Harter Schlagabtausch zwischen Kanzler Scholz und Merz

Published: Sep 11, 2024 Duration: 03:59:54 Category: News & Politics

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für die CDU/CSU-Fraktion Alexander Dobrindt. Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundeskanzler, Sie haben in einem Interview vor Kurzem gesagt: „Wenn jemand 2021 eine lange Weltreise angetreten hätte, ohne Handyempfang und Mediennutzung, und jetzt nach Deutschland zurückkäme, wäre er von der Leistungsbilanz unserer Regierung wohl beeindruckt.“ Ich weiß nicht, ob das Ignoranz oder Arroganz ist, aber das ist auf jeden Fall eine Respektlosigkeit gegenüber den Sorgen und Ängsten der Bürger in diesem Land, meine Damen und Herren. Schauen wir doch mal auf Ihre Leistungsbilanz. Ist Deutschland heute sicherer als 2021? Nein. Ist Deutschland heute wettbewerbsfähiger als 2021? Nein. Ist Deutschland heute politisch stabiler als 2021? Nein. Ihre Koalition ist keine Koalition des Fortschritts; es ist eine Koalition des Abstiegs in diesem Land. Gestern, Herr Bundeskanzler, haben Sie Ihrer Abstiegsbilanz einen weiteren Tiefpunkt hinzugefügt. Sie hätten gestern die Chance gehabt, die illegale Migration ohne Einschränkung, ohne Relativierung wirksam mit uns zu stoppen. Sie haben die Öffentlichkeit in den Glauben versetzt, die umfassende Zurückweisung an den Grenzen wäre mit Ihnen möglich. Aber das, was Sie vorgeschlagen haben, ist das, was die Bundespolizei bereits heute an den Grenzen zu Österreich, Polen und Tschechien praktiziert. Sie haben die umfassende Zurückweisung an den Grenzen als wirksames Mittel, um Kontrolle wiederherzustellen, abgelehnt. Das ist die Wahrheit in dieser Debatte. Diese Verweigerungshaltung ist eine Kapitulation gegenüber der Überforderung unserer Kommunen, unser Schulen, der Sicherheitslage in unserem Land. Die Menschen haben diese Ampelausreden satt. Sie haben verstanden: Wer bei Ihnen Führung bestellt, der wird nur Ausreden bekommen. Aber das gefährdet die Sicherheit und den gesellschaftlichen Frieden in unserem Land. Hören Sie auf, hier ständig dazwischenzubellen; sonst schmeißt Ihnen mal jemand ein Stöckchen hin. Ihr Justizminister hat gestern festgestellt: „Der Status quo bedeutet Überforderung für den Gesamtstaat“. Gleichzeitig erklären Ihre Verhandlungsführer, unser Vorschlag sei nicht vereinbar mit internationalem Recht, obwohl renommierte Verfassungsrichter wie Professor Papier und Professor Huber öffentlich erklären, dass Zurückweisungen an den Grenzen möglich und sogar geboten sind. In dieser Gemengelage macht die FDP uns auch noch öffentlich ein Angebot, sie würden unsere Vorschläge zur Zurückweisung eins zu eins mit umsetzen. Spätestens da muss doch jedem klar sein: Es geht nicht ums internationale Recht, das dagegensteht, sondern es ist die Handlungsunfähigkeit der Ampel, die die Zurückweisungen verhindert. Wenn der politische Wille da ist, Herr Bundeskanzler, dann gibt es den Weg dazu. Das zeigen unsere europäischen Nachbarn, beispielsweise eine sozialdemokratische Regierung in Dänemark. Diese zeigt Ihnen, wie man illegale Migration zurückdrängt. In dieser Koalition fehlt schlichtweg der politische Wille, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Wir erleben diese handlungsunfähige Bundesregierung in einer Situation, in der sich unser Land in einem besorgniserregenden Zustand befindet. Die wirtschaftliche Stimmung könnte kaum schlechter sein. Es ist ein dröhnendes Alarmsignal für den Standort Deutschland, dass Traditionsunternehmen wie Kärcher, Miele und Stihl ankündigen, Deutschland zu verlassen, dass ein Drittel der Familienunternehmen ihre Investitionen in Deutschland reduzieren will, dass der BDI gestern erklärt hat, ein Fünftel der industriellen Wertschöpfung in Deutschland sei bedroht. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Teure Energie, hohe Steuern, Arbeitskräftemangel und die Bürokratie ersticken das Wachstum. Weder unser Sozialstaat noch irgendwelche Transformationen sind auf Dauer bezahlbar, wenn es nicht gelingt, wieder Wachstum in diesem Land zu schaffen. Sie haben ein grünes Wirtschaftswunder versprochen; bekommen hat die Wirtschaft eine grüne Stagnation. Das ist die Bilanz Ihrer Regierung. Aber auch da gibt es keine Ausreden mehr. Die USA wachsen mit 2,6 Prozent, die Eurozone wächst mit 1 Prozent, Deutschland hat Nullwachstum. Der Bundesfinanzminister erklärte gestern hier in der Debatte, das hätte mit strukturellen Schwächen unseres Landes zu tun. Herr Bundesfinanzminister – er ist noch nicht anwesend –, Sie haben gestern erklärt, dass Deutschland in den globalen Rankings der Wettbewerbsfähigkeit von Platz 6 im Jahr 2014 bis heute, also in einem Jahrzehnt, um 18 Plätze runtergerutscht ist auf Platz 24. Was Sie dabei vergessen haben, zu erwähnen, ist, dass allein in Ihren aktuell drei Jahren Regierungszeit Deutschland davon zehn Plätze verloren hat. Das gehört zur Wahrheit dazu. Ihr permanenter Streit, Ihr Energiedesaster, Ihr Haushaltsdesaster: das verunsichert die Bürger, das verunsichert den Mittelstand, das verunsichert die Unternehmen. All Ihre Belastungssteigerungen, egal ob durch die Erbschaftsteuer, die Dieselsteuer, die Gastrosteuer oder den CO2-Preis ohne entsprechenden Ausgleich übers Klimageld, sind der Grund für diese Schwäche. Und da reden Sie von strukturellen Problemen! Sie sind ein Teil des strukturellen Problems in diesem Land. Herr Bundeskanzler, Sie können nicht mehr ausblenden – das kann Sie wahrscheinlich auch nicht überraschen –, dass sich in diesem Land niemand – schlichtweg niemand – die Fortsetzung Ihrer Ampelkoalition wünscht. Absolut niemand! Die Menschen haben kein Vertrauen in diese Bundesregierung. Ganze 0 Prozent – ganze 0 Prozent! – der Befragten sprechen sich im aktuellen Politbarometer für Ihre Ampel aus. Auch innerhalb der Ampel: null Solidarität. Wolfgang Kubicki trifft den Nagel auf den Kopf – wörtliches Zitat –: „Die Menschen haben den Eindruck, diese Koalition schadet dem Land.“ Meine Damen und Herren, Sie sind verantwortlich in diesem Land für null Wirtschaftswachstum; Sie sind verantwortlich für 0 Prozent Zustimmung. Herr Bundeskanzler, Sie haben einen Doppel-Wumms versprochen. Geliefert haben Sie schlichtweg eine Doppel-Null. Ich erspare Ihnen jetzt weitere Nullen, und ich sage es Ihnen schlichtweg mit Ihren eigenen Worten: Herr Bundeskanzler, Sie haben den Wumms verloren. Sie machen eine Politik gegen den Mehrheitswillen der Bürger. Die Menschen wollen schlichtweg Ihre Heizungswende nicht. Die Menschen glauben nicht, dass Sie die Misere am Wohnungsmarkt lösen. Die Menschen glauben nicht, dass Sie die Talfahrt der Wirtschaft stoppen können. Und an erster Stelle steht, dass die Menschen schlichtweg Ihre Migrationspolitik ablehnen. 80 Prozent der Bürger fordern eine Wende in der Migrations- und Asylpolitik. Wie anders erklären Sie sich eigentlich Ihre Ergebnisse bei den vergangenen Landtagswahlen? Herr Bundeskanzler, mich würde interessieren, was Sie dazu zu erklären haben. Ich finde, es reicht nicht aus, dass die SPD zufrieden damit ist, dass sie die 5-Prozent-Hürde übersprungen hat, und es reicht schlichtweg nicht aus, wenn Ihr grüner Koalitionspartner, Ricarda Lang, der Meinung ist, Migrationspolitik ist nicht das Thema. Sehr geehrte Frau Lang, Realitätsverweigerung ist nicht das Thema in diesem Land! Die Wahrheit ist, dass die Ampel nicht auf die Ängste, nicht auf die Sorgen, nicht auf die Nöte der Menschen in unserem Land reagiert, und deswegen entsteht der Vertrauensverlust. Er wird jeden Tag größer. Und die Folge? Die Folge ist ein steigendes radikales Wahlverhalten. Die Folge ist mehr Zustimmung zu radikalen Parteien. Das Aufsteigen von rechts und links außen: Das ist das einzige Wachstum, was diese Ampelregierung in diesem Land geschaffen hat, meine Damen und Herren. Wir haben Ihnen ernsthafte Vorschläge unterbreitet, wirksame Vorschläge unterbreitet. Wir wollten gemeinsam mit Ihnen eine Lösung, um die Migrationskrise zu bekämpfen, um illegale Migration auch zurückzudrängen, und für uns ist schlichtweg klar: Solange ein gesamteuropäischer Grenzschutz nicht konsequent gewährleistet ist, müssen wir unsere Grenzen selber schützen. Das heißt schlichtweg auch: konsequente Zurückweisung an den Grenzen. In dieser Debatte geht es nicht darum, sie zu überhitzen, Frau Esken, wie Sie meinen. Nein! Es geht schlichtweg darum, Stabilität und Zusammenhalt in unserem Land zu schützen. Das wäre der Auftrag Ihrer Bundesregierung, den Sie aber leider verfehlen, meine Damen und Herren. Als Nächster hat das Wort für die Bundesregierung der Bundeskanzler Olaf Scholz. Frau Präsidentin! Meine verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will ein paar Worte sagen zu den Wahlen, die in Sachsen und Thüringen stattgefunden haben – denn ich finde, das gehört hierher, und es muss auch klar gesagt werden –: Die Wahlergebnisse für die AfD, die Wahlergebnisse für rechtspopulistische Parteien sind bedrückend, und wir werden uns in Deutschland niemals daran gewöhnen. Die AfD ist schlecht für unser Land. Die AfD wird dafür sorgen, dass unser Land absteigt, wenn sie ihre Politik umsetzen kann. Die AfD hat ein Menschenbild von gestern, ein Frauenbild von gestern. Und wir werden alles dafür tun, dass diese politische Formation wieder an Bedeutung in Deutschland verliert. Sie sind mit der Vergangenheit verheiratet, und zwar einer Vergangenheit, die Sie stilisieren, die es gar nicht gegeben hat. Sie versuchen, unser Land um die Zukunft zu bringen. Deshalb ist das die große Auseinandersetzung hier in Deutschland und in vielen Ländern in Europa – übrigens auch in den USA –: die Auseinandersetzung über die Frage, ob wir in unseren Ländern daran glauben, dass wir eine bessere Zukunft haben, und eine Politik machen, um sie zu erreichen, oder ob wir glauben, dass wir nur an der Vergangenheit orientiert sein sollen, und unser Land deshalb verfeinden und mit Ressentiments in den Untergang führen. Das werden wir verhindern. Nicht motzen, sondern handeln und anpacken: Das ist die Devise. Unser Land steht vor großen Herausforderungen, und ich finde, wir müssen, sollen und werden in dieser Debatte über diese großen Herausforderungen sprechen – große Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind und die wir bewältigen müssen. Eine der großen Fragen für die Zukunft unseres Landes ist „Zuwanderung und Migration“. Ich fange jetzt mit dem an, was zur Geschichte unseres Landes dazugehört, zu der Erfahrung der letzten Jahre und Jahrzehnte und zu dem, was für die Zukunft wichtig ist. Dass wir in den letzten 20 Jahren wirtschaftliches Wachstum hatten, dass wir in den letzten Jahren es hinbekommen haben, dass unser Land wirtschaftlich erfolgreich gewesen ist, das hatte und das hat damit zu tun, dass viele Frauen und Männer aus anderen Ländern Europas und aus anderen Ländern der Welt mit angepackt haben, ihr Talent hier eingebracht haben und dafür gesorgt haben, dass diese Wirtschaft nach vorne kommt. Weil ja über Zukunftsbedingungen diskutiert