Der Osten vor der Wahl – Zwischen Protest, Tradition und Enttäuschung von der Politik | Doku

Published: Aug 18, 2024 Duration: 00:29:06 Category: People & Blogs

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Intro *** Die Sendung wird live untertitelt. Wir arbeiten mit Spracherkennung. Willkommen bei "Exakt". In 2,5 Wochen schaut das ganze Land nach Osten. Dann wählen Sachsen und Thüringen ihre neuen Landtage. Stabile Regierungsbündnisse stehen in Frage. Mit einer AfD, die sich anschickt, stärkste Kraft zu werden. Und einem BSW als neue, ernstzunehmende Größe der Gleichung. U.a. im thüringischen Hildburghausen wurde schon bei den Kommunalwahlen deutlich, wie viele sich von den etablierten Parteien abgewandt haben. Für die Menschen, die Ben Arnold und Christin Simon für den Film trafen, geht es um verlorenes Vertrauen und um ein diffuses Gefühl, dass die Regierung an den Bürgerinnen und Bürgern vorbei regiert. Warum ist das so? Und was erwarten die Wähler? Was da oben in Berlin die letzten 3 Jahre abgeht, Schieß-Training bei der Schleusinger Schützengilde mit Oberschützenmeister Thomas Imber ist eigentlich nicht nachvollziehbar. Man muss die Menschen viel mehr mitnehmen, man muss die viel mehr ernstnehmen. Jeder sagt seine Meinung, der andere hat verschiedene Meinung. Jeder ist getrennt von jedem. Kurz vor den Landtagswahlen spüren wir der Stimmung im Land nach. Den Erwartungen an die Politik. Den Hoffnungen und den Sorgen. Im Süden Thüringens, im Landkreis Hildburghausen. Der Ostdeutsche hat jetzt mal die Schnauze voll. Lasst uns doch einfach mal machen. Ich weiß genau, wen ich nicht wähle. Aber wen wähle ich jetzt eigentlich? *Musik* Das wäre dann der 25-m-Großkaliber-Schießstand, den wir 2018 eingeweiht haben. Schießtraining bei der Schleusinger Schützengilde. Die Reporterin wird gleich mal bewaffnet. Ja, dann probieren Sie mal. Ja? - Ja. *Schuss* 9. - 9. Nochmal, oder was? - Ja, machen Sie nur. *Schüsse* Fürs Erste wohl ganz gut. Die Schützen sind zufrieden. Ja, einfach drüber hängen. Freitagabend Ende Juli. Oberschützenmeister Thomas Imber hat uns eingeladen. In sein 2. Zuhause. *Schuss* Hui, eine 10,1. Ja, das macht doch Spaß. Ich bin seit der Wiedergründung 1992 ehrenamtlich im Verein, also seit 25 Jahren Vereinsvorsitzender. Bleib ruhig, Caroline, alles gut. Du musst denken, die Kamera ist gar nicht da. Deswegen zittere ich trotzdem. Das ist Training für einen Wettkampf mal. *Schuss* Frust wegen der Politik in Berlin – Stimmen aus dem Schützenheim Meine Eltern, mein Vater usw., sind von Ostpreußen geflüchtet. Also die Oma kam dann hier in diesem Ort an mit 4 kleinen Kindern. Geboren im benachbarten Suhl, aufgewachsen in Schleusingen. Weg von hier wollte der 64-Jährige nie. Wir hatten ja das große Glück, sagen wir mal unsere, meine Generation. Wir konnten uns einen Wohlstand erarbeiten. Das ist ein großes Glück, was wir hatten. Da sollte man auch nicht immer gleich so pessimistisch sein und schimpfen. Und nicht immer gleich alles schlechtreden, schlechtmachen. Was halt momentan leider steigende Tendenz ist. *Stimmengewirr* Nach dem Schießen gibt es ein Bierchen und es wird gequatscht. Hanne, auf dein Wohl. Zum Wohl, Prost. Auch immer wieder über Politik. Viele von ihnen hier sind Handwerker oder waren es. Sind jetzt im Ruhestand. So wie Dietmar Förster und Dieter Höhl. Ulrike Hanelt arbeitet als Servicekraft. Warum sind 35 Jahre nach der politischen Wende in Deutschland im Osten immer noch niedrigere Renten und immer noch niedrigere Löhne? Und für die Frauen dann