Sie zieht sich resigniert aus der Öffentlichkeit zurück. Nach Wochen stellt sie in 50 Fällen Strafanzeigen. Ein zweites Mal fühlt sie sich hilflos. Ich fragte manchmal, wie es wäre, wenn mir das an der Ampel jemand entgegenbrüllen würde und nicht per Mail schreibt. Das wäre etwas anderes. Dann wäre es eine klare Bedrohungslage. Wir merken bei solchen Situationen immer wieder, dass manche denken, man kann das Internet noch vom Leben trennen. Das ist Quatsch. Das ist mittlerweile alles vermengt. Es gibt nur das eine Leben, das ist on- und offline zugleich. Da merkte ich, dass viele Behörden und Menschen, einfach keine Erfahrung mit so etwas haben. Nur in 2 Fällen identifizieren die Behörden jeweils einen Täter. Sexismus, Drohungen, Hass – Wer ist Mark B., der Hater von Katja Diehl? Einer ist Marc B. Vor 2 Jahren begann er, die Mobilitätsforscherin Katja Diehl zu belästigen. Aber nicht nur sie. Er gehört zu den Menschen, die andere im Netz regelmäßig bedroht haben. Ein sogenannter Hater. Wir gehen seiner Geschichte nach. Eine Zeugin der damaligen Vorgänge ist Nella Allami. Ihr fiel auf, dass Marc B. extreme Hassbotschaften verschickte. Sein Tenor war üblich sehr sexistisch. Er wertet die Person besonders durch ihr Geschlecht ab. Er hat auch sexuelle Kommentare abgelassen, sich über ihre Arbeit lustig gemacht. Er betonte, dass er sie beobachten wird und dass sie bald ihr blaues Wunder erleben wird. Das hat er zu Katja Diehl gesagt? - Ja. Die IT-Spezialistin hilft Menschen, die im Netz Opfer von Hass und Hetze werden. Ehrenamtlich. Ihre Spurensuche nach Marc B. begann, nachdem sich eine Hochschwangere mit einem Notruf an sie gewandt hatte. Die junge Frau war verängstigt, weil Marc B. sie bedroht hatte. Das war erst der Anfang. Es kam eine lange Welle an vielen Betroffenen, die E-Mails erhalten haben von diesem Täter. Innerhalb einer Woche hatte ich schon 5 Fälle zu seiner Person. Es nahm irgendwie auch kein Ende. Er hat da wirklich einen Rundumschlag gemacht. Auch wir stoßen auf immer mehr Betroffene. Grünen-Politiker nennt Hater im Internet eine „Bedrohung für die Demokratie“ Bei unserer Suche nach Marc B. landen wir in Bremerhaven. Da belegen unsere Recherchen schon, dass er ein gutes Dutzend Menschen und Organisationen bedroht und beleidigt hat. Darunter sind auch Politiker der SPD, der Linken, von der CDU. Vornehmliches Ziel sind aber die Grünen. Dem gesundheitspolitischen Sprecher der Partei, Janosch Dahmen, schrieb Marc B. folgendes: Ich würde mich nicht so weit aus dem Fenster lehnen, wenn ich nicht wüsste, dass du diesen Sommer krachend auf deinem Arsch landest. Und die Nachwehen noch Jahre für dich spürbar sein werden. Du ekelerregendes Subjekt. Schau in den Spiegel. Du bist so eine miese Type, dass ich kotzen möchte. Aber du gehst abermals als Verlierer vom Platz. Wie immer in deinem verschissenen Dasein. Und zu deinem Unglück hast du das passende Ohrfeigengesicht mitbekommen. Eine denkbar schlechte Kombination. 2022 ist dein Schicksalsjahr. Damals während der Corona-Krise rollte eine Hass-Welle auf den Politiker zu. Er hatte zur Vorsicht gemahnt. Die Hassbotschaften wurden immer mehr. Inzwischen muss sich einer seiner Mitarbeiter ausschließlich um die strafrechtliche Verfolgung kümmern. Heute warnt Dahmen: Diese Verrohung sei nicht nur ein Angriff auf den Einzelnen, sondern auf alles, was unsere Gesellschaft ausmache. Es ist bedrohlich, dass Menschen Politikerinnen und Politikern Drohschreiben schicken und ihnen nachstellen. Und das betrifft alle politischen Ebenen: die Kommunen, den Landtag und den Bundestag. Und es betrifft auch Menschen in der Zivilgesellschaft. Es geht darum, sie zum Schweigen zu bringen, ihre Arbeitsfähigkeit zu sabotieren. Und letztlich darum, die dem Gemeinwohl dienliche Arbeit für Gesellschaft und Demokratie lahmzulegen und außer Kraft zu setzen. Die sind eine Bedrohung für dieses Land und die Demokratie. In Bremerhaven suchen wir nach Marc B. Hier soll er