wird, will ich das ganz klar sagen: Es gibt viele Länder um uns herum – Rechnungen dieser Art liegen auch für uns vor –, die sagen, dass es ein großes wirtschaftliches Problem geben wird. Das resultiert daraus, dass die Erwerbsbevölkerung sich reduziert. Für einige Länder wird in wenigen Jahrzehnten die Halbierung der Anzahl derjenigen, die dort berufstätig sind, vorhergesagt. Und es gibt ein Land in Europa, das – genau wie manche englischsprachigen Länder – die Chance hat, dafür Sorge zu tragen, dass wir nicht wirtschaftlich absteigen, weil wir so viele finden, die mit anpacken wollen. Deshalb ist es richtig, genau das möglich zu machen, und zwar mit dem Arbeitskräfte-Zuwanderungsgesetz, das wir auf den Weg gebracht haben, und auch mit dem Staatsangehörigkeitsgesetz, das wir neu geregelt haben. Wir drehen die Sache nämlich um – so wie die USA, wie Kanada, Australien und andere Länder, die daraus Wachstumspotenziale schöpfen – und sagen: Wir wollen, dass man hier anpackt, dass man die deutsche Sprache lernt, dass man sich an die Gesetze hält, seinen Lebensunterhalt verdient, aber dann auch mitbestimmt. Das ist dort der Fall, und das ist auch in diesem Land jetzt möglich mit den Gesetzen, die wir nach vorne gebracht haben. Alles andere würde dazu führen, dass wir wirtschaftlich Schwierigkeiten bekommen. Es gibt kein Land der Welt mit schrumpfender Erwerbsbevölkerung, das wirtschaftliches Wachstum hat. Das ist die Wahrheit, mit der wir konfrontiert sind. Gleichzeitig gehört dazu, dass wir ein Land sind – gerade aufgrund der Erfahrungen, die wir durch unsere Geschichte mit uns herumtragen, der Tragödie des Faschismus und des Nationalsozialismus –, das denjenigen, die politisch verfolgt werden, die um ihr Leben laufen, die ihr Leben retten müssen, Schutz bietet. Das steht in unserem Grundgesetz, und das stellen wir nicht zur Debatte. Weltoffenheit ist also notwendig. Aber Weltoffenheit bedeutet nicht, dass jeder kommen kann, der das möchte. Wir müssen uns aussuchen können, wer nach Deutschland kommt; das sage ich hier ganz ausdrücklich. Und deshalb gehört auch dazu, dass wir das Management der irregulären Migration hinkriegen, dass wir die Zahl derjenigen, die irregulär nach Deutschland kommen, reduzieren und dass wir diejenigen, die nicht bleiben können, auch wieder zurückführen. Deshalb hat meine Regierung die Untätigkeit konservativer Innenminister von CDU/CSU beendet. Sie hat das Große-Sprüche-Klopfen beendet. Sie hat dafür gesorgt, dass endlich gehandelt und getan wird – ganz anders als in vielen Jahrzehnten christdemokratischer Innenminister, die es nicht gepackt haben. Sie können es nicht. Das ist die Wahrheit, mit der wir konfrontiert sind. Sie sind der Typ von Politiker, der glaubt, mit einem Interview in der „Bild am Sonntag“ hätte er schon die Migrationsfrage gelöst. So ist es nicht in der Wirklichkeit, zumal wenn man zu der Gruppe von Politikern gehört, die, kaum dass sie die Redaktionsräume verlassen haben, vergessen haben, was sie gerade vorgeschlagen haben, weil sie niemals vorhatten, sich darum zu kümmern. Das ist falsche Politik. Darum haben wir auch in dieser Frage, dem Umgang mit irregulärer Migration in Deutschland, die größte Wende zustande gebracht. Diese Regierung! Wir haben uns in einem mühseligen Prozess, als die Zahlen wieder größer wurden, hingesetzt und es uns nicht einfach gemacht mit irgendwelchen Vorschlägen. Wir haben sorgfältige Vereinbarungen getroffen, und wir haben weitreichende Vereinbarungen getroffen, zum Beispiel, dass der Gewahrsam verlängert wird für diejenigen, die sich ihrer Abschiebung immer irgendwie entziehen, zum Beispiel, dass man sich umgucken kann in einer Flüchtlingseinrichtung, wenn jemand nicht an dem Platz ist, wo er sein sollte – ein jahrelanges Problem, das wir gelöst haben –, zum Beispiel, indem nicht mit Einsprüchen, Widersprüchen, Klagen und neuen Anträgen die Rückführung verhindert werden kann. Alles das haben wir gemacht. Sogar die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz werden jetzt weiter nur reduziert gewährt. Auch das gehört zu den Dingen, die wir getan haben. Anders als Sie haben wir sogar die Zahl der sicheren Herkunftsländer ausgeweitet. Sprüche klopfen, nix hingekriegt: Sie sind es, die nichts schaffen! Und ich sage dazu: Wir haben dafür Sorge getragen, dass das jetzt auch passiert. Die Zahl derjenigen, die zu uns kommen, ist zurückgegangen, weil wir zum Beispiel Grenzkontrollen eingeführt haben und jetzt, zu Beginn dieser Woche, auch entschieden haben, dass wir das an allen Grenzen in Deutschland so lange machen, wie das möglich ist. Wir haben damit Erfolg gehabt, und wir werden dieses erfolgreiche Vorgehen auch fortsetzen, meine Damen und Herren. Wir tun das übrigens auch, obwohl es schwierig wird mit unseren Nachbarn. Einige von Ihnen sind ja jetzt ganz verwundert, dass die Nachbarländer auch noch da sind, dass sie sagen: Oh, das finden wir gar nicht toll. Ich finde, da müssen wir durch. Es ist jetzt notwendig, dass wir diesen Streit auch aushalten; das gehört dazu. Übrigens – auch weil ja so viele Frauen und Männer mit großer Hybris da drüben sitzen – sage ich ausdrücklich: Die Macht der Bundesrepublik Deutschland endet an der Grenze der Bundesrepublik Deutschland. Falls Sie davon noch nicht gehört haben! Übrigens – auch das will ich sagen – haben wir gesagt – auch ich hier in diesem Deutschen Bundestag –: Wir werden auch wieder Abschiebungen von Straftätern nach Afghanistan und nach Syrien durchführen. Und wir haben es getan. Das war schwierig. Ununterbrochen wurden wir gefragt: Wie geht das denn, und klappt das noch? Das haben Sie doch nur so gesagt! Wir haben das gemacht, was man tut, wenn man verantwortlich handelt, nämlich sorgfältig gearbeitet. Und tatsächlich: Wir haben jetzt einen solchen Abschiebeflug nach Afghanistan organisiert. Und ich sage Ihnen: Wir werden weitere haben und das auch fortsetzen. Meine Damen und Herren, wir werden morgen ein Sicherheitspaket im Deutschen Bundestag beraten, das wir auf den Weg gebracht haben und das auch notwendig ist: mit stärkeren Gesetzen, was den Umgang mit Waffen betrifft, mit Verschärfungen des Waffenrechts, mit besseren Möglichkeiten, den islamistischen Extremismus zu bekämpfen, und ausdrücklich auch mit mehr Möglichkeiten, präzise zu handeln, wenn es um irreguläre Migration geht. Ich will an dieser Stelle klar sagen: Wer aus Italien, wer aus Portugal, wer aus Griechenland, wer aus Finnland nach Deutschland kommt und sagt: „Ich will jetzt hierbleiben“, der kann keinen Antrag stellen und sagen: Ich möchte hier meinen Lebensunterhalt finanziert bekommen. Das ist mit der Freizügigkeit nicht verbunden. Gut so! Denn es sind 400 Millionen Einwohner in der Europäischen Union. Wenn da jeder sagen könnte: „Ich komme mal vorbei und hätte hier gerne Leistungen“, würde das nicht funktionieren. Und tatsächlich machen wir jetzt doch das Gleiche mit den bestehenden Gesetzen, indem wir dafür sorgen, dass sie umgesetzt werden, und mit den neuen Gesetzen, die wir jetzt auf den Weg bringen, und sagen: Wenn dein Verfahren in einem anderen Land Europas durchgeführt worden ist oder durchgeführt wird, dann musst du da die Leistungen kriegen und nicht bei uns. Eine Selbstverständlichkeit, die für 400 Millionen Inländer der Europäischen Union gilt und die auch für diejenigen gilt, die ihre Verfahren anderswo betreiben müssen! Das haben wir entschieden. Und nun kommt noch das Gemeinsame Europäische Asylsystem. Das klingt so abstrakt. Ehrlicherweise haben, glaube ich, ganz viele hier in Deutschland gedacht: Das ist eine Sache, die passiert irgendwo an den Außengrenzen der Europäischen Union. Schwer geirrt! Das bedeutet auch sehr weitreichende gesetzliche Änderungen bei uns, zum Beispiel mit den Handlungsoptionen des Flughafenverfahrens, also schnellere und zügigere Verfahren für diejenigen, deren Verfahren keine Chance auf Erfolg haben. Das werden wir jetzt ganz schnell umsetzen, und wir warten nicht bis zum letzten Moment. Diese Gesetze sind fast fertig geschrieben. Sie werden bald den Deutschen Bundestag erreichen, und sie werden dieses Jahr noch beschlossen werden. Wir werden alle Möglichkeiten nutzen, um diese Aufgabe zu bewältigen. Tja, Herr Merz, dann haben Sie angeboten, dass wir gemeinsame Sache machen. Doch, doch. Sie haben sogar angeboten, ich solle meine Koalition sprengen, das wäre auch eine super Sache. Habe ich nicht gemacht. Aber ich sage Ihnen ausdrücklich: Es war gut, dass Sie dieses Angebot gemacht haben; denn die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes wollen hier nicht irgendwelche Theateraufführungen erleben. Sie wollen, dass wir ernsthaft und seriös Politik machen. Seriös – ich buchstabiere Ihnen gern, wie das Wort geschrieben wird –: Das ist wirklich die Art und Weise, wie Politik gemacht werden muss. Die Bürgerinnen und Bürger wollen nicht, dass jetzt das passiert, was eine Zeitung „Schlammschlacht“ genannt hat, wo alle vortragen, warum sie gut und die anderen schlecht sind. Das ist auch aus meiner Sicht nicht die richtige Herangehensweise in dieser Frage. Deshalb sage ich: Es wäre gut gewesen, wenn wir zu gemeinsamen Lösungen gekommen wären. Und ich sage Ihnen – auch wenn Sie es vielleicht nicht hören wollen –: Wir schlagen niemals eine Tür zu. Sie können immer wieder kommen, trotz der schlechten Erfahrungen, die wir gemacht haben. Als vor einem Jahr dieses Angebot schon mal auf dem Tisch war, wir uns mit den Ländern geeint hatten, wir Ihnen erläutert hatten, was wir mit den Ländern machen wollen, wir Ihnen gesagt haben: „Wir machen auch gern was darüber hinaus“, und ich auch schon allen hier in dieser Regierungsmehrheit gesagt habe: „Bereitet euch darauf vor! Ich bin wild entschlossen, mich zu einigen und auch Dinge zu machen, die vielleicht dem einen oder anderen schwerfallen“ – und ich erinnere mich noch an den einen oder anderen „begeisterten“ Gesichtsausdruck –, da konnten Sie gar nicht so schnell wegkommen, wie man gucken konnte. Das ist doch ein Problem. Sie haben sich in die Büsche geschlagen – und jetzt schon wieder. Das ist nicht gut für Deutschland. Sie haben sich in die Büsche geschlagen. Sie haben vor zwei, drei Wochen ein Drehbuch geschrieben, in dem Sie darlegen, Sie machen ein Angebot auf Zusammenarbeit. Und dann, wenn es möglich ist, schlagen Sie es aus und sagen: Es ist nicht genug. So dürfen wir mit so einer ernsten Angelegenheit in diesem Land nicht umgehen. Wir wollen eine Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg. Und ich sage noch mal, weil ja alle immer gerne historische Vergleiche anführen: Es gibt große politische Führer in Oppositionsparteien, und es gab sie immer wieder. Zum Beispiel der Asylkompromiss 1992/1993: Da war die größte Leistung der oppositionellen Führer der SPD, dass sie ihre Partei überzeugt haben, einen Kompromiss zu machen und Schritte zu gehen. Es war nicht die Leistung, dass sie der Regierung gewissermaßen das Leben schwer gemacht haben, sondern sie haben in einer national wichtigen Angelegenheit