nochmal weniger? Wenn die, die jetzt an der Macht sind, vernünftige Politik machen würden. Da brauchte keiner vor der AfD Angst haben. Schleusingen, die Stadt ist fast tot, da ist fast kein Geschäft mehr offen. Das Krankenhaus zu, wir haben eine kleine Poliklinik, ein paar Ärzte. Viele kleine Details. Wie soll denn der kleine Mann denen da oben sagen, ich bin mit eurer Politik nicht einverstanden? Das kann ich nur machen, wenn ich eine andere Partei wähle oder gegen die bin, die da oben an der Macht sind. Es wird sich nichts ändern, es geht gar nicht anders. Einer alleine kann nicht regieren. Und das ist halt der Fehler. Weil sie Kompromisse machen, mit anderen Parteien koalieren müssen. Das ist das Problem. Zuwachs bei AfD und BSW: Wie wählte Hildburghausen bei den letzten Europawahlen? Da wird es nie dazu kommen, ihre Programme so durchzusetzen. Was auch wieder Frust bei der Bevölkerung erzeugt. Weil, das geht nicht so. Früher mit Alleinbestimmung war das anders. Da konntest du deine Gesetze machen und sagen, so geht es vorwärts. Wem trauen Sie es zu, in Thüringen zu regieren? Ich traue es dem Mario Voigt, also der CDU, zu. Der Partner dazu wird natürlich schwierig sein. Die SPD ist zu schwach geworden, dass es für eine Mehrheit reicht. Grüne, denke ich mal, werden es nicht wieder schaffen. FDP vermutlich auch nicht, so wie jetzt die Prognosen sind. AfD geht gar nicht. Was haben die Grünen falsch gemacht? – grüne Kreispolitikerin Katharina Schmidt schildert ihre Perspektive Weil Höcke in Thüringen ist meines Erachtens nicht wählbar, nicht tragbar. Die Europawahl im Juni war ein 1. Indikator für die kommende Landtagswahl. Im Vergleich zu 2019 wurden SPD, Linke, Grüne und auch die FDP deutlich weniger gewählt. Die Thüringer Regierungsparteien haben im Landkreis Hildburghausen zusammengenommen fast 2 von 3 Stimmen verloren. Die CDU ist trotz Verlust noch zweitstärkste Kraft. An Zuspruch haben aber andere gewonnen: das neu gegründete BSW und die AfD. Zusammen überzeugten sie hier jeden 2. Wähler. Auch auf kommunaler Ebene: Abkehr vom traditionellen Parteienproporz. Den Erfolg haben hier die Wählervereinigungen. Klassische Parteipolitik gewinnt keine Punkte. Davon erzählt auch Katharina Schmidt, 36 Jahre alt und bis Ende Mai Kreistags-Mitglied. Dann können Sie gern reinkommen. Ihre Partei: Die Grünen. Sonst stehen das im Kreis, also "Kreistag". Jetzt ist es ein bisschen anders angeordnet. Früher habe ich hier gesessen. Und dann zum Schluss da. Als sie bei den Grünen eintritt, ist sie gerade einmal 23 Jahre alt. Eine junge Frau in der Kommunalpolitik. Eigentlich ein Lichtblick. Ich musste mir mein Standing erarbeiten. V.a. als Grüne wird man nicht ernstgenommen. Das hat wirklich gedauert, dass ich mir meinen Respekt verschaffen konnte. Die Grundschullehrerin übernimmt 2013 den Parteivorsitz im Landkreis. Wird bei der letzten Landtagswahl sogar Direktkandidatin. Doch mehr und mehr stellt sie ihre Parteizugehörigkeit in Frage. Corona war da definitiv auch ein Treibstoff gewesen, Polizei-Einsatz auf Corona-Protest in Hildburghausen eskalierte 2022 wo meine ersten Zweifel aufkamen im Umgang mit Menschen, die das kritisch gesehen haben. Das war so der Punkt, wo ich dachte, das ist doch echt jetzt eine Ausnahmesituation. Wo man auf die Menschen zugehen muss. Man muss ihnen viel mehr erklären, man muss die viel mehr mitnehmen, die viel mehr ernstnehmen. Und das ist aber von grüner Seite eher weniger passiert. Es gab Momente, wo Kritik angebracht war an den Maßnahmen der Regierung. Und da das