wohnen. Konfrontation mit dem Täter Mark B. Wir wollen wissen, was er zu den Vorwürfen sagt. Tatsächlich öffnet er nach einer Weile die Tür, streitet aber anfangs ab, etwas mit den Hasspostings zu tun zu haben. Sie haben ja mehrere Leute beleidigt und bedroht. Wie bitte? Können Sie mir erklären, wie das Ganze zustande kommt? Das weiß ich nicht, ich weiß nicht, wovon Sie reden. Frau Diehl haben Sie bedroht. - Kommen Sie nicht damit. "Volksverpetzer" haben Sie bedroht. - Das habe ich geschrieben. Aber ich muss Sie nicht reinlassen. - Nein, das müssen Sie nicht. Kennen Sie Nella Allami? Ja, das ist schon sehr lange her. Dann sind Sie es aber doch, wenn Sie sie kennen. Ich habe Frau Allami niemals bedroht. Das kann man auch anders sehen. Uns liegt der E-Mail-Austausch zwischen ihm und Nella Allami vor. Nachdem sie ihn identifiziert hatte, forderte sie ihn auf, sich bei den Betroffenen zu entschuldigen. Marc B. antwortete mit einer Vergewaltigungsfantasie. Wegen Beleidigungen einiger Politiker wurde zu diesem Zeitpunkt schon gegen Marc B. bei der Staatsanwaltschaft ermittelt. Und er wurde bestraft. Das Verfahren endete mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft Bremen auf Erlass eines Strafbefehls. Dieser sah eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen vor. Das Amtsgericht hat den Strafbefehl antragsgemäß erlassen. Inzwischen ist das Urteil rechtskräftig. Würden Sie sagen, 180 Tagessätze sind eine Bagatelle? Nein, das kann man nicht sagen. Die Staatsanwaltschaft hat im vorliegenden Fall aufgrund der Anzahl der Beleidigungs-Sachverhalte, aber auch der Intensität der Beleidigung entschieden, das Verfahren nicht als Bagatelle zu behandeln. Katja Diehls Fall ist im Gerichtsbeschluss nicht enthalten. Sie und andere Opfer finden, er sei zu gut weggekommen. Erstaunlich ist, wie er selbst damit umgeht. Sie haben einen Strafbefehl. Letztes Jahr. 180 Tagessätze. Nein. Doch. Offenbar steigerte sich die Wut bei Marc B. immer weiter. Ich würde ihn als einen klassischen Systemaussteiger bezeichnen, der sich radikalisiert hat aufgrund der politischen Situation. Und dass er es aufgrund seiner Frustration als legitim erachtet, diese Personen anzugreifen, die er als Feind betrachtet. Er hat ja auch zu mir klar gesagt, dass er das Recht dazu hat, das zu tun. Was sagen Sie zu den Anschuldigungen? - Gar nichts. Ich mache die Tür zu und Sie gehen bitte. Warum schreiben Sie den Leuten? In die Bestrafung von Marc B. flossen lediglich 4 Fälle ein. 2/3 der uns bekannten Beleidigungen und Bedrohungen nicht. Zu wenig Schutz für Betroffene – wie können sie sich wehren? Betroffene frustriert das. Sie fühlen sich nicht ausreichend geschützt. Unser Rechtsstaat und unsere Strafverfolgungsbehörden sind bisweilen in der Defensive, mit systematisiertem Hass und Hetze, mit Bedrohungen und Gewalt im Netz umzugehen. Es ist einfach, die Wiederholungstaten aufzuteilen in unterschiedliche Zeiten, Orte und Personen. So erscheint das Geschehene als Einzeltat immer unerheblich. In der Summe ist es aber für unsere Demokratie und für die Menschen, die von Bedrohung betroffenen sind, sehr wohl von eklatantem Ausmaß. Das zeigt sich bei Jürgen Resch, dem Geschäftsführer der DUH. Er wurde im Netz bedroht mit einem Foto von Patronen. Per Post kam eine eindeutige Botschaft. Die unbefriedigende Strafverfolgung kritisiert auch seine Rechtsanwältin Juliane Schütt. Opfer von Attacken können sich wehren, indem sie die Hassposts bei der Plattform melden. In Reschs Fall beim Besitzer von Facebook, dem Konzern Meta. Dann kann man nur hoffen, dass Hasstexte entfernt werden. Die Plattformen könnten Hater auch sperren. Wer einzelne Täter identifiziert, kann zivilrechtlich gegen sie vorgehen. Aber das ist aus Sicht der Rechtsanwältin mühsam und habe einen ungewissen Ausgang. Resch und Schütt halten die Situation für unzumutbar. Und unser Mandant verlangt deswegen von Meta die Schließung der Gruppen. Er will nicht gegen das einzelne Posting vorgehen. Sondern er sagt: Seit vielen Jahren wird gegen ihn in einer Facebook-Gruppe zu Hass, Hetze, Mord und Gewalt aufgerufen. Und da muss es möglich sein, gegen diese Facebook-Gruppe vorzugehen. Also den Nährboden zu entziehen und die Gruppe zu schließen. Das ist das Neue am Verfahren. Die offiziellen Zahlen des Bundeskriminalamtes aus dem Mai Hass im Internet wächst rasant an – Zahlen des BKA zeigen das wachsende Problem. 