Arbeitsminister Heil verkündet
Nullrunde beim Bürgergeld. Nach der heftig kritisierten Rekordanhebung im
vergangenen Jahr gibt es 2025 keine Erhöhung des Bürgergeldes. Im Frühstart bei ntv
kündigt Arbeitsminister Heil eine Nullrunde an. Die sei "auch richtig so". Zudem werden die
Anforderungen an Bürgergeld-Bezieher verschärft. Im Streit um die Höhe des Bürgergeldes macht die
Bundesregierung Ernst: Im kommenden Jahr soll es bei der an der Inflation orientierten Erhöhung des
Bürgergeldes eine Nullrunde geben. "Gott sei Dank ist die Inflation kräftig zurückgegangen,
im letzten Monat nur 1,9 Prozent", sagte Arbeitsminister Hubertus Heil im Frühstart bei
ntv. "Und deshalb ist das, was die Zahlen hergeben und der Rechtsmechanismus so, dass es zum 1.
Januar keine Bürgergelderhöhung gibt. Und das ist auch richtig so", sagte der SPD-Politiker weiter.
Für Alleinerziehende und Alleinstehende bleibt der reguläre Satz damit 2025 bei 563
Euro pro Monat. Die für das laufende Jahr beschlossene Erhöhung um 61 Euro
hatte im vergangenen Jahr scharfe Kritik hervorgerufen. Allerdings
warnten auch Sozialverbände davor, das Bürgergeld nun überhaupt nicht anzuheben. Heil
widersprach Kritik an zu niedrigen Regelsätzen: In Not geratenen Menschen müsse geholfen werden.
"Klar ist aber auch: Das ist das Existenzminimum, nicht mehr, aber auch nicht weniger."
Die Berechnung des Bürgergeldes ist gesetzlich vorgeschrieben. Sie orientiert sich
an der Preisentwicklung der für den täglichen Bedarf benötigten Produkte und Dienstleistungen.
Diese hatten sich im Zuge der hohen Inflation in den Jahren 2022 und 2023 deutlich verteuert.
Die Bundesregierung hatte deswegen für 2024 eine Rekordanhebung des Bürgergeldes um 61 Euro
beschlossen. Die Anhebung um rund 12 Prozent war scharf kritisiert worden, weil Bürgergeld-Bezieher
vermeintlich einen höheren Inflationsausgleich bekommen hatten als viele Arbeitnehmer.
Heil verteidigte die gesetzliche Regelung zur Bürgergeld-Höhe. "Das wird nicht
gewürfelt. Das Bürgergeld ist ja eine Grundsicherung, die muss das Existenzminimum
absichern. Das fordert unsere Verfassung", sagte Heil bei ntv. "Und wenn die Inflation
hoch ist, das war im letzten Jahr der Fall zum Beispiel beim Strom und bei Lebensmitteln,
dann müssen die Regelsätze angepasst werden, um das Existenzminimum abzusichern."
Zustimmung kommt von den Grünen: "Es ist uns gelungen, die Inflation deutlich
runterzukriegen, zuletzt auf 1,9 Prozent. Das ist Ergebnis guter Politik für günstigere Preise",
sagte der stellvertretenden Grünen-Fraktionschef Andreas Audretsch. "Die Nullrunde beim
Bürgergeld ist die logische Folge. Es geht um das Existenzminimum, um das Leben vieler
Familien und Kinder. Das wird seriös berechnet." Mehr Druck auf Bürgergeld-Bezieher.
Bundesfinanzminister Christian Lindner warnte in der Vergangenheit wiederholt
vor ausufernden Kosten für den Bundeshaushalt. Wegen des Zuzugs von mehr als einer Million
Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind, hatte sich auch die Zahl der
Bürgergeld-Bezieher merklich erhöht. Im Zuge der ohnehin hochkomplexen Verhandlungen über den
Haushalt 2025 hatte die Bundesregierung deshalb vereinbart, die Ausgaben für das Bürgergeld
zu bremsen und möglichst zurückzufahren. Die Regelsätze nicht weiter anzuheben, ist Teil des
Haushaltskompromisses für das kommende Jahr. Im laufenden Jahr sind 26,5 Milliarden
Euro für das Bürgergeld eingeplant, rund 5,4 Prozent des gesamten Bundeshaushalts.