mit der Regierung zusammengearbeitet, sind zu ihren Parteitagen gegangen und haben gesagt: Das machen wir jetzt; das setzen wir jetzt durch. Führung ist nicht, dass man auf eine Barrikade steigt, mit einer wilden Geste Forderungen erhebt. Führung ist, dass man sich umdreht und in der Lage ist, die eigenen Leute zu einem Kompromiss zu bewegen. Das ist Führung, Herr Merz! Und weil die Sache so wichtig ist, will ich gerne und ausdrücklich sagen: Wir sind immer noch bereit. Die Tür ist nicht zu. Wir würden das mit Ihnen machen. Wir haben jetzt Zurückweisungen an den Grenzen durch die Grenzkontrollen, die wir machen: 30.000, seitdem wir das angefangen haben, damit hier keine falsche Mär erzählt ist. Wir werden alle Möglichkeiten, Zurückweisungen durchzuführen, im Rahmen des geltenden Rechts nutzen. Und wir haben ein Konzept effektiver Zurückweisungen auf den Tisch gelegt, wo wir bereit sind, das mit der Opposition umzusetzen. Ich sage dazu: Wir werden es machen, selbst wenn Sie nicht mitmachen. Die Regierung wird dieses Konzept umsetzen und auf den Weg bringen. Und wir hoffen, dass Sie trotzdem dabei sein werden und dass Sie die Tür, die wir offenhalten, nicht ungenutzt lassen. Das also ist die Situation. Deshalb noch mal einen Satz zum gesamten Thema: Ein Viertel unserer deutschen Bevölkerung hat einen Zuwanderungshintergrund; das heißt, man selbst oder ein Elternteil ist mal aus einem anderen Land gekommen. Und diese Menschen müssen wissen und sich darauf verlassen können, dass man auch in schwierigen Zeiten, wenn man solche Probleme wie irreguläre Migration durch klare Haltung und toughe Politik bekämpfen muss, Grundsätze hat. Sie können sich auf uns verlassen. Wir sind für ihren Beitrag zu unserer Gesellschaft dankbar. Meine Damen und Herren, wir haben auch andere große Herausforderungen. Eine davon ist der russische Angriff auf die Ukraine. Ich sage, es ist ganz wichtig, auch in dieser Zeit noch einmal zu betonen: Es ist Russland, das diesen Krieg vom Zaun gebrochen hat. Es ist Russland, das ihn unverändert mit brutaler Härte führt. Und es ist Russland, das einfach sein Nachbarland ganz oder teilweise erobern will und dafür einen hohen Preis bezahlt. Manche Berichte sagen: 300.000 bis 400.000 gestorbene oder schwerverletzte russische Soldaten. Und das ist furchtbar: Etwas, das ja nur dazu führt, dass jemand, der dort politische Verantwortung hat, irgendwann mal nach seinem Ableben, wenn er dann noch lesen könnte, zur Kenntnis nehmen könnte, er hätte das Land um ein paar Kilometer erweitert. Furchtbar! Ich sage das ausdrücklich. Deshalb gehört an dieser Stelle gesagt – auch wenn wir wissen, dass ein Teil der Menschen, die jetzt rechtspopulistische und populistische Parteien gewählt haben, das gemacht hat, weil sie nicht einverstanden sind damit, dass wir die Ukraine unterstützen; das sollte man nicht wegreden –, dass es richtig ist, dass wir die Ukraine unterstützen, solange es notwendig ist. Und das werden wir auch tun. Denn es ist ein Bruch unserer Friedens- und Sicherheitsordnung, dass Russland versucht, Grenzen zu verschieben. Das werden wir tun mit unseren eigenen Mitteln. Das werden wir tun mit dem, was wir gemeinsam mit den Staaten der G 7, den wirtschaftsstarken Demokratien, vereinbart haben: einen 50-Milliarden-Kredit für die Ukraine, damit sie das tun kann, was für die Verteidigung ihres Landes notwendig ist. Gleichzeitig werden wir alles dafür tun, dass die Möglichkeiten, Frieden zu haben – einen fairen Frieden, der kein Diktatfrieden, keine Kapitulation ist, der die Integrität und die Souveränität der Ukraine als überfallenes Land respektiert –, immer mit ausgelotet werden. Und wir haben viele, viele Dinge getan, um das möglich zu machen, mit Friedenskonferenzen, die überall in der Welt stattgefunden haben: in Dänemark, in Saudi-Arabien, auf Malta, eine große Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock in der Schweiz. Ich sage noch mal: Jetzt ist der Moment, jetzt ist die Zeit, wo wir ausloten müssen, welche Möglichkeiten sich ergeben. Und es ist richtig, wenn der ukrainische Präsident sagt – ich wiederhole das noch mal –: Wir brauchen eine weitere Friedenskonferenz, und bei der muss es dann so sein, dass Russland mit am Tisch sitzt. Das ist die Aufgabe, die wir jetzt bewältigen müssen: auszuloten, was da geht. Meine Damen und Herren, es geht um die Zukunft unseres Landes. Es gibt viele Verunsicherungen, gerade in den reichen Ländern der Welt. Und Debatten, wie wir sie hier führen – es ist manchmal wichtig, sich das klarzumachen –, werden auch anderswo geführt. Es gibt dazu Umfragen in den USA, in Kanada, in Australien, in Europa, in vielen Ländern: Gerade in diesen reichen Ländern ist die Zukunftszuversicht viel geringer als zum Beispiel in Asien, in Afrika. Das muss uns umtreiben, weil natürlich die Frage, ob wir um die Zukunft ringen oder in die Vergangenheit zurückwollen, die entscheidende politische Frage ist, wie ich bereits am Anfang gesagt habe. Deshalb müssen wir alles dafür tun, dass wir unsere Gesellschaft modernisieren, dass wir die Möglichkeiten schaffen, die dazu erforderlich sind, dass das tatsächlich auch gelingt. Wir haben mit den Entscheidungen dieser Regierung viel, viel, viel dafür getan, dass es Veränderung gibt, etwa mit mehr Investitionen in unsere Infrastruktur, zum Beispiel in unsere Bahn, nicht wie der Vorschlag von Herrn Merz, dass wir weniger Bahnen fahren lassen sollen, sondern mit massiven Investitionen in die Infrastruktur, damit es tatsächlich klappt, dass die Bahnen besser fahren. Da werden wir zehn Jahre lang Milliarden investieren, ganze Strecken sanieren müssen, weil Jahrzehnte alles versäumt wurde. Das gilt für die Straßen. Das gilt für die Funkmasten, von denen wir zu wenige haben. Das gilt für die Frage der Genehmigungsgeschwindigkeit bei Industrieanlagen. Gleichzeitig müssen wir die Wachstumspotenziale unseres Landes verbessern. Das machen wir mit der Wachstumsinitiative, die nämlich ausdrücklich darauf gerichtet ist, alles rauszuholen, was möglich und gut ist für die jungen Leute, für die Familien in unserem Land, indem wir sagen: Wir wollen jungen Familien bessere Möglichkeiten schaffen. Wir geben Milliarden dafür, dass der Ausbau von Ganztagsangeboten in Schulen und Kitas jetzt vorankommt. Das ist eine entscheidende Verbesserung. Wir sorgen dafür, dass es mehr Möglichkeiten bei der Berufsausbildung gibt und für die jungen Leute dort Perspektiven entstehen. Wir kümmern uns darum, dass diejenigen, die einen neuen Beruf lernen müssen, auch die Möglichkeit dazu haben. Und ausdrücklich kämpfen wir darum, dass Ältere eine Perspektive haben, so lange zu arbeiten, wie sie das möchten. Und da gibt es zwei Punkte, die wichtig sind. Der eine ist, wenn man Mitte 50, Anfang 60 ist: Fragen Sie mal rum – es ist übrigens schon seit vielen Jahrzehnten so –, ob jemand mit 55 oder 61 Jahren, wenn er seinen Job verliert, glaubt, dass er noch mal einen neuen findet. Dem ist nicht so. Fragen Sie mal rum, wie viele eingestellt werden. Deshalb ist es wichtig, dass wir diese Möglichkeiten und Perspektiven verbessern, damit alles rausgeholt wird aus unserem Land, was wir zustande kriegen können. Aber es ist auch wichtig, dass wir diejenigen unterstützen, die mehr arbeiten wollen. Das machen wir mit der Wachstumsinitiative, indem wir unterstützen und sagen: Wenn man seine Arbeitszeit aufstockt, können Unternehmen dafür zusätzliche Zuschläge zahlen. Wenn jemand freiwillig über das Renteneintrittsalter hinaus arbeiten will, dann bekommt er Unterstützung, indem die Beiträge von ihm selbst vereinnahmt werden können, statt vom Arbeitgeber an die Rentenversicherung ausgezahlt zu werden, oder man bekommt etwas von der Rentenversicherung dazu, weil man später in Rente geht. Das alles tun wir, um unser Land zu mobilisieren, Wachstum möglich zu machen und den Blick nach vorne für eine realistische Perspektive zu entwickeln. Modernisierung ist notwendig: für unsere Gesellschaft, für ihren Zusammenhalt und für eine gute Zukunft. Und auch das soll hier gesagt werden: Das wichtigste Vermögen, das viele in unserem Land haben, ist ihr Anspruch auf die Altersversorgung: die Rentenversicherung. Deshalb brauchen die 17-Jährigen, die jetzt die Schule verlassen und fünf Jahrzehnte Beiträge zahlen müssen, eine klare Aussage, worauf sie sich verlassen können. Dass wir ein stabiles Rentenniveau in Deutschland garantieren wollen, das ist eines der großen Vorhaben dieser Regierung. Und es hat etwas mit Zuversicht zu tun, dass man bei einem so langen Lebensprojekt jedes einzelnen Menschen Sicherheit schafft. Wir garantieren diese Sicherung für die Bürgerinnen und Bürger. Es gibt also viele Themen, mit denen wir uns – das ist notwendig – befassen müssen, damit wir neue Dynamik entwickeln, damit wir mit unserer Volkswirtschaft vorankommen. Wir dürfen uns vor den großen Herausforderungen, vor denen wir jetzt stehen, nicht drücken. Deshalb finde ich richtig, dass dieser Bundestag über die Frage von Zuwanderung und Migration, auch irreguläre Migration und wie man sie begrenzen kann, diskutiert. Ich finde richtig, dass wir diskutieren, wie wir Frieden und Sicherheit in Europa garantieren und die Ukraine unterstützen. Und ich finde es notwendig, dass wir über Modernisierung, Wachstum und Zukunftsperspektiven diskutieren, dass wir das Land nicht miesreden lassen von denjenigen, die es nur in die Vergangenheit zurückziehen wollen und unsere wirtschaftliche Zukunft bedrohen. Schönen Dank. Als Nächste hat das Wort für die AfD-Fraktion Dr. Alice Weidel. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Fast drei Wochen sind verstrichen seit dem grauenhaften Messerterroranschlag eines abgelehnten syrischen Asylbewerbers in Solingen. Zehn Tage sind ins Land gegangen seit der krachenden Wahlniederlage in Sachsen und Thüringen, die Ihre Kanzlerpartei zur Splitterpartei degradiert hat. Sie wollen sich immer noch einreden, dass die Wähler Ihnen in Scharen davonlaufen, weil Sie ihnen Ihre Politik nicht gut genug erklärt hätten. Das Gegenteil ist der Fall: Die Bürger haben ganz genau begriffen, dass Ihre Politik Wohlstandsvernichtung, Deindustrialisierung, Massenmigration und Verlust der inneren Sicherheit bedeutet. Sie sind der Kanzler des Niedergangs, Herr Scholz. Für die Erosion Deutschlands als Industrienation steht auch der Niedergang von Volkswagen. Für den angeblichen Klimaschutz zerstören Sie die deutsche Wirtschaft. Das VW-Desaster ist aber nur die Spitze des Eisberges. 500.000, eine halbe Million Arbeitslose verzeichnet die Statistik, seit Sie die Regierung übernommen haben. Das sind Hunderttausende Familien, Millionen Menschen, die um ihre Zukunft fürchten müssen. Es trifft alle Branchen, besonders die Automobilindustrie und alles, was an ihr hängt. Zulieferer ZF streicht bis zu 14.000 Stellen. Bei SAP fallen 10.000 Jobs weg, bei Ford 4.600, bei Bosch 3.760, bei Bayer 3.200, bei BASF 3.300, bei Michelin 1.500, bei Miele 1.300, bei Continental 1.200. Die klangvollsten Namen bauen Arbeitsplätze in Deutschland ab und verlagern sie ins Ausland, weil sie hier nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Die Liste wird täglich länger. Die Stahlsparte von thyssenkrupp erweist sich wegen Unwirtschaftlichkeit als unverkäuflich und steht vor dem Untergang. 