2023 wurden etwa 8,000 Hasspostings registriert. Eine unglaubliche Steigerung gegenüber 2022. V.a. Täter aus dem rechten Milieu sollen dafür verantwortlich sein. Zurück zu dem Post mit den Patronen und Michael Wölfer aus Hildesheim. Er hatte darunter den ersten Kommentar geschrieben und Resch als "Klimadiktator" beschimpft. Der Zusammenhang ist ihm bei unserem Gespräch unangenehm Verfasser eines Hasskommentars bezieht Stellung zu seinem Kommentar und er sucht nach Erklärungen. So ist es bedauerlich. Das stimmt. Dass ich direkt darunter stehe, das ist leider passiert. Das ist auch nicht Ihre Grundauffassung, dass man solche Dinge postet? Nein, nein. Ich schimpfe mal und ich sage auch mal: "Ins Arbeitslager nach Sibirien." Was ja sowieso nicht geht. Oder: "In den Steinbruch zum Arbeiten." Im Mittelalter waren das vielleicht durchaus Rechtsmittel, die es da gab. Und damit auch nichts so gesehen Schlimmes. Aber dass man jemanden verletzt oder tötet, da bin ich absolut dagegen. Doch der Post zeigt ein weiteres großes Problem. Denn die Patronen bleiben 2 Wochen online. Inklusive der darauf folgenden Hasskommentare. Manche Diskussionen flammen auch Jahre später wieder auf. Wer moderiert Kommentare in Hater-Gruppen? – Konfrontation eines Administrators Im April taucht auf der Plattform ein sehr alter Beitrag wieder auf. Der ist eigentlich 5 Jahre alt. Auf der Facebook-Seite ist er plötzlich wieder an 1. Stelle. Und das mit über 300 Kommentaren. Alle können den verschrifteten Hass wieder lesen. Kai F.: "Wer macht endlich diesen Typen weg?" Werner M: "Nein, dem hau ich auf die Fre ..." Michael F.: "Eine Kugel für den Penner." Gibt es gar keine Kontrolle in diesen Gruppen? Wir stoßen auf mehrere Moderatoren. Sie könnten solche Hassäußerungen löschen, auffällige Personen sperren. Der Administrator Nicolai Wiedmann lebt in Heselwangen im Schwarzwald. Er ist spontan bereit, mit uns zu sprechen. Wiedmann sagt, jeden Tag würde er die Kommentare überprüfen und notfalls eingreifen. Wir konfrontieren ihn mit Morddrohungen gegen Resch. Albrecht D: "Sein Ableben wäre ein Segen für unser Land." "Ich glaube nicht, dass jemand es in die Tat umsetzen würde." Hier geht es um die Morddrohungen. Das finde ich ganz schön ... - Das ist abartig. Matthias M. sagt dazu: "Leider nicht." Darauf, dass die Tat umgesetzt werden könnte, was M. infrage stellt, daraufhin sagt Werner B.: "Leider nicht." "Ist immer eine Frage des Geldes." Anscheinend müsste er jemanden bezahlen, dass das umgesetzt wird. Ich verniedliche das in keiner Weise. Das lehne ich komplett ab. Das ist gar keine Diskussion, dass das abartig ist, was manche schreiben. Das ist im Prinzip auf eine Aussage von Herrn Resch. Das sind Patronen, ein Foto von Patronen. Da steht: "Geht ins Ohr, bleibt im Kopf. Heckler&Koch." Schrecklich. Schrecklich, schrecklich. Aber Herr Wiedmann, ich würde noch mal auf den Punkt zurückkommen. Ich habe Sie immer gehört, dass Sie sagen: Das geht nicht, das ist schrecklich, das wollen wir nicht. Und trotzdem sind Sie in einer Gruppe drin und moderieren. Wie können Sie das verteidigen? - Ich kann es nicht verteidigen. Die Frage ist: Wäre ich als Moderator nicht da, wären es evtl. noch viel mehr. Wenn ich sehe, was ich jeden Tag lösche. Und das Gedankengut, was die Leute haben, wird nicht dadurch getilgt, dass es nicht in Facebook steht. Die Idioten haben es trotzdem im Kopf. Wem wäre da geholfen? Ich leiste meinen Beitrag, indem ich versuche, eine demokratische Diskussion über diesen komischen Verein zu initiieren und Leute zu