Gefühl zu haben, die nicht äußern zu dürfen. Oder da komisch angeguckt zu werden, wenn man die äußert. Das war schon seltsam. So befremdlich. (Archiv) *Martinshorn* "Mittwochabend in Hildburghausen. Etwa 600 Menschen hatten sich an der nicht angemeldeten Demonstration beteiligt. Die Stimmung außerordentlich gereizt und aufgeheizt." Umgang mit Krieg in der Ukraine – Warum Katharina Schmidt die Grünen verlassen hat Der Polizeieinsatz auf dem Corona-Protest eskaliert. Es kommt zu Verletzungen unter Demonstranten. Wenige Tage später: der Versuch einer Aussprache. Zwischen Corona-Kritikern, Lokalpolitikern und der Polizei. Katharina Schmidt moderiert damals den Bürgerdialog. Als wir dieses Podium gaben, hatte ich echt Bammel, wie das in der Partei ankommt, wenn sich da eine Grüne hinstellt und solchen Querdenkern, Kritikern ein Podium gibt. Das war meine größte Angst. Montags-Protest – Teilnehmer wollen Dreh untersagen Den Rückhalt ihrer Partei hat sie. Und trotzdem will sie nicht mehr. Die nächste größere Sache war der Umgang mit dem Ukraine-Krieg. Wo ich der Meinung bin, ich vertrete ein ganz pazifistisches Weltbild. Das war für mich der Punkt, wo ich das nicht mehr mit gutem Gewissen weitertragen konnte. Es ist nicht mehr die Partei, in die ich mal eingetreten bin, für die ich gekämpft und viel Zeit aufgewendet habe. Katharina Schmidt gibt ihr Parteibuch ab. Ihr Kreistags-Mandat behält sie vorerst. Und tritt einer Freien Liste bei, sie nennen sich "Die Guten". Der russische Angriffskrieg bewegt viele in Hildburghausen. Wir sind mit dem Taubenzüchter Rainer Höhn verabredet. Seine Brieftauben finden von überall den Weg nach Haus. Das ist eigentlich ideal. Nicht zu warm, nicht zu kalt. Möglichst kein Regen. Oder wenn es windstill ist, ist es nochmal besser, als wenn man starken Wind hat. Das trifft heute alles zu. Es ist Montagabend. Und Rainer Höhn gehört zu denen, die hier einmal die Woche auf die Straße gehen. Oder besser "spazieren gehen", so nennt es die Protestgruppe. Also, sind wir soweit? Ja. Also: (alle) 3, 2, 1, Frieden! „Ich lasse mir nichts mehr vorbeten“ – Interview mit Montags-„Spaziergänger“ Frank Schelhorn *Applaus* Da fliegen sie, die Friedenstauben. Dann kippt die Stimmung. N/A Sie machen doch eine politische Veranstaltung im öffentlichen Raum. Sie haben ja Plakate. Wir machen einen nicht angemeldeten Spaziergang. Da die politischen Verhältnisse momentan so sind, dass über die Medien vorverurteilt wird, nicht berichtet wird. Ich will gar nicht sagen, falsch berichtet wird, nicht im Zusammenhang berichtet wird. Sind wir momentan noch nicht an diesem Punkt, wo wir uns von Ihnen bildlich darstellen lassen wollen. Einige Tage später: Der Mann, der uns das Drehen untersagen wollte, hat sich telefonisch bei uns gemeldet. Frank Schelhorn, Rentner und passionierter Obstbauer, bietet an, stellvertretend für die Montags-Spaziergänger ein Interview zu geben. Auf seiner Streuobst-Wiese, bei selbstgebrautem Apfelwein. Und Sie? - Auch, aber nicht viel. Gut 2 h reden wir miteinander. „Bezahlbare Energie, gerechte Aufteilung von Migranten in allen EU-Ländern“ –Forderungen auf dem Montags-„Spaziergang“ Ich lasse mir nichts mehr vorbeten. Die DDR hat uns 40 Jahre lang vorgebetet, sie sind die Größten, die Besten, Wirtschaftsrang 7 auf der Welt. Dann hatten wir keine Autoreifen usw. Nein. In der Bibel steht: An ihren Taten werdet ihr sie erkennen. An meinen Taten erkennt man mich, die mich kennen. Authentizität. Nicht Wasser predigen und Wein saufen. Und das ist einfach ... Ja, der