Im vergangenen Jahr war der Bedarf noch höher angesetzt worden. Die Bundesregierung
will aber die Ausgaben senken. Hierfür plant Heil ein ganzes Bündel von Maßnahmen
umzusetzen, die einerseits mehr Anreize zur Arbeitsaufnahme schaffen, aber auch den
Druck auf Bürgergeld-Bezieher erhöhen sollen. So sollen diese öfter persönlich
beim Jobcenter erscheinen, um enger betreut zu werden. Wer daran nicht mitwirkt, soll im
Gegenzug auch schneller sanktioniert werden. Kürzungen des Bürgergeldes um bis zu 30 Prozent
sind geplant. Heil will Arbeitsuchenden zudem Arbeitswege von bis zu drei Stunden
zumuten und Alleinstehenden auch Umzüge abverlangen. "In den wenigen Fällen, in denen
sich Menschen einrichten oder nicht mitwirken, muss klar sein: Das ist kein bedingungsloses
Grundeinkommen. Und deshalb ist es richtig, auch nachzuschärfen", sagte Heil im Frühstart.
Langzeitarbeitslose sollen künftig eine zusätzliche Anschubfinanzierung bei der
Aufnahme einer Beschäftigung erhalten, damit der Mehrwert von Arbeit im Vergleich zum
Bürgergeld für sie spürbar ist. Zugleich wird das Schonvermögen von 15000 Euro künftig schon nach
sechs Monaten herangezogen. Bürgergeld-Bezieher können damit weniger Rücklagen behalten.
Verbände fordern mehr, die FDP will Kürzungen. Insbesondere die SPD geht mit der beschlossenen
Nullrunde einen Konflikt mit den ihr nahestehenden Sozialverbänden ein: Bereits im Juni hatte
ein Bündnis aus auch Sozialverbänden vor einer Stagnation bei der Bürgergeld-Höhe gewarnt,
darunter der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Diakonie und der Paritätische. In
einer gemeinsamen Erklärung warnten sie vor einem weiteren "Kaufkraftverlust,
mit dem sich die Armut von Millionen Erwachsenen und Kindern weiter verschärfen würde".
Das Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo rechnet für das laufende Jahr mit einer Inflationsrate
von 2,2 Prozent. Das ist deutlich weniger als die 5,9 Prozent Inflation im vergangenen
Jahr. 2025 soll sie sogar weiter zurückgehen, auf 1,7 Prozent. Bürgergeld-Bezieher
müssten demnach im kommenden Jahr mit dem gleichen Budget wie im Vorjahr auskommen, trotz
mindestens leicht gestiegener Verbraucherpreise. Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP
hatte 2022 die Hartz-IV-Bezüge durch das Bürgergeld ersetzt und damals auch Lockerungen
bei den Sanktionen beschlossen. Das Thema ist seither Streitpunkt in der Ampel - desto mehr,
je angespannter die Haushaltslage sich im Zuge des Ukraine-Kriegs entwickelt hat. Die FDP
dringt gar auf eine Senkung des Bürgergeldes. Im August hatte etwa FDP-Fraktionschef Christian
Dürr eine "Anpassung nach unten" gefordert. Das Bürgergeld falle etwa "14 bis 20 Euro im Monat
zu hoch aus", sagte er der "Bild"-Zeitung. Die Erhöhung 2024 sei aufgrund einer überschätzten
Preisentwicklung zu hoch ausgefallen. Eine Korrektur könnte die Ausgaben des Bundes
um bis zu 850 Millionen Euro senken.
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