informieren. Wir sind keine Profis, wir machen das nebenher. Jeden Tag ein paar Minuten. Ich lösche und das schwöre ich bei allem, was ich habe: Ich sperre jeden Tag, und meine Kollegen auch. Wenn es uns nicht gäbe, was wäre dann besser? Noch am selben Tag schickt uns Nicolai Wiedmann sein Aktivitäten-Protokoll als Moderator und das eines Kollegen. Demnach haben sie in 2 Tagen 11-mal Beiträge gelöscht, Mitglieder ausgeschlossen oder Teilnahmeanträge abgelehnt. Aber es bleibt ein bitterer Nachgeschmack. Der Hass lässt sich so offenbar nicht verhindern. Was macht Facebook/ Meta gegen Hass und Hetze? Doch was macht Facebook, das Hetzern die Plattform bietet? Hinter Facebook steht der milliardenschwere US-Konzern Meta. Wir fragen im Mai erstmals nach dem Patronen-Post und den 5 Jahre alten Hasskommentaren. Meta antwortet nicht und verweist auf seine Richtlinien: Um potenziellen Schaden zu verhindern, entferne man entsprechende Inhalte. Wir fragen die Expertin für Hass im Netz, die Geschäftsführerin von HateAid, Anna-Lena von Hodenberg. Wir haben folgende Erfahrung gemacht: Die Plattform, in diesem Fall auch Meta, lässt die Last immer erst mal bei den Betroffenen. Mit Meta haben wir auch einige Verfahren. Herr Resch würde dann aufgefordert, jeden einzelnen Inhalt zu finden und zu melden. Dann prüft die Plattform das und dann wird es ggf. gelöscht. Herr Resch kann praktisch bis zum Ende seiner Tage Meta und Facebook durchforsten. Aber er wird nicht jeden Kommentar finden, weil es zum Teil auch geschlossene Gruppen sind. Er hat überhaupt keine Chance. Wir aktualisieren unsere Fragen beim Facebook-Mutterkonzern Meta. Wie könnten die Plattformen politisch reguliert werden? Diesmal bekommen wir gar keine Antwort. Hat die Sprachlosigkeit etwas damit zu tun, wie Meta Geld verdient? HateAid kritisiert, dass Facebook zu wenig gegen Hass und Hetze mache. Die Algorithmen seien nicht transparent. Sie zementierten diesen Missstand. Eine neue EU-Rechtssprechung und die Politik könnten das Dilemma auflösen. Wir haben auf europäischer Ebene den "Digital Services Act". Das ist erstmals der Versuch, den Plattformen aufzuerlegen, dass sie offenlegen sollen, wie ihre Algorithmen funktionieren, also ihre Empfehlungsmechanismen. Und sie sollen selber untersuchen, was für Risiken das birgt. Das muss man sich angucken, wie die Plattformen das machen. Wenn das nicht genügt und sie diese Risiken nicht beheben, muss die Politik Maßnahmen ergreifen. Von harten Geldstrafen bis hin zur Anpassung der Gesetzgebung. Es ist ganz klar: Die Plattformen können nicht so bleiben. Sie müssen reguliert und verändert werden, sodass sie keine Gefahr sind für unsere Demokratie. Jürgen Resch will darauf nicht warten. Aufgeben? – für Jürgen Resch keine Option Er hofft, sich vor Gericht gegen Meta durchzusetzen. Aufgeben ist für ihn keine Option. Eine klare Botschaft an diejenigen, die spekulieren, mich stoppen zu können: Nein, ich werde mich von solchen Bedrohungen nicht abhalten lassen. Was würde passieren, wenn Menschen diesen Drohungen nachgeben, die sich für Flüchtlingsrechte, für sozial Schwache, für Umwelt- oder Klimaschutz einsetzen? Ja ... Wir würden die Grundlage unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung verlieren. Fazit Durch die Öffentlichkeitsarbeit und die Anzeigen seien die Angriffe zuletzt zurückgegangen, meint Jürgen Resch. Für eine Entwarnung gebe es keinen Grund. Im April haben wir mit unseren Recherchen zu diesem Film begonnen. Was ist seither passiert? Nur eine Auswahl: Im Mai bedrängen Demonstranten die Grüne Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckhardt. In Dresden wird der SPD-Wahlkämpfer Matthias Ecke verletzt. Die CDU-Landtagskandidatin Adeline Awemo wird in Cottbus auf der Straße attackiert. Wirtschaftsminister Robert Habeck stellt im Juli über 700 Strafanzeigen wegen Hasskriminalität. August: Brandanschlag auf 2 Autos des AfD-Landtagsabgeordneten Holger Hentschel in Leipzig. Copyright MDR 2024