Unmut, der entstanden ist. Und wenn mit den Menschen nicht geredet wird, entgleitet das. *Getrommel* Zurück auf dem Protest-Spaziergang. Wir lassen uns nicht so leicht abschütteln. Die Menschen hier, so kommt es mir vor, eint der Vertrauensverlust in Demokratie und Mitbestimmung. (alle) Wir sind das Volk! (brüllt) Für den Zusammenhalt! - (alle) Auf die Straße! (brüllt) Gegen Spaltung! - (alle) Auf die Straße! (brüllt) Gegen links-grüne Ideologien! (alle) Auf die Straße! (brüllt) Für den Stopp der Waffenlieferungen, weltweit! (alle) Auf die Straße! Würden dort keine Waffen kommen, wäre der Krieg beendet. So. Russland würde die Ukraine besetzen. - Richtig. Wenn ich die Wahl hätte, meine Familie erschießen zu lassen. Oder ab morgen Belgien zu heißen, Tschechien vielleicht, im besten Fall Österreich. Sie glauben wohl, ich ließe mich erschießen. Aber ich habe Sie doch gerade als jemanden kennengelernt, der auch für seine Rechte kämpft, für seine Rechte auf die Straße geht. Wenn es mit verhandeln geht, sofort. Aber wenn es losgeht und hier rollen tausende Panzer auf uns zu, dann hänge ich eine weiße Fahne raus. N/A Aufgewachsen ist Frank Schelhorn im DDR-Grenzgebiet. Mit dem sozialistischen System geriet er hier schon früh aneinander, erzählt er uns. Damals arbeitete er als Tischler. Studium oder Meisterprüfung seien ihm verwehrt geblieben. Im Herbst 1989 ging er auf die Straße. Doch die Demokratie hatte er sich anders vorgestellt. Wir haben kein Scheinparlament, wir haben ja das Parlament. Aber das Parlament muss das machen, was das Volk von ihm verlangt. Eis essen nach dem Protest – Eisdielenbesitzer aus dem Kosovo über den Rechtsruck Die Liste der Forderungen ist lang. Die sofortige Abschaltung aller Lügenmedien! (alle) Fordern wir. Die Abschaffung der Entwicklungshilfen! (alle) Fordern wir. Keine Steuerverschwendung im Ausland! (alle) Fordern wir. Eine gerechtere Verteilung von Migranten in allen EU Ländern! (alle) Fordern wir. Bezahlbare Energien! (alle) Auf die Straße. Bezahlbare Lebensmittel! (alle) Auf die Straße. *lautes Trommeln* Wie jede Woche endet der Montagsspaziergang an der Eisdiele auf dem Marktplatz, im Restaurant Firenze. Gastgeber ist Leo Hoda. Ja, die kommen immer um 20 Uhr zum Trommeln. Die haben angefangen wegen der Corona-Zeiten. Und jetzt wegen des Kriegs in der Ukraine. Weil Deutschland der Ukraine hilft. Die Montagsdemonstranten sind hier inzwischen Stammgäste. Jeder Gast ist bei uns herzlich willkommen. Wir machen keinen Unterschied, ob er aus Deutschland ist, Syrien, Ukraine, von welchem Land. Oder von welcher Partei. Wir sind offen für jeden. Leo Hoda, im Kosovo geboren, hat in Hildburghausen eine neue Heimat gefunden und sich etwas aufgebaut. Mit seinen Brüdern betreibt er 3 Gaststätten. Ein langer und steiniger Weg. Die Familie kam das 1. Mal in den 1990ern nach Deutschland, beantragte Asyl. 5 Jahre lang lebten sie in Schleswig-Holstein. Dann wurden sie abgeschoben. Sie mussten zurück in den Kosovo. Leo Hoda und Mutter Sagne erinnern sich. Da war erst mal die Hölle, erst mal ein neues Leben anzufangen. Das Haus, wo wir waren, war komplett kaputt. Wir waren auch klein. Die kosovarische Sprache und Deutsch war ein bisschen gemixt. Es war ein bisschen hart. Die Sehnsucht war, wieder nach Deutschland zu kommen. Egal, wie. Hauptsache, wieder nach Deutschland. Bei uns ist ein Sprichwort: "Wenn man das Wasser von Deutschland trinkt, kann man kein anderes Wasser trinken." Mit Anfang 20 probiert es Leo Hoda erneut. Streitthema Migration –Tommy Frenck rief zum Protest