27.000 Arbeitsplätze sind in Gefahr. Die Zahl der Insolvenzen hat im Juli ein Zehnjahreshoch erreicht; 40 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Eine dramatische Bilanz, und es ist Ihre Bilanz, Herr Scholz. Die bedrohten Privathaushalte will Ihr Wärmepumpenminister Habeck, den ich hier heute vermisse – wo ist der Minister Habeck eigentlich bei dieser Debatte? –, dazu noch zwingen, für die politisch geforderte Demontage von perfekt funktionierenden Gasnetzen zu bezahlen. Der Haushalt, den Sie nach mehreren vergeblichen Anläufen schließlich vorgelegt haben, ist so dilettantisch und zusammengeschustert wie Ihre gesamte Regierungskoalition. Sie knöpfen den Bürgern Steuergelder und Abgaben in Rekordhöhe ab und kommen trotzdem nicht aus. Sie türmen Schuldenberg auf Schuldenberg, und es reicht Ihnen nicht. Um es klar zu sagen: Dieser Haushalt ist eine Unverschämtheit und an Unseriosität nicht mehr zu unterbieten. Während Sie versuchen, die Bürger mit Alibipolitik und Migrationsgipfeln zu beschwichtigen, finden jeden Tag immer weiter Messerattacken und Vergewaltigungen durch illegale Migranten statt. Sie zelebrieren kurz vor den Landtagswahlen eine absurde Luxusabschiebung von ganzen 28 afghanischen Schwerstkriminellen und geben ihnen noch ein fürstliches Handgeld von 1.000 Euro mit auf den Weg. Das sind zwei afghanische Jahresgehälter: der Lohn für Mord und Vergewaltigung und eine weitere Einladung zu illegaler Migration. Zur gleichen Zeit finanziert das Bundesinnenministerium unter Nancy Faeser ein Portal, das in neun Sprachen zu Tipps und Tricks gegen die eigene Behörde aufruft, um Abschiebungen zu entgehen. Diese Bundesregierung sabotiert Abschiebungen, indem sie per Chancen-Aufenthaltsrecht Aufenthaltstitel verteilt und Ausreisepflichtigen auch noch zusätzlichen Rechtsbeistand auf Kosten der Steuerzahler verschafft. Der Attentäter von Solingen konnte sich seiner Rückführung nach Bulgarien auch deswegen monatelang entziehen, weil eine grüne Ministerin Abschiebungen hintertreibt und ein CDU-Ministerpräsident sie gewähren lässt. Mehr als die Hälfte des Jahres arbeiten die Steuerzahler für einen Staat, der illegale Migranten ins Land lockt und den Bürgern die Sicherheit raubt, die er ihnen schuldig ist. Die Opfer von Solingen könnten noch leben und unversehrt sein, würden die Verantwortlichen nach Recht und Gesetz handeln. Das heißt zuerst und vor allem, illegale Migranten gar nicht erst ins Land zu lassen, sondern die Grenzen zu schließen und jeden zurückzuweisen, der ohne Rechtsanspruch und ohne Papiere nach Deutschland eindringen will – nicht vorübergehend, sondern für immer. Das ist im Übrigen keine Option, das ist eine rechtliche Verpflichtung, die Sie haben. Artikel 16a Grundgesetz sagt klar: Einreisende aus sicheren Drittstaaten haben keinen Asylanspruch. § 18 Asylgesetz legt fest, dass die Zurückweisung dieser Illegalen nicht nur zulässig, sondern geboten ist. Keine europarechtliche Verpflichtung setzt diese Regelung--- Können Sie bitte ein bisschen leiser sprechen hinter mir? Ja, das stört. Das machen wir ja auch nicht. Also: Keine europarechtliche--- Es ist der reinste Kindergarten mit Ihnen, und die nächste Wahl wird kommen. Ich fange das dritte Mal an, damit Sie auch die Gesetze kennen: Keine europarechtliche Regelung setzt das außer Kraft. Kein souveräner Staat kann gezwungen werden, Einreisen gegen sein Recht und seinen Willen zu dulden. Und dann kam eine CDU-Kanzlerin. Diese Kanzlerin hat dieses geltende Recht vor neun Jahren mit einem Federstrich weggewischt und eine Herrschaft des Unrechts etabliert, die Deutschland zugrunde richtet. Darum ist alles Makulatur, was die CDU Ihnen heute erzählt und Herr Merz nachher erzählen wird. Die Realpolitik der CDU sehen wir im Übrigen in Berlin. Hier, im CDU-regierten Berlin, explodiert die Zahl der Einbürgerungen. Es gibt kaum Ablehnungen von Einbürgerungsgesuchen: 60 Prozent mehr Einbürgerungen in Berlin in den ersten acht Monaten dieses Jahres als im gesamten Vorjahr! So sieht CDU-Politik aus. Massenmigration und migrationspolitischer Kontrollverzicht haben tödliche Folgen. Wir brauchen die Migrationswende, und zwar sofort. Nichtdeutsche greifen sechsmal häufiger zum Messer und begehen siebenmal häufiger Sexualdelikte als deutsche Staatsangehörige. So hat der Chef der Bundespolizei, Romann, zuletzt die Lage zusammengefasst. Seit 2017 wurden laut Zahlen des BKA mehr als 52.000 Frauen Opfer eines Sexualdelikts durch Asylmigranten; Hauptherkunftsländer: Syrien, Afghanistan, Irak. Die Zahl der Gruppenvergewaltigungen stieg im letzten Jahr auf 761; mehr als zwei dieses grauenhaften Verbrechens an jedem Tag. Bei 209 Gruppenvergewaltigungen im Land Nordrhein-Westfalen sind fast drei Viertel der Tatverdächtigen Nichtdeutsche oder haben einen offenkundigen Migrationshintergrund. Rund zwei Drittel der Tatverdächtigen in der Bandenkriminalität sind Nichtdeutsche. Ja, worauf warten Sie also noch? Schieben Sie diese Verbrecher endlich ab! Gegen explodierende Migrantenkriminalität helfen nur sofortige robuste Maßnahmen: ein striktes Moratorium für Einwanderung, Aufnahme- und Einbürgerungsstopp von allen Migranten für mindestens fünf Jahre und keine Einbürgerung von Menschen, die in unserem Sozialsystem hängen, Schließung der Grenzen, ausnahmslose Zurückweisung aller Illegalen, sofortige Ausweisung aller Illegalen und Straftäter, Beseitigung aller finanziellen, rechtlichen und sozialstaatlichen Anreize, Sach- statt Geldleistungen und endlich der Umbau des Asylrechts. Das würde eine verantwortungsvolle AfD-geführte Regierung jetzt tun. Sie alle haben das migrationspolitische Staatsversagen in den letzten Jahren und Jahrzehnten aktiv vorangetrieben. Mehr noch: Sie haben die Wege der Vernunft ausgeschlagen und stattdessen die Gesellschaft gespalten. Sie haben Kritiker systematisch diffamiert, mit Ungeziefervergleichen und übelster Fäkal- und Nazisprache entmenschlicht und den Geheimdienst auf sie angesetzt. Herr Hofreiter von den Grünen hat mit seiner Forderung, die Plattform X zu verbieten, die hässliche Fratze des totalitären Ungeistes aufgezeigt, der Sie beherrscht. Das heißt auch: Sie halten die Meinungsfreiheit für gefährlicher als den schrankenlosen Import von Mördern und Terroristen. Statt im fairen Ringen die beste Lösung zu suchen, berauben Sie die Opposition wichtiger parlamentarischer Rechte. Sie verweigern uns bis heute uns zustehende Posten im Bundestagspräsidium, in entscheidenden Gremien, in den Ausschüssen. Damit berauben Sie Millionen Wähler ihrer vollen parlamentarischen Vertretung. Sie sind die wahren Demokratie- und Rechtsstaatsverächter. Mit fadenscheinigen Manipulationen wollen Ihre Genossen und Kollegen in Sachsen und Thüringen diesen Wählerbetrug fortsetzen und die Kraft, der ein Drittel der Wähler einen ganz klaren Auftrag gegeben hat, mit allen Mitteln von der Regierung und ihren Rechten fernhalten. Ihre demokratische Mitte, die Sie dafür konstruiert haben, ist so demokratisch wie das mittlere D der DDR. Im Wahlkampf schreibt die CDU von der AfD ab, lehnt aber alle Anträge von uns ab – komisch! –, und nach der Wahl reiht sie sich in die linke Einheitsfront ein. Das ändert aber nichts an unserer Entschlossenheit, im Interesse unseres Landes diese Groteske abzustellen, und das spätestens in der nächsten Wahlperiode, die hoffentlich nicht erst in einem Jahr beginnt. Denn so lange kann Deutschland nicht mehr auf Reformen warten, und so lange hält das unser Land auch nicht mehr aus. Wer echte Veränderung und Reformen will, der wählt die Alternative für Deutschland. Ich bedanke mich. Da die Information über die Erkrankung von Herrn Habeck wohl nicht bei allen Fraktionen angekommen ist, will ich das hier einmal richtigstellen: Herr Habeck ist erkrankt und kann heute nicht an der Plenarsitzung teilnehmen. Jetzt hat das Wort als Nächste für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Katharina Dröge. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meine Rede heute mit einem Bild anfangen, das mir einmal gezeigt wurde. Das Bild zeigte eine Blumenwiese mit Schmetterlingen. Das Bild wurde gemalt von einer Frau, die vor einigen Jahren nach Deutschland geflohen ist. Sie war auf der Flucht unterwegs mit einer Gruppe von Menschen, als sie überfallen wurde. Sie selbst wurde an einen Baum gebunden und musste dort mit ansehen, wie viele andere Menschen aus dieser Gruppe vergewaltigt und ermordet wurden. Die Blumenwiese mit den Schmetterlingen auf diesem Bild: Das ist die Wiese, auf die sie dabei geschaut hat, die Wiese, unter der die Menschen begraben wurden. Dieses Erlebnis hat sie so traumatisiert, dass sie aufgehört hat, zu sprechen. Das Bild wurde im Rahmen einer Psychotherapie gemalt, die die Caritas angeboten hat. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es sind zuallererst diese Menschen, über die wir sprechen, wenn wir miteinander über das Thema „Flucht und Asyl“ diskutieren; Menschen, denen das Schlimmste passiert ist, was wir uns vorstellen können; Menschen, die hier nichts anderes suchen als die Möglichkeit, ein Leben in Sicherheit und Frieden zu führen. Dafür gibt es das Recht auf Asyl, und deshalb müssen wir es schützen. Wir alle miteinander als demokratische Parteien haben eine Verantwortung, wenn wir über Menschen reden, die auf der Flucht sind, nämlich die Verantwortung, zu differenzieren. Es ist möglich, mit großer Klarheit darüber zu sprechen, dass es Menschen gibt, die zu Recht hier bei uns Schutz suchen, und darüber zu sprechen, dass es Menschen gibt, die den Schutz, den wir hier gewähren, missbrauchen. Es ist möglich, sonnenklar darüber zu sprechen, dass Menschen, die hier schwere Verbrechen begehen, bis hin zu Mord und Terror, jeden Anspruch auf Schutz in unserem Land verloren haben und dieses Land verlassen müssen. Es ist möglich, darüber zu sprechen, wie schockiert, entsetzt und traurig wir über den furchtbaren Terroranschlag von Solingen sind. Glauben Sie mir – ich selbst bin Kölnerin –, ich habe mich an dem Abend gefragt, ob Freunde von mir auf diesem Stadtfest sind und ob es ihnen wohl gut geht. Es ist möglich, über all das in großer Klarheit zu sprechen und gleichzeitig zu differenzieren, gleichzeitig so darüber zu sprechen, dass wir die anderen eben nicht treffen; die anderen, die damit schlicht und einfach nichts zu tun haben – so wie die Frau, die das Bild mit dem Schmetterling gemalt hat. Wenn ich mir die politische Debatte in den letzten Wochen oder vielleicht sogar Monaten anschaue, dann muss ich aber sagen: Diese Differenzierung gelingt immer weniger Demokraten in diesem Haus, und ich finde, das ist ein großes Problem. Ja, wir müssen über den gewaltbereiten Islamismus sprechen – nicht erst seit Solingen, sondern schon seit