Share your thoughts

Related Transcripts

EDEKA VERBANNT BLAU?! SELBER BLAU IM MARKENZEICHEN! DIE POLITIK VOM KAPITALISMUS ERKLÄRT BEKOMMEN! thumbnail
EDEKA VERBANNT BLAU?! SELBER BLAU IM MARKENZEICHEN! DIE POLITIK VOM KAPITALISMUS ERKLÄRT BEKOMMEN!

Category: Education

Hallo und herzlich willkommen zurück zu einer neuen folge hier auf [musik] dc blau ist eine schlimme farbe ich trage gerade blau und damit mache ich mich schuldig aber wisst ihr was noch blau ist richtig der einkaufsladen edicaa und über den soll es jetzt erstmal gehen in einem inserat in den zeitschriften... Read more

Sahra Wagenknecht wird von Grünen-Politikerin Göring-Eckhardt kritisiert! #bsw thumbnail
Sahra Wagenknecht wird von Grünen-Politikerin Göring-Eckhardt kritisiert! #bsw

Category: News & Politics

Frau wang nicht versucht immer den leuten einzureden dass alles ganz ganz schlecht ist und am schluss hat sie ein wahlprogramm in thüringen ich glaube es sind vier seiten insgesamt bitte wir haben ein ausführliches von über 20 seiten ich meine wenn sie es nicht gelesen haben wir müssen unser wahlprogramm... Read more

Sargeant droht F1-Rauswurf! Wird er durch Mick Schumacher ersetzt? thumbnail
Sargeant droht F1-Rauswurf! Wird er durch Mick Schumacher ersetzt?

Category: Sports

Intro & themen hallo liebe motorsportmagazin.com freunde und formel 1 fans am qualifying tag hier in sanford direkt aus dem zentrum des wahnsinns aus dem media center warum weil es draußen einerseits warum wurde albon disqualifiziert? regnet und andererseits schon stockdunkel ist warum ist es schon... Read more

Politiker Entlarvt Die Wahrheit Über Hart Aber Fair! thumbnail
Politiker Entlarvt Die Wahrheit Über Hart Aber Fair!