gegen Geflüchtetenunterkunft auf Er kommt bei einem Verwandten in der Gastronomie unter, in Thüringen. Heute hat er die deutsche Staatsbürgerschaft. Der Rechtsruck macht ihm keine Sorgen. Viele sagen, dass hier Extremisten sind. Ich denke, es ist ein ganz ruhiger Ort. Es ist nicht so extrem. Okay, Sorgen muss sich machen, wer hier ein Verbrechen macht oder eine Straftat, oder wer nicht arbeitet und Geld kassiert vom Staat. Aber jetzt ist die beste Chance. Wer will hier bleiben und ein besseres Leben führen? Da gehst du arbeiten, machst deinen Deutschkurs. Dann hast du die beste Chance, die es gibt. Im letzten Jahrzehnt hat sich der Ausländeranteil im Landkreis Hildburghausen verfünffacht. Von 1% auf rund 5%. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 15%. Der Anstieg geht auch zurück auf die höheren Flüchtlingszahlen. Ein Streitthema: Wo sollen die Geflüchteten untergebracht werden? Es fehlt an Wohnraum. Den gäbe es im Landkreis. Im Medizinischen Versorgungszentrum und ehemaligen Krankenhaus in Schleusingen sollte eine Flüchtlingsunterkunft entstehen. Aber: Wir wollen keine ... - (Gruppe) ... Asylanten-Heime! Es kommt zu Protesten. Angemeldet wurde diese Demo von Tommy Frenck. Neonazi, Unternehmer und Lokalpolitiker. Sich dem Protest anschließen? Frank Schelhorn hat Verständnis. Da ging es doch nicht darum, die Vorstellung von Politik eines Tommy Frenck zu bekunden oder sich dem anzuschließen. Dort ging es darum, dass die Leute in diesem Krankenhaus keine Asylanten, keine Flüchtlinge haben wollten. Rechtsrockkonzerte in Themar und Engagierte dagegen Mehr nicht. Ein Schnittpunkt zu Frenck ist also da. Der will keine und die Leute wollen auch keine. Alles andere ist egal. Bei der Landratswahl im Mai ging es aber schon um die Politik von Tommy Frenck. Er kandidierte, bekam rund 25% und unterlag erst in der Stichwahl. Seine Gesinnung ist kein Geheimnis. Frenck war NPD-Mitglied, betreibt ein Szenelokal im idyllischen Kloster Veßra, und organisierte Rechtsrock-Konzerte im Landkreis. (Publikum) Heil, Heil, Heil! Stattgefunden haben die Konzerte in Themar an der Werra, Heimat von Daniela Schreiber-Turko. Mama. Wir gucken erst mal kurz rein. Die 39-Jährige engagiert sich gegen den Rechtsextremismus in der Region, zusammen mit dem Bündnis für Demokratie und Weltoffenheit Kloster Veßra. Ich möchte einfach nicht, dass meine Kinder in einer Welt aufwachsen, wo es möglich ist, Leute wieder so sehr auszugrenzen. Es ist so, dass wir uns nicht nur politisch gegen etwas engagieren, sondern v.a. für etwas. Und wir möchten ja auch die Menschen zusammenbringen. Da waren zwischendurch schon ein paar Hürden zu stemmen. Die Proteste des Bündnisses eckten in der Nachbarschaft immer wieder an. Wenn wir keinen Protest machen würden, würde das gar nicht so groß werden. Die Medien würden nicht so aufmerksam darauf werden. Warum steht man nicht auf unserer Seite? Und sagt: "Ihr tut das Richtige, ihr seid für das Richtige, ihr seid für die Demokratie." Ich verstehe es nicht so richtig. Los geht's. *Blasmusik* Am Werra-Strand, der Begegnungsstätte des Bündnisses, ist heute ein Konzert geplant. Eine Bläser-Kombo aus Weimar ist zu Gast. Perspektiven auf die Politik in Thüringen: Was geht schief im Land? Ein Miteinander schaffen. Gute Laune gegen den Frust. Es ist so, dass vieles enttäuschend ist. Gesundheitssystem, Bildungssystem usw. Bei vielen Punkten sage ich auch, das kann so nicht weitergehen. Aber ich finde, es wird viel gemeckert, aber wenig getan. Wenn jeder mal ein bisschen was von sich geben