vielen Jahren. Islamismus gehört zu den größten Gefahren für unsere Gesellschaft. Der radikale Islamismus vergiftet die Köpfe der Menschen. Er führt zu Gewalt, Unterdrückung und Tod. Deshalb ist es richtig, mit aller Entschiedenheit, mit aller Entschlossenheit und mit aller Härte gegen Islamismus vorzugehen. Ich sage Ihnen ganz klar: Wir haben null Toleranz gegenüber Gefährdern. Wer hier Anschläge oder Attentate plant, der muss abgeschoben werden; das fordern wir Grünen schon seit Langem. Und wer im schlimmsten Fall einen solchen Anschlag wie den in Solingen begangen hat, hat jedes Recht auf Schutz durch Asyl verloren. Aber für Sicherheit braucht es mehr. Es braucht eine engmaschige Überwachung auch deutscher Gefährder. Es braucht ein Bundesamt für Verfassungsschutz, das noch stärker als Frühwarnsystem agieren kann, um Gefahrenpotenziale auch wirklich zu erkennen. Es braucht ein noch entschlosseneres Vorgehen gegen die Radikalisierung im Netz; denn das Gift des Islamismus erreicht die Köpfe der Menschen nicht nur im Ausland, sondern auch hier. Deswegen ist es so wichtig, gegen Radikalisierung vorzugehen. Prävention und Aufklärung sind ganz entscheidende Teile einer Strategie für mehr Sicherheit. Man sollte darüber sprechen, was wirklich mehr Sicherheit für die Menschen in diesem Land bringt. Was allerdings überhaupt nichts bringt – wirklich kein Stück mehr Sicherheit –, ist, wenn man versucht, in den Nachwehen eines furchtbaren Terroranschlags mit den Ängsten der Menschen Wahlkampf zu machen, so wie Sie, Herr Merz, das nach Solingen getan haben. Sie, Herr Merz, haben keinen Vorschlag gemacht, wie man Islamismus gezielt bekämpfen kann. Was Sie stattdessen zwei Tage nach Solingen vorgeschlagen haben, war ein sofortiger Aufnahmestopp für alle Menschen aus Syrien und Afghanistan. „Alle“, das heißt auch die jesidischen Frauen, die verschleppt, vergewaltigt und versklavt wurden, gerade von den Terroristen des „Islamischen Staates“, und zu uns geflohen sind. „Alle“, das heißt auch die Menschenrechtsaktivisten, die sich in Afghanistan den Taliban entgegenstellen, und auch die Frauen und Mädchen, die in Afghanistan auf der Straße kein Wort mehr sprechen können. Alle! Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, Herr Merz: Wer einen Vorschlag macht, der nicht mehr differenziert zwischen den Terroristen und ihren Opfern, der scheitert zu Recht, und zwar an jedem Gesetz, das sich Deutschland, die Europäische Union und die internationale Staatengemeinschaft seit dem Zweiten Weltkrieg gegeben haben. Ich sage Ihnen: Das ist nicht nur eine Politik ohne Herz, sondern auch eine Politik ohne Sinn und Verstand. Kluge Politik behält den Überblick gerade nach so einem furchtbaren Anschlag und konzentriert sich auf das, was wirklich hilft. Das ist ein Sofortprogramm zur Stärkung der inneren Sicherheit in diesem Land, zum Beispiel durch eine bessere Unterstützung unserer Polizei. Polizisten haben in den letzten Wochen Großartiges geleistet. Sie haben viele Menschenleben geschützt. Dafür möchte ich einmal im Namen des ganzen Hauses Danke sagen. Aber ich glaube, viele Polizistinnen und Polizisten können dieses Danke mittlerweile von uns nicht mehr hören. Sie wünschen sich ganz reale Unterstützung in ihrer täglichen Arbeit: reale Unterstützung bei der Ausstattung, sodass sie bei Kontrollen nicht mehr im Regen stehen, reale Unterstützung für einen funktionierenden Digitalfunk, der da eingesetzt wird, wo er wirklich gebraucht wird, oder auch einfach mehr Kolleginnen und Kollegen angesichts der vielen Überstunden, die unsere Polizisten täglich in diesem Land leisten. Darüber hätten wir gerne mit Ihnen von CDU und CSU in der Arbeitsgruppe, die Sie gestern vorzeitig verlassen haben, gesprochen. Denn für so etwas braucht man auch die Bundesländer. Für die Polizei sind auch die Bundesländer zuständig, in denen Sie viele Innenminister stellen. Aber Sie als Union hat das nicht mal interessiert. Sie wollten mit uns nicht über die Situation der Polizei sprechen. Sie wollten mit uns nicht über eine Verschärfung des Waffenrechts sprechen. Sie wollten mit uns nicht über eine Bekämpfung der Organisierten Kriminalität sprechen. Sie wollten mit uns nicht über Befugnisse der Nachrichtendienste und Sicherheitsbehörden sprechen. Sie wollten mit uns nicht über einen Schutz der kritischen Infrastruktur sprechen. Die innere Sicherheit in diesem Land hat Sie schlicht und einfach nicht interessiert. Das ist ein Armutszeugnis für die Union; das muss ich Ihnen so ehrlich sagen. Das Einzige, worüber Sie mit uns sprechen wollten, war das Thema Asyl. Auch wir wollten mit Ihnen über das Thema Asyl sprechen. Es macht Sinn, wenn Bund und Länder sich gemeinsam an einen Tisch setzen und schauen – gerade nach Solingen –, wie man es schafft, dass die Dublin-Verfahren besser ablaufen und Behörden schneller zusammenarbeiten können; denn offensichtlich hat das nicht überall funktioniert. Es macht Sinn, über die Vorschläge des Deutschen Richterbundes zu sprechen, der davor gewarnt hat, dass die mangelhafte personelle Ausstattung der Justiz dazu führt, dass diese zum Flaschenhals in der deutschen Asylpolitik wird. Es macht Sinn, gemeinsam über die europäische Asylpolitik zu sprechen, zum Beispiel über eine vorzeitige Umsetzung des GEAS, wie wir Ihnen das in der Arbeitsgruppe angeboten haben. Aber auch darüber wollten Sie nicht sprechen. Sie hatten an einem vernünftigen Dialog einfach kein Interesse; das ist eine große verpasste Chance. Der Kern der Demokratie ist die Fähigkeit zum Kompromiss. Unser Föderalismus baut darauf auf, dass Bund und Länder über den Bundesrat miteinander zusammenarbeiten. Und, Herr Merz, es ist ja nicht nur die CDU/CSU-Bundestagsfraktion vom Tisch aufgestanden. Es sind ja direkt all Ihre Ministerpräsidenten mitgegangen. Das ist eine verpasste Chance. Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes erwarten zu Recht, dass sich nicht jeder wie ein Kind im Sandkasten hinsetzt und sagt: Wenn ich nicht alleine bestimmen darf, spiele ich nicht mehr mit. So kann man doch kein Land regieren! Sie als Union haben im Kern auf einem einzigen Vorschlag beharrt, und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Dieser Vorschlag war leider Unsinn. Ich will jetzt nicht ewig darüber diskutieren, warum Ihr Vorschlag rechtlich nicht funktioniert. Das juristische Proseminar hatten Sie gestern. Ich will Ihnen stattdessen erklären, warum das in der Sache auch nicht funktioniert. Asylpolitik ist zu Recht europäisch geregelt; Asylpolitik funktioniert nicht national. Nur wenn die europäischen Staaten gemeinsam eine Lösung finden, lassen sich in dieser Frage nicht nur Humanität, sondern auch Ordnung auf dem europäischen Kontinent herstellen. Es ist doch naiv, Herr Merz, zu glauben, dass die anderen europäischen Staaten, wenn Deutschland seine Grenzen schließt, so wie Sie das vorgeschlagen haben, einfach zuschauen und gar nichts machen. Schauen Sie sich nur die – übrigens berechtigten – Reaktionen von Polen, Österreich und Tschechien an, die in den letzten Tagen vermehrt Grenzkontrollen durchgeführt haben. Der Vorschlag der Union würde im Kern dazu führen, dass in der europäischen Asylpolitik gar nichts mehr funktioniert. Kein Land würde noch Dublin-Rückstellungen akzeptieren, wenn wir unsere Grenzen schließen. Kein Land würde noch an den europäischen Außengrenzen Registrierungen durchführen, wenn eine faire Verteilung in der Europäischen Union nicht mehr funktioniert. Es gäbe ein absolutes Chaos. Das wäre das Ende jeglicher Regulierung, und die Geflüchteten wären trotzdem da. So ein Vorschlag kann den Kern der Europäischen Union kaputtmachen. Der Kern der Europäischen Union ist die Zusammenarbeit zwischen Staaten statt nationaler Alleingänge. Das sind Kooperation und Freundschaft in der festen Überzeugung, dass man Herausforderungen zusammen besser lösen kann. Ich bin aufgewachsen in einem Europa, das sich immer mehr auf diesen Weg gemacht und an die Idee der Zusammenarbeit geglaubt hat. Ich bin aufgewachsen in einem Europa, das seine Grenzen immer weiter geöffnet hat, statt sie zu schließen, in einem Europa, in dem ich schneller von Köln nach Brüssel fahren kann als nach Berlin, weil ich eben nicht irgendwo an der Grenze stehe, in einem Europa, das gemeinsam zu Wohlstand gekommen ist, weil es auf Zusammenarbeit setzt, statt Lkws in kilometerlangen Staus auf den Autobahnen zu blockieren. Und ich bin in einem Deutschland aufgewachsen, in dem es eine CDU gab, die an diese Idee geglaubt hat. Mit dem Vorschlag, den Sie hier machen, Herr Merz, verabschieden Sie sich nicht nur von der Politik von Angela Merkel. Sie verabschieden sich damit auch von der Politik von Helmut Kohl und Konrad Adenauer, und zumindest wir werden das nicht zulassen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir als Abgeordnete des Deutschen Bundestages haben großes Glück: Wir vertreten ein Land und eine Gesellschaft, auf die wir vertrauen können. Diese Gesellschaft hat in den letzten Jahren immer wieder gezeigt, dass sie gerade in Krisen in der Lage war, zu differenzieren, dass sie gerade in Krisen in der Lage war, Solidarität zu zeigen, und dass sie gerade in Krisen in der Lage war, Populismus und vernünftige Vorschläge voneinander zu unterscheiden. Ich kann nur an uns als Abgeordnete des Deutschen Bundestages appellieren: Lassen Sie uns die Politiker sein, die dieses Land auch vernünftig repräsentieren! Als Nächster hat das Wort für die FDP-Fraktion Christian Dürr. Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte heute Morgen zeigt, dass das in dieser Woche keine normalen Haushaltsberatungen sind. Die Migrationspolitik steht im Zentrum der Debatten in der deutschen Öffentlichkeit und auch hier im Deutschen Bundestag. In Wahrheit steht die Migrationspolitik bei vielen Menschen in Deutschland im Zentrum dessen, was sie bewegt, bereits seit dem Jahr 2015. Das furchtbare Attentat von Solingen hat uns eines gezeigt: Es ist notwendig, dass Demokratinnen und Demokraten, der föderale Bundesstaat, die Bundesländer und der Bund, an einem Strang ziehen müssen. Der Attentäter von Solingen war vollziehbar ausreisepflichtig nach Bundesrecht und übrigens auch nach europäischem Recht. Landesbehörden haben den späteren Attentäter nicht angetroffen. Er ist nicht abgeschoben worden. Es ist danach nichts passiert. Es wäre ein Leichtes, einer aktuell schwarz-grün geführten Landesregierung in Nordrhein-Westfalen die Schuld zuzuschieben. Ich glaube, man muss offen und ehrlich ergänzen: Dieses schreckliche Attentat und das Versagen der Behörden und des Staates hätten auch in anderen Bundesländern passieren können. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Fraktion, ich will auf die Gespräche des gestrigen Tages im Bundesinnenministerium zu sprechen kommen, weil die deutsche Öffentlichkeit – zu Recht – will, dass der Rechtsstaat handelt, und sich von unseren Gesprächen sehr viel erhofft. Der Parteivorsitzende der CDU, Herr Kollege Merz, hat vor genau einer Woche bei einer Rede auch die Änderung in der Programmatik der CDU Deutschlands beschrieben. Ich fand das sehr glaubwürdig, was er gesagt hat. Er hat gesagt: Es hat zweieinhalb Jahre gedauert, die Migrationspolitik der eigenen Partei fundamental zu ändern. Es hat zweieinhalb Jahre gedauert, eine um 180 Grad veränderte Position einzunehmen, weil auch die CDU Deutschlands zuvor, seit 2015, eine andere Politik gemacht und in der Bundesregierung vertreten hat. Es ist kein Geheimnis, dass auch meine Partei in der vergangenen Wahlperiode als Opposition hierzu Vorschläge unterbreitet hat und wir im Bundestagswahlprogramm beispielsweise sehr klare Positionen zur Ordnung und Regulierung der Migration bezogen haben. Ich sage aber auch eines in aller Klarheit, liebe Kollegen der Union – und ich halte das für sehr glaubwürdig, was Herr Merz seinerzeit, vor einer Woche, sagte –: Eine grundlegende Kurskorrektur einer Partei darf kein Selbstzweck bleiben, meine Damen und Herren. Weder – und das haben wir gelernt – Programme von Parteien noch das Bundesgesetzblatt ändern automatisch die Realität in Deutschland; das schafft nur echtes Handeln. Und das müssen die Demokraten im Hause und in Deutschland gemeinsam hinbekommen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Weg von 2015 hin zur migrationspolitischen Realität, dieser Kurswechsel darf kein Selbstzweck gewesen sein; denn es geht hier um unser Land. Was die Gespräche des gestrigen Tages betrifft – das haben eben einige Redner bereits gesagt; es ist gestern auch in einer Pressekonferenz öffentlich geworden –: Wir haben gestern Vorschläge gemacht, wie man Zurückweisungen rechtssicher und effektiv umsetzen kann, auch indem man diejenigen, die nicht legal nach Deutschland einreisen wollen, vorübergehend festsetzt. Das ist vor allen Dingen auch deshalb wichtig, weil Deutschland von seinen europäischen Nachbarn ausschließlich durch eine grüne Grenze getrennt ist. Es ist wichtig, dass Zurückweisungen keine Scheinlösungen sind, sondern funktionieren, damit die Menschen wissen, dass wir die Sache wieder in den Griff bekommen wollen. Es ist kein Geheimnis, dass CDU und CSU gesagt haben: Wir haben einen weiteren Vorschlag, nämlich die einfachen Zurückweisungen direkt an den Grenzpunkten. Neben der von mir erwähnten Frage nach der Effektivität stellen sich – und das haben die Kollegen, die anwesend waren, ja auch freimütig zugegeben – in einem Rechtsstaat zu Recht Rechtsfragen, und die werden zu Recht im Rechtsstaat gestellt. Der Bundesjustizminister und die Bundesinnenministerin haben das Angebot gemacht, trotz der allgemein anerkannten rechtlichen Unsicherheit, die ja auch Sie in den Gesprächen schon in der vergangenen Woche richtigerweise eingeräumt haben, auch einfache Zurückweisungen an der Grenze durchzuführen. Meine Damen und Herren, ich glaube, für eine Blockade in der Frage der Ordnung und Begrenzung der Migration haben die Menschen in Deutschland kein Verständnis mehr. Deswegen lautet meine herzliche Bitte, das, was vorgeschlagen worden ist – übrigens auch in Bezug auf die Flughäfen; denn auch über diese erfolgt irreguläre Migration; diejenigen, die dort illegal einreisen wollen, gilt es ebenfalls festzusetzen –, flächendeckend an den deutschen Außengrenzen umzusetzen – trotz der Kritik der europäischen Partner –, genauso wie den Vorschlag, den die Union in Bezug auf einfache Zurückweisungen vorgetragen hat, und gemeinsam die Rechtskonsequenzen zu tragen. Ich sage das mit aller Deutlichkeit und angesichts dessen, was gestern gesagt worden ist. Das alles kann angesichts der bitteren Lehre, die wir aus Solingen gezogen haben, ausschließlich gemeinsam funktionieren. Der Bund ist im föderalen Rechtsstaat zwingend auf die Bundesländer angewiesen. Ich will auf die 90er-Jahre zu sprechen kommen. Es gab in den 90er-Jahren zwei politische Situationen. Eine ist vorhin bereits dargestellt worden von einigen Rednern, nämlich der Asylkompromiss von 1992 und 1993. Es gab auch eine andere Situation; ich schaue in Richtung der Kollegen der SPD. Es gab die Situation, dass sich der damalige saarländische Ministerpräsident und Parteivorsitzende der SPD dazu entschieden hat, grundsätzlich, auch über die Länderkammer, zu blockieren. Ich glaube, das wäre falsch. Dieser Herr ist ja mittlerweile Mitglied einer ganz anderen Partei, mit der Sie ja noch Gespräche beispielsweise in Thüringen und Sachsen führen werden. Ich sage an dieser Stelle: Vorsicht an der Bahnsteigkante! Aber worauf ich hinauswill: Der Asylkompromiss ist 1992/1993 gelungen, weil die damalige sozialdemokratische Opposition sich ein Herz gefasst hat und bereit war, gemeinsam mit der schwarz-gelb geführten Bundesregierung das umzusetzen. Das wäre jetzt das Gebot der Stunde, und dazu sind alle Demokraten eingeladen, auch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU, lieber Herr Kollege Merz. Richtig ist – das haben der Bundeskanzler und auch am Morgen selbst der Kollege Alexander Dobrindt in seiner unnachahmlich freundlichen Art und Weise gesagt –: Migration hat einen weiteren Aspekt. Wir sind händeringend auf die Fachkräfteeinwanderung in unseren Arbeitsmarkt angewiesen. Ich habe es damals sehr bedauert, als die Union gegen das Fachkräfteeinwanderungsgesetz dieser Regierung gestimmt hat. Denn der zentrale Satz gerade bei der Ordnung der Migration in Deutschland und auch vor dem Hintergrund unserer wirtschaftlichen Herausforderung – da ist die gigantische Mehrheit der Menschen in Deutschland sehr realistisch – muss doch lauten: Es muss einfacher sein, nach Deutschland zu kommen, um zu arbeiten, als nach Deutschland zu kommen und nicht zu arbeiten, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das muss die Botschaft der Stunde sein. Gleichzeitig – auch das will ich aufgreifen; ich komme noch auf den Haushalt zu sprechen – stehen wir vor sehr großen ökonomischen Herausforderungen. Dass unsere Wettbewerbsfähigkeit seit 2014 nachgelassen hat, ist hier mehrfach erwähnt worden. Ich appelliere auch hier, gemeinsam zu handeln, wo es notwendig ist. Ich komme gleich darauf zu sprechen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union. Lieber Alexander Dobrindt, mich hat gewundert, dass Sie, als Sie hier gerade über die Frage der Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes gesprochen haben, den Eindruck erwecken wollten, dass es vorher wunderbar lief und Mitte Dezember 2021 sich auf einmal alles fundamental geändert hat. Ich habe nicht vergessen, lieber Kollege Dobrindt – ich will Ihnen nur zwei Beispiele nennen –, welcher CSU-Minister im Kabinett von Frau Merkel das Lieferkettengesetz in Deutschland, das der Mittelstand zu Recht beklagt, vorgeschlagen und mit Mehrheit durchgesetzt hat und welche Partei auf europäischer Ebene das Verbrennerverbot durchgesetzt hat. Welche Partei war denn da in Verantwortung, liebe Kolleginnen und Kollegen? Der Bericht von Herrn Draghi zur Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union spricht Bände. Seit 2019 hat allein die Europäische Union 13.000 Rechtsakte erlassen. Zum Vergleich: In den Vereinigten Staaten von Amerika waren es in der gleichen Zeit 3.500. Ja, wir brauchen die Zeitenwende in der Geopolitik; darüber ist viel gesprochen worden. Diese hat Deutschland eingeleitet, auch durch das Sondervermögen, an dem Sie mit uns gemeinsam gearbeitet haben, und durch das, was wir tun, um die Ukraine zu unterstützen. Aber eine solche Zeitenwende brauchen Deutschland und Europa eben auch in der Wirtschaftspolitik, in der ökonomischen Situation. Unser gemeinsames Ziel muss doch sein, das, was wir im Rahmen der Wachstumsinitiative national tun können, jetzt auch anzugehen. Das beginnt mit dem Bundeshaushalt 2025; denn wir wollen wieder auf den Wachstumspfad zurückkommen. Das gilt aber ganz genau so auch auf europäischer Ebene. Ich habe den Wahlkampf der CDU/CSU zur letzten Europawahl nicht vergessen, in dem Sie viele Versprechungen gemacht haben. Ich lade Sie ein, liebe Kolleginnen und Kollegen, gemeinsam nach Brüssel zu fahren und diese Versprechungen auch gegen Frau von der Leyen durchzusetzen, damit wir bei der ökonomischen Prosperität unseres Kontinents wieder nach vorne kommen. Kurzum: Wir werden in den kommenden Tagen einen Haushalt beraten, der auch unmittelbar mit dem wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes verbunden sein muss. Denn die Umsetzung dessen – der Finanzminister hat es gestern bei der Einbringung gesagt –, was wir uns für das Jahr 2025 vorgenommen haben, hängt auch von ökonomischen Reformen in diesem Jahr ab. Der Haushalt 2025, meine Damen und Herren, ist an zwei Punkten an eine Wende gekommen und hat endgültig abgeschlossen mit der Politik der Vorgängerregierung. Wir halten die Schuldenbremse ein. Das ist ein verfassungsrechtliches und politisches Versprechen, übrigens auch meiner Partei. Und wir haben gezeigt, was richtigerweise zu geschehen hat. Man kann solide Finanzen gewährleisten und gleichzeitig die Investitionen in die Zukunft – in die Infrastruktur, in die Straße, in die Schiene, und in die Bildungsinfrastruktur – auf ein Rekordniveau bringen. Das Jahr 2025 und dieser Haushalt stehen auch für eine Investitionswende für die Zukunft unseres Landes: weg von der Subventionitis der Vergangenheit, hin zu Investitionen und marktwirtschaftlicher Prosperität. Das ist das Gebot der Stunde, meine Damen und Herren. Und auch das sollten wir gemeinsam angehen. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Als Nächster hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion Friedrich Merz. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute, auf den Tag genau vor 23 Jahren – es war auch eine Haushaltswoche im Deutschen Bundestag –, sind in New York die Twin Towers und in Washington das Pentagon von islamistischen Terroristen angegriffen worden. Fast 3.000 Menschen haben bei diesem schwersten Terrorakt, den die Vereinigten Staaten von Amerika jemals erlebt haben, ihr Leben verloren. Und seit mehr als zweieinhalb Jahren tobt nun der russische Angriffskrieg in der Ukraine, dem mittlerweile allein unter der ukrainischen Zivilbevölkerung über 12.000 Menschen zum Opfer gefallen sind, darunter fast 1.000 Kinder. Herr Bundeskanzler, Sie haben wenigstens die Ukraine angesprochen. Beide Daten, der 11. September 2001 und der 24. Februar 2022, markieren das, was Sie zu Recht als Zeitenwende bezeichnet haben. Und auch der 7. Oktober 2023 gehört in diese Aufzählung von Daten, der Tag des Angriffs der Hamasterroristen auf Israel. Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei allen kontroversen Debatten, die wir führen: Wir dürfen diese Daten nie vergessen, und wir müssen vor allem immer und immer wieder sagen, auf wessen Seite wir stehen. Wir stehen nicht nur abstrakt auf der Seite von Freiheit und Frieden. Wir stehen sehr konkret an der Seite der Menschen, an der Seite derjenigen, die bis zum heutigen Tag Opfer von Terror und Krieg geworden sind, und derjenigen, die täglich hinzukommen. Und jenseits aller Details unserer Haushaltsberatungen muss für unser Land klar sein und klar bleiben, dass wir uns an Terror und Gewalt, dass wir uns an den Krieg gegen die Ukraine niemals gewöhnen und dass wir diesen Krieg immer als das bezeichnen, was er ist, nämlich ein brutaler, völkerrechtswidriger Angriffskrieg mit täglich schwersten Kriegsverbrechen gegen ein unschuldiges Land und gegen eine unschuldige Zivilbevölkerung. Es bleibt unsere Pflicht, der Ukraine zu helfen, fest an ihrer Seite zu stehen und vor allem nicht den Eindruck zu erwecken, wir könnten mit einer elegant daherkommenden Friedens- und Diplomatierhetorik einen Kriegsverbrecher wie Putin zum Aufgeben bewegen. Putin wird – wenn überhaupt – erst dann an den Verhandlungstisch kommen, wenn er die Aussichtslosigkeit weiterer militärischer Gewalt erkennen muss. Ob und wann er dies gegebenenfalls erkennt, meine Damen und Herren, liegt auch mit in unserer Hand, an unserer Bereitschaft, der Ukraine weiter unsere Hilfe zukommen zu lassen. Zwar unvergleichbar, aber auch unser Land steht in diesen Wochen und Monaten vor einer ganzen Reihe großer Herausforderungen. Das Thema Migration bewegt die Menschen in Deutschland seit vielen Monaten, vor allem die unbewältigte Migrationskrise. Und spätestens seit dem Terrorakt von Solingen ist den meisten von uns wohl endgültig klar geworden, dass es so, wie es bisher war, einfach nicht weitergehen kann. Ich habe gesagt: spätestens seit diesem Tag. Lassen Sie mich zunächst einmal klarstellen, worum es uns und auch mir persönlich in dieser Diskussion und dem gesamten Kontext der Diskussion um Einwanderung und Integration besonders in diesen Tagen und Wochen geht. Deutschland muss ein offenes und ausländerfreundliches Land bleiben. Viele Menschen mit Migrationshintergrund, wie wir sagen, leben und arbeiten seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten in Deutschland, und ohne sie könnten Krankenhäuser, Altenpflegeheime, viele weitere soziale Einrichtungen, aber auch Schulen, Gastronomiebetriebe und zahlreiche Unternehmen in Deutschland keinen Tag erfolgreich arbeiten. Deshalb brauchen wir diese Menschen. Wir brauchen in den nächsten Jahren möglicherweise sogar eher mehr von ihnen. Sie sind uns willkommen. Und deswegen stehen wir als Union und als Bundestagsfraktion klar und unmissverständlich gegen jede Form von Fremdenhass und Ausländerfeindlichkeit. Dass Sie da Zwischenrufe machen, ehrlich gesagt, verstehe ich nicht. Da hätten Sie eigentlich Beifall geben müssen. Wir dürfen gleichzeitig, liebe Kolleginnen und Kollegen, vor zwei Entwicklungen die Augen nicht verschließen. Zum einen: Die schlichte Zahl derer, die in den letzten Jahren zu uns gekommen sind und die bisher nicht in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt integriert werden konnten, ist einfach zu hoch. Und unter denen, die gekommen sind, ist eine kleine Minderheit – es ist nicht mehr, aber auch nicht weniger –, eine kleine Minderheit vor allem von jungen Männern, die sich nicht an die Regeln halten wollen, die in unserem Land gelten. Und über die müssen wir sprechen. In der großen Sorge vor weiteren Straftaten, aber auch vor dem Hintergrund einer weiter zunehmenden Abneigung gegen unsere demokratische Ordnung, eines Zweifels in unserer Bevölkerung an der Handlungsfähigkeit unseres Staates, Herr Bundeskanzler, habe ich Ihnen in der letzten Woche eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen, die nach unserer Auffassung jetzt schnell umgesetzt werden müssen, damit wir gemeinsam diese Probleme in den Griff bekommen. Der wesentliche Teil meiner Vorschläge war und bleibt unverändert: die wenigstens auf Zeit angelegte Zurückweisung aller Asylbewerber an den deutschen Staatsgrenzen, die allesamt nach den Regeln der Europäischen Union in dem Land, in dem sie zuerst eingereist sind, einen Asylantrag hätten stellen müssen. Das sind die Regeln, die in Europa gelten. Wir haben uns darüber mit Ihrer Koalition gestern nicht verständigen können. Aber nach unserer festen Überzeugung sind und bleiben umfassende Zurückweisungen an den deutschen Staatsgrenzen rechtlich zulässig, praktisch möglich und im Lichte der gegenwärtigen Lage sogar politisch geboten. Meine Damen und Herren, die von Ihnen gestern unterbreiteten Vorschläge bleiben nach unserer Auffassung hinter diesen Notwendigkeiten weit zurück. Deshalb begeben wir uns – ich bitte um Nachsicht – mit Ihnen auch nicht in eine Endlosschleife von Gesprächen. Sie treffen die Entscheidungen in der Regierung. Und alles Weitere können wir hier im Deutschen Bundestag weiter diskutieren. Lassen Sie mich an dieser Stelle zwei Anmerkungen machen. Die erste ist: Anders als 1992/93 sprechen wir hier nicht über eine Grundgesetzänderung. Sie brauchen uns nicht für diese Entscheidungen. Wir wollen sie mit Ihnen treffen. Aber wenn sie unzureichend sind, dann muss das Nein zu Ihren Vorschlägen aus der Mitte des Parlamentes kommen und nirgendwo anders her. Und deswegen sagen wir Nein zu Ihren Vorschlägen. Herr Bundeskanzler, eine persönliche Bemerkung. Sie haben hier heute Morgen vorgetragen, es sei sozusagen mein Drehbuch gewesen, mit Ihnen Gespräche zu führen und unabhängig vom Ausgang dieser Gespräche mit großem Aplomb aus diesen Gesprächen auszusteigen. Herr Bundeskanzler, wir haben in der letzten Woche ein, wie ich unverändert finde, sehr ernsthaftes Gespräch miteinander geführt. Ich habe Ihnen gesagt, warum ich mit Ihnen dieses Gespräch führe. Die Behauptung, dass dies gestern eine Inszenierung von mir gewesen sei, die Behauptung, dass dies eine Inszenierung mit den Ministerpräsidenten in Deutschland gewesen sei – Herr Bundeskanzler, ich kann es nicht anders sagen –, diese Behauptung ist infam; sie ist infam. Die zweite große Herausforderung, der wir uns in unserem Land gegenübersehen, ist die schwierige wirtschaftliche Lage; darüber ist heute Morgen schon von verschiedenen Rednern gesprochen worden. Die deutsche Wirtschaft, meine Damen und Herren, steckt nicht in einer konjunkturellen Krise, sondern in einer strukturellen Wachstumsschwäche, und dies nicht erst seit dem letzten Jahr. Ja, seit rund zehn Jahren erzielen wir in Deutschland keine nennenswerten Produktivitätszuwächse mehr. Dies wird an einer ganz einfachen Zahl deutlich: Wir haben zwar den höchsten Beschäftigungsstand – regen Sie sich doch nicht darüber auf, wenn ich das sage! ich sage es doch –, aber wir sind seit zehn Jahren nicht mehr in der Lage, die Produktivität unserer Volkswirtschaft zu steigern. Und das hat Ursachen, über die wir reden müssen. Der Beschäftigungszuwachs, den wir sehen und den wir immer gerne nennen, meine Damen und Herren, täuscht darüber hinweg: Es werden mit den rund 46 Millionen Beschäftigten, die wir heute haben – Erwerbstätigen, um es richtig zu sagen –, heute ziemlich genauso viele Arbeitsstunden geleistet wie vor zehn Jahren, als wir 3 Millionen Erwerbstätige weniger hatten. Meine Damen und Herren, aber dieser Trend hat sich in den letzten drei Jahren weiter beschleunigt. Wir haben in den Jahren Ihrer Regierungstätigkeit, Herr Bundeskanzler, in Deutschland rund 300.000 Arbeitsplätze in der Industrie verloren. Aus gutbezahlten Facharbeiterjobs sind zu Tausenden schlechter bezahlte Jobs und Teilzeitjobs in den Dienstleistungsberufen geworden. Und trotz dieses vordergründigen Aufwuchses der Erwerbstätigen steigt die Arbeitslosigkeit. Und obwohl an anderer Stelle dringend Facharbeiter gesucht werden, steigen Arbeitslosigkeit und Facharbeiterbedarf. Übrigens, lassen Sie mich an dieser Stelle einmal sagen – ein Aspekt, der praktisch nie beleuchtet wird –: 150.000 bis 200.000 Fachkräfte verlassen jedes Jahr die Bundesrepublik Deutschland. Wir haben eine Abwanderung von Fachkräften aus Deutschland, die einfach feststellen, dass sie mit ihren Fähigkeiten und ihren Möglichkeiten hier in Deutschland nicht mehr ausreichende Chancen haben, und das Land verlassen, meine Damen und Herren. Bevor wir uns über weitere Zuwanderung in den Arbeitsmarkt unterhalten und unterhalten müssen, lassen Sie uns doch mal darüber sprechen, woran es eigentlich liegt, dass so viele Fachkräfte das Land verlassen. Das hat auch etwas mit der Politik Ihrer Bundesregierung zu tun. Ach, Frau Esken! Vielen Dank für Ihren Zwischenruf! Und ich wünsche mir viele weitere Fernsehauftritte von Ihnen. Wenn Sie so weitermachen, dann schlage ich Sie noch als Ehrenmitglied der CDU vor. Machen Sie so weiter! Machen Sie so weiter mit Ihren Zwischenrufen und Ihren öffentlichen Auftritten! Meine Damen und Herren, einer der ganz wesentlichen Faktoren für die Dysfunktionalität unseres Arbeitsmarktes ist das von dieser Koalition eingeführte sogenannte Bürgergeld. Um einfach mal auch hier die Zahlen zu nennen: Wir haben in Deutschland fast 5,6 Millionen Bürgergeldempfänger. Von denen sind gut 4 Millionen erwerbsfähig. Herr Bundesfinanzminister, Sie haben gestern hier betont und offensichtlich betonen müssen, das dürfe man nicht als ein bedingungsloses Grundeinkommen verstehen. Aber die Mehrzahl der Bevölkerung versteht es genau so. In jedem zweiten Betrieb sagen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mittlerweile: Ich gehe jetzt ins Bürgergeld. Das ist doch genau das Problem, meine Damen und Herren. Und dieses Problem werden Sie nicht lösen, wenn Sie das ganze System nicht wieder vom Kopf auf die Füße stellen und wenn nicht wieder der Grundsatz gilt, dass in diesem Land derjenige, der arbeitet, nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen mehr verdient als derjenige, der nicht arbeitet und soziale Transferleistungen bekommt. Wenn Sie das nicht machen, werden Sie das Problem nicht lösen. Das Ganze, Herr Bundesfinanzminister, ist das krasse Gegenteil von dem, was Sie gestern von dieser Stelle aus gesagt haben. Es ist eben nicht eine durchgreifende Verbesserung der Angebotsseite. Sie verschlechtern mit jeder Entscheidung, die Sie in Ihrer Koalition treffen, die Wettbewerbsbedingungen für die deutsche Wirtschaft. Die Zahlen sind doch genannt worden, die Unternehmen auch. Wir verlieren massenhaft Industriearbeitsplätze. Und Herr Bundeskanzler, ich mag es überhört haben, aber dass Sie heute Morgen in Ihrer Rede kein einziges Wort zu Volkswagen gesagt haben, kein einziges Wort zu den Unternehmen gesagt haben, die zurzeit in vier- und fünfstelliger Zahl Beschäftigte entlassen, zeigt doch, in welcher Welt Sie leben. Sie sind nicht mehr in diesem Lande unterwegs – mit dem, was Sie hier heute Morgen vorgetragen haben. Ihre Wirtschaftspolitik ist nicht mehr marktwirtschaftlich orientiert, Ihre Wirtschaftspolitik ist eine Politik der beständigen Intervention in den Markt. Wir bewegen uns mehr und mehr in die Richtung einer Planwirtschaft. Und Herr Habeck ist genau der Repräsentant für diese Politik. Er erklärt uns ja öffentlich, das sei nun die moderne Wirtschaftspolitik, und das, was früher gewesen wäre, sei die alte Wirtschaftspolitik, die nicht mehr zukunftsfähig sei. Meine Damen und Herren, es gibt nicht alte und neue Wirtschaftspolitik, es gibt gute und schlechte Wirtschaftspolitik. Und