Category: News & Politics

And i think we have to strengthen them and we really have to say people that we can't give up because of that because it's precisely about the generation that is now so strongly voting for the afd, we have to start with them, we're not the only ones, i'm completely with you that we who can actually... Read more

WAS IST DA LOS VODAFONE? | WYLD PODCAST #21 thumbnail
WAS IST DA LOS VODAFONE? | WYLD PODCAST #21

Category: Entertainment

Herzlich willkommen im damen und herren zum white podcast mit mert und ari herzlich willkommen leute wie geht's euch hoffe es euch geht's gut wir waren lange inaktiv wie immer ihr wisst bescheid aber wir sind zurück und matt hat was besonderes zu melden und der hat gerade vor dem podcast auch schon... Read more

WAHL-O-MAT und den WAHLSWIPER zur #Landtagswahl in #Sachsen und  #Thüringen ausprobiert, 2024, #4k thumbnail
WAHL-O-MAT und den WAHLSWIPER zur #Landtagswahl in #Sachsen und #Thüringen ausprobiert, 2024, #4k

Category: News & Politics

So am 1 september wird gewählt und zwar in thüringen und in sachsen und da liegen jetzt auch wieder erste walung marten für v die gucken wir uns heute mal an zusammen in brandenburg wird auch noch gewählt das dauert aber anscheinend noch eine weile deswegen gibt's da auch noch kein balomat wir starten... Read more

Omid Nouripour hat keinen Bock mehr auf Ampel Koalition thumbnail
Omid Nouripour hat keinen Bock mehr auf Ampel Koalition

Category: News & Politics

Kennt ihr schon dj nuriur das ist eine große leidenschaft von mir die hiphopmusik und hab dann aufgelegt ich habe aber auch letztes jahr auf dem parteitag aufgelegt und wird auch dieses jahr auf dem parteitag auflegen er hat jetzt ein sommerinterview gegeben bei seinen lieblingsunterstützern ard müsste... Read more

Höcke und seine Hintermänner | WDR Doku thumbnail
Höcke und seine Hintermänner | WDR Doku

Category: People & Blogs

(höcke) jetzt steht hier björn höcke vor ihnen. das ist jemand, der eigentlich kein politiker ist. den die umstände in die politik getrieben, gedrängt haben. ich glaube, dass er in dem glauben lebt, dass ihm etwas ganz großes zugedacht ist. björn höcke will an die macht. erst einmal in thüringen. er... Read more

Björn Höcke: Die Machtfrage in Thüringen | AfD auf Erfolgskurs? thumbnail
Björn Höcke: Die Machtfrage in Thüringen | AfD auf Erfolgskurs?

Category: News & Politics

Björn höcke der umstrittene thüringer afdchef steht erneut im mittelpunkt der politischen debatte als spitzenkandidat der afd für die landtagswahl 2044 in thüringen verfolgt er das ziel die machtfrage zu stellen und seine partei in die regierung zu führen höcke der vom verfassungsschutz als rechtsextremist... Read more

Wahlen in Thüringen: So knapp wird das Rennen für Höcke thumbnail
Wahlen in Thüringen: So knapp wird das Rennen für Höcke

Category: News & Politics

Noch fün tage bis zu den landtagswahlen in thüringen und sachsen wahlen die deutschland verändern könnten ganz vorne in den umfragen hier sehen wir zunächst sachsen die afd nicht weit davon entfernt bsw sarah wagenknecht das gleiche bild in thüringen afd vorne bsw 20%. aber jetzt auch noch der messeranschlag... Read more

Was kann man gegen Mobbing tun? | Eure Fragen | ARTE Family thumbnail
Was kann man gegen Mobbing tun? | Eure Fragen | ARTE Family

Category: Entertainment

[musik] wenn sich schüler auf dem schulhof streiten dann ist das etwas ganz normales doch wenn sich auseinandersetzungen häufen und es dabei immer gegen eine person geht kann das schnell zu mobbing werden mobbing kann körperliche gewalt sein oder die ständige beleidigung durch worte ein echtes problem... Read more

"Sie will ans Eigentum!" sagt Carsten Linnemann über Sahra Wagenknecht! #cdu thumbnail
"Sie will ans Eigentum!" sagt Carsten Linnemann über Sahra Wagenknecht! #cdu

Category: News & Politics

Vor allen dingen in thüringen scheint es fast unmöglich zu sein ohne das bsw zu regieren heute abend ihr parteivorsitzender hat einmal gesagt dass bsw sei in teilen rechts und in teilen linksextrem können sie sich darüber hinwegsetzen darüber hinwegsehen bei frau wagenknecht ist es offenkundig der fall... Read more