würde, dann würde es vielen besser gehen und uns alle wieder mehr zusammenbringen. Daniela Schreiber-Turko, Mutter von Zwillingen und von Beruf Zahnmedizinische Fachassistentin, nimmt sich Zeit fürs Ehrenamt. Die politischen Entwicklungen in Thüringen kann sie nicht verstehen. Meiner Meinung nach kann man mittlerweile nicht mehr von Protestwahl reden. Verlorenes Vertrauen in die Demokratie – Thomas Imber berichtet Wird jetzt alles besser, wenn wir alle Leute mit Migrationshintergrund aus diesem Land jagen? Was genau wird denn dann besser? Das ist immer so die Frage für mich, was sich die Leute versprechen. Ich weiß es nicht. Sie wollen das Alte nicht mehr haben. Die meisten von den AfD-Wählern, die ich so kenne, die springen da auf den Zug auf, da werden Parolen rausgehauen. Das gefällt erst mal ohne groß nachzudenken. Dann wählt man die halt. Das hatten wir schon mal in Deutschland, wo einer vorneweg ist. Und die anderen haben den auch gewählt. Das will ich jetzt so nicht vergleichen, dass es dann auch so kommt. Aber die Beispiele und die Geschichte zeigt es. Thomas Imber arbeitet als Bauingenieur. Er ist seit 30 Jahren selbstständig. Seine Auftragslage habe sich in den letzten Jahren verschlechtert. Er hofft, die letzten 2 Jahre bis zur Rente zu überstehen. Zuletzt hat er bei der Sanierung dieses historischen Tanzsaals in Schleusingen mitgearbeitet. Die Kontinuität, dass du planen konntest. Dass du wusstest, das das Projekt nächsten Monat kommt und übernächsten Monat kannst du das andere machen. Das ist momentan nicht gegeben. Zumindest nicht in der Hochbau-Branche. Fühlen Sie sich da auch politisch ein bisschen im Stich gelassen? Ja, muss man sagen. Die Bundesregierung wollte 400.000 Wohnungen bauen lassen. Nicht mal 100.000 wurden gebaut. Bei jeder Wahl wird viel versprochen und dann nicht gehalten. Man könnte da viel mehr machen. V.a. dieser ganze Bürokratismus. Jeder sagt, das soll abgebaut werden. Es wird aber immer schlimmer. Treffen im frisch sanierten Tanzsaal mit Jens Hoffmann vom "Heimatverbund Schleusingen". Das nächste Fest wird geplant. Letztes Mal standen die hier drüben. Hier war der Pavillon für die Musik. Wenn du im Freien Veranstaltungen machst, muss hier die Musik sein. Ereignisse um die letzte Landtagswahl haben bei Thomas Imber Spuren hinterlassen. Sein Vertrauen in die Demokratie ist angeknackst. Ramelow macht vielleicht einen guten Job. Wer macht in Hildburghausen gerade Politik? Landrat der Freien Wähler Aber gerade die Geschichte damals mit Kemmerich. Wir haben das live erlebt. Er war ein demokratisch gewählter Ministerpräsident. Man hätte ihm vielleicht doch die Chance geben sollen. Oder auch mit dem Blumenstrauß ... Das sind Punkte, wo die Leute sagen, man hätte es probieren können. Zurücktreten hätte er nach einem halben Jahr noch können. Aber dass dann von Seiten Merkels aus Südafrika ein Rückruf kommt ... Man muss sagen, dass dieser Vorgang unverzeihlich ist. Das Ergebnis muss wieder rückgängig gemacht werden. Da haben sich viele bei uns gesagt: Das hatten wir früher. Dafür sind wir nicht auf die Straße. "Ihr dürft dies nicht und ihr dürft das nicht." Das sollte man nicht machen. Noch einmal sind wir am Landratsamt in Hildburghausen. Blühstreifen-Pflege und Umweltschutz. Dafür kommt Katharina Schmidt noch hierher. Dass hier die Bienen summen, hat der Landkreis auch ihr zu verdanken. Ist das das, was übrig geblieben ist von Ihrer Zeit bei den Grünen? Aus dem Kreistag, würde ich sagen. Das ist im Prinzip mein Vermächtnis. Damit konnte ich mich ein bisschen verewigen. Im Kreistag sitzt sie inzwischen nicht mehr. Ihre Wahlliste "Die Guten" wurde nicht zur Kommunalwahl zugelassen. Es fehlte an Unterstützern und an Motivation. Wenn man nach 10 Jahren Kreistagsmandat einfach merkt, dass man versucht, Ideen unterzubringen, versucht, Ideen zu entwickeln, das Beste für den Landkreis zu tun. Das wird aber nicht gewürdigt. Im Gegenteil, es wird sogar verhindert. Es ist, wie wenn man ein Feuer machen möchte und macht ein Feuerzeug an, und es wird sofort ausgeblasen. Das passiert nicht nur einmal, sondern das passiert 10 Jahre lang. Dann fragt man sich: Ist das jetzt so das Richtige? Die 36-Jährige steckt heute ihre Zeit und Energie ins Ehrenamt, in einen Co-Working-Space und den Heimatförderverein. Enttäuschung, Wut und Ressentiment – woher kommt der Vertrauensverlust in Demokratie und Mitbestimmung? Mit dem politischen Geschäft hat sie nichts mehr zu tun. Anders als der neu gewählte Landrat. Ja, kannst mitmachen. Ich habe noch Handschuhe dabei. Sven Gregor von den Freien Wählern. 30 Jahre lang war sein Posten von der CDU besetzt. Nun will er für frischen Wind sorgen. Die Menschen sind teils sehr frustriert. Das habe ich im Wahlkampf gemerkt. Das kriegt man auch nicht nur mit Worten geklärt, oder mit Diskussion. Das ist sitzt irgendwo tiefer. Da muss man jetzt mal sehen, wie man zukünftig damit umgeht. Woher kommt er, der Vertrauensverlust in Demokratie und Mitbestimmung? Besuch beim Soziologen und Politologen Johannes Kiess am Else-Frenkel-Brunswik-Institut. Das Problem ist, dass die Menschen hier auch wegen Dingen, die nach der Wende nicht gut gelaufen sind ... Dass da viele Demokratie-Erfahrungen nicht gemacht wurden bzw. die Erfahrung gemacht wurde, dass nicht auf Interessen eingegangen wird. Und dass man als kleines Licht keine Rolle spielt. Wenn das andere Erfahrungen, gewesen wären, demokratische Erfahrungen, dann hätte ein kritischeres, aber auch konstruktiveres Verhältnis zur Demokratie heute entstehen können. Vertrauen wiederherstellen, in Zeiten komplexer Krisen. Die Politik sei in der Pflicht, meint Johannes Kiess. Das erfordere vielleicht auch ein wenig Mut, neue Wege zu gehen. Was fehlt, sind einerseits politische Angebote, die tatsächlich in einem demokratischen Sinne über die jetzigen Verhältnisse hinausweisen. Also so etwas wie eine Utopie-Fähigkeit. Fazit Bei den Menschen, aber auch bei den Parteien. Und dann tatsächlich ein Gegengewicht gegen diese rechtsextremen Einstellungen, gegen dieses antidemokratische Ressentiment, das sich ganz viel aus Wut speist, aber auch ideologisch in den Köpfen festsitzt. Dagegen gibt es kaum Alternativen, die gesetzt werden. Außer vielleicht "Weiter so!" oder "Wir schaffen das!". Aber keine tatsächliche progressive Idee: "Guck mal, wie könnten unser Land auch so gestalten." *flotte Blasmusik* Das Land gestalten. Mitbestimmen, statt sich zurückgelassen fühlen. Das wünschen sich die meisten Menschen, mit denen wir gesprochen haben. Der Glaube daran ist noch da. Immer. Was sollen wir machen? Den Kopf in den Sand zu stecken ist keine Option. N/A Nationalsozialismus und Holocaust, DDR und Friedliche Revolution. Prägende Kapitel der deutschen Geschichte, die AfD-Politiker immer wieder thematisieren. Die Erinnerungskultur im Bezug auf die Nazi-Verbrechen stellen sie infrage. Und stellen sich selbst in eine Reihe mit DDR-Bürgerrechtlern. Wie und warum die AfD die dt. Geschichte umdeuten will, jetzt bei "Exakt - Die Story". Copyright MDR 2024

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