Sie sind zurzeit mit der schlechtesten Wirtschaftspolitik unterwegs, die dieses Land seit Jahrzehnten gesehen hat. Wir müssen zurückkehren zu einer Wirtschaftspolitik, die die Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen in Deutschland verbessert und nicht nur für diejenigen, die eine besondere politische Aufmerksamkeit oder Zuneigung aus Ihrer Regierung erfahren. Wir brauchen eine Energiepolitik, die alle Möglichkeiten der Energieerzeugung ausschöpft, nicht nur Wind und Sonne. Da Sie nun mittlerweile mehr wissen, wo Sie aussteigen, als wo Sie einsteigen, sage ich Ihnen: Wir werden wahrscheinlich gar nicht umhinkommen, Energiepartnerschaften mit unseren Nachbarn in der Europäischen Union einzugehen, einschließlich von Unternehmensbeteiligungen und dem Bau von Kernkraftwerken und anderen Kraftwerken. Ja, die Reaktion ist völlig klar. Aber Sie kriegen ja noch nicht einmal die Gaskraftwerke gebaut, die wir nach Ihrem eigenen Bekunden in der Größenordnung von 50 Kraftwerken in Deutschland brauchen. Nicht eins genehmigt, geschweige denn eins im Bau oder gar am Netz! Sie kriegen in der Energiepolitik nichts mehr hin, meine Damen und Herren, gar nichts mehr. Wir brauchen andere Formen der Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur – ich komme gleich noch kurz auf die Staatsfinanzen zu sprechen. Aber, meine Damen und Herren, glauben Sie denn im Ernst, dass die gesamte Infrastruktur, die wir brauchen, nur aus öffentlichen Kassen bezahlt und finanziert werden kann? Wir brauchen eine Finanzierung aus öffentlichen Kassen, aber natürlich auch aus Nutzungsentgelten und privaten Mitteln. Es gibt genügend Investoren, die bereit sind, in Deutschland in die Infrastruktur zu investieren. Aber wenn Sie das nicht erlauben, wenn Sie das verbieten, dann kommen Sie zwangsläufig zu einer Diskussion über die Schuldenbremse. Und damit bin ich jetzt bei dem Thema, das uns in dieser Woche ja nun auch beschäftigt: Meine Damen und Herren, der Sozialhaushalt explodiert. Sie haben jeden Konsens zwischen älterer Generation und jüngerer Generation aufgekündigt. Sie machen eine Sozialpolitik einseitig auf dem Rücken der jungen Generation. Übrigens erstaunlich, dass von den Grünen da nichts kommt. Sie sind sonst immer mit Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit unterwegs, wenn es um die Umweltpolitik geht. Wo sind eigentlich Ihre Wortmeldungen bei der Sozialpolitik? Sie machen eine Sozialpolitik, die so brutal auf dem Rücken der jungen Generation ausgetragen wird, wie wir das in diesem Land noch nie gesehen haben. Die junge Generation, meine Damen und Herren, zahlt die Zeche für das, was Sie hier in der Sozialpolitik anrichten, und dafür, wenn Sie die Schuldenbremse aufheben. Herr Bundesfinanzminister, Sie haben es doch gestern hier selber gesagt: Mit Schuldenbremse sind Sie in der Lage, in zwei Jahren zusammen 100 Milliarden Euro neue Schulden zu machen. Stellen wir uns einmal einen kurzen Augenblick vor, wir hätten Ihnen in Ihrer Koalition zugestanden, ohne Schuldenbremse zu arbeiten. Wir hätten hier eine Explosion der Staatsverschuldung. Sie wären außer Rand und Band mit dem, was Sie hier an Ausgaben planen würden. Alleine für diese Koalition brauchen wir die Schuldenbremse für die nächste Zeit, damit Sie hier einigermaßen Disziplin wahren. Und ein Wort zu Europa, weil das hier angesprochen worden ist. Ich will das sehr klar sagen: Jetzt und in Zukunft werde ich alles tun, um zu vermeiden, dass sich diese Europäische Union in eine solche Verschuldungsspirale hineinbegibt. Das war eine Ausnahme. Die Ausnahme ist von den Verträgen gedeckt. Aber das, was Herr Draghi gestern vorgeschlagen hat, ist nicht gedeckt von den gegenwärtigen Bestimmungen der europäischen Verträge. Wir haben ein Schuldenaufnahmeverbot in Europa. Wenn er daran etwas ändern will, dann müssen die Verträge geändert werden. Ich kann nur für meine Fraktion und auch für die Europäische Volkspartei sagen: Ich werde alles tun, um zu verhindern, dass Europa auch den Weg in eine solche Verschuldung geht. Ich werde alles tun, um das zu verhindern. Aber, meine Damen und Herren, in der Kürze der Zeit war es mir einfach einmal wichtig, die Merkmale herauszustellen, die uns von Ihnen unterscheiden, sowohl in der Migrationspolitik als auch in der Wirtschafts- und in der Finanzpolitik. Sie mögen jetzt mit dem, was Sie hier machen, noch ein weiteres Jahr so regieren, wie Sie das seit nunmehr fast drei Jahren tun. Aber Sie werden es mir nachsehen, wenn ich sage: Wir möchten gerne eines Tages wieder ein bisschen stolz auf unser Land sein. Wir möchten ganz gerne eines Tages unser Land wieder auf Kurs bringen. Aber ich bitte um Nachsicht, wenn ich das so deutlich sage, mit der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland, und zwar mittlerweile jenseits aller parteipolitischen Grenzen: Wir trauen Ihnen das auf dieser Regierungsbank nicht mehr zu. Als Nächster hat das Wort für die SPD-Fraktion Dr. Rolf Mützenich. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir sollten nicht behaupten, dass die Herausforderungen und Aufgaben, vor denen wir stehen, schwieriger oder bedrückender sind als zu anderen Zeiten. Gestern haben wir 75 Jahre Deutscher Bundestag auf Einladung der Bundestagspräsidentin gefeiert; wir haben die Worte von Paul Löbe, dem ersten Alterspräsidenten – einer der wenigen Überlebenden der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion –, gehört. Es war anstrengend in diesen 75 Jahren, und dennoch, meine Damen und Herren: Eines ist offenkundig: An der Jahrtausendwende erleben wir eine Gleichzeitigkeit von inneren und äußeren Zuspitzungen, die sich gegenseitig noch verstärken, und die Herausforderungen betreffen jeden und das ganze Land. Und ja, zuletzt hat uns das Attentat von Solingen verstört und verbittert. Unsere Hilfsbereitschaft und unsere Humanität wurden missbraucht, um wahllos zu morden – in unserem Land. Dies ist nicht hinnehmbar und führt zu Konsequenzen, meine Damen und Herren, über die wir heute, aber auch morgen in der Debatte – und das ist eher ungewöhnlich in einer Haushaltswoche – noch mal sprechen. Aber ich finde, zur Realität, meine Damen und Herren, gehört genauso – und dies ist ja nun mal eine Haushaltsdebatte – eine Debatte zur Lage der Nation, zur Lage Europas, zur Lage der Welt. Die Kriege in der Ukraine und im Sudan stehen wie viele andere Schauplätze für ein gewalttätiges Jahrzehnt. Hinzu kommen unvorstellbare Hungersnöte, epidemische Krankheiten und Naturkatastrophen, die nur noch vom menschengemachten Klimawandel übertroffen werden. Deswegen müssen wir umso deutlicher erkennen – und ich finde, ein bisschen Bescheidenheit sollte in dieser Debatte auch eine Rolle spielen –, dass es weder einfache noch schnelle oder widerspruchsfreie Antworten gibt. Die Grenzen des Regierens sind auch hier offenkundig. Das Versprechen schneller Resultate, Herr Merz, bleibt eine Selbsttäuschung oder ist schlicht eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit, meine Damen und Herren. Daher möchte ich auch betonen, dass wir nicht gewählt wurden, um uns gegenseitig Achtlosigkeit vorzuwerfen, Sorgen zu vergrößern oder zu behaupten, man selbst wisse alles besser. Vielmehr bleiben Aufrichtigkeit, Lösungskompetenz und Verlässlichkeit erwünscht und notwendig. Ich sage das, meine Damen und Herren, für uns Sozialdemokraten: Wenn unsere Demokratie erneut und ernstlich auf die Probe gestellt wird, dann werden wir nicht zur Seite treten. Wir Sozialdemokraten werden kämpfen, zusammen mit dem Bundeskanzler und der Regierung, gegen diejenigen, die unsere Demokratie in diesen Tagen gefährden. Und auch das gehört heute zu dieser Debatte dazu, meine Damen und Herren, nicht nur, weil eine Demokratie ohne Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität unvollkommen ist, sondern – ich habe eben Paul Löbe erwähnt – weil wir Sozialdemokraten in den dunkelsten Zeiten unseres Landes die Demokratie verteidigt und danach wieder mit aufgebaut haben. Das treibt uns an. Andere mögen ihren Abgesang auf uns anstimmen, aber wir werden nicht aufgeben. Das ist unser Selbstverständnis und unsere Pflicht, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deswegen, um es vorweg in der Haushaltsdebatte zu sagen: Es ist gut, Herr Kollege Merz, dass wir für morgen eine Debatte über Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung und zu asylrechtlichen Fragen angesetzt haben – auf Verlangen der drei Koalitionsfraktionen – und hier einen Gesetzentwurf, der vorher die Zustimmung der gesamten Regierung erhalten hat, in der ersten Lesung debattieren. Wir wollen die neuen Vorschriften schnell verabschieden, aber auch gewissenhaft erörtern, auch mit Expertinnen und Experten. Deswegen sage ich: Auch die anderen Bereiche, über die seit einigen Tagen und insbesondere noch mal gestern Nachmittag gerungen wurde, bleiben für uns auf dem Tisch – auch dann, wenn sich die Opposition aus dem Staub macht. Ich sage klar: Wir werden auch ohne Sie weitere verantwortbare, nachvollziehbare und machbare Antworten geben. Ich sage sehr deutlich – und das haben auch Sie gesagt, Herr Kollege Merz –: Dafür brauchen wir Sie nicht. Aber was wir auch nicht brauchen, ist etwas, was in den letzten Tagen hier in Deutschland aufgeführt worden ist. Ich empfinde das – ich muss es so sagen – als Trauerspiel. Ich habe mehr aus Bulletins von Ihnen erfahren oder von Hintergrundgesprächen, als dass Sie ernsthaft mit uns gesprochen haben. Ich weiß nicht, ob Sie von Anfang an vorhatten, vom Tisch aufzustehen. Ich habe Sie in den letzten Wochen und Monaten immer wieder ermutigt, da, wo es möglich ist, mit uns in konstruktive Gespräche nicht nur einzutreten, sondern sie dann auch ernsthaft zu führen. Aber ich finde, indem Sie gestern gegangen sind, haben Sie der Demokratie und vielleicht auch sich selbst, Herr Kollege Merz, einen Bärendienst erwiesen. Denn mit Ultimaten und unsoliden Vorschlägen kann man dieses Land nicht regieren, und viele Menschen in unserem Land, Herr Kollege Merz, spüren das. Dass es in Ihrer Partei auch anders gehen kann, hat der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Herr Reul, bewiesen. Er hat gesagt, dass wir weder in der Politik noch in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken sollten, Verbote und Gesetzesverschärfungen allein wären die richtige Antwort; damit, allein das zu betreiben, würden wir uns verrennen. Das finde ich eine mutige Stimme aus Ihrer Partei, und vielleicht wäre dieses Maß und Mitte für diese Bundestagsfraktion mal ein Ankerpunkt für die Diskussion. Aber es kann auch sein, dass Sie das, was ich ein Trauerspiel nenne, auch deswegen aufführen, weil Sie eben im Geheimsten wissen: Da ist in Nordrhein-Westfalen unter einem CDU-Ministerpräsidenten etwas schiefgelaufen, offensichtlich eben nicht so gut wie das, was die Bundesgesetze auch erlaubt hätten. Ich weiß nicht, ob Sie Herrn Wüst einen Gefallen tun wollen; das müssten Sie am Ende selbst entscheiden. Aber wir werden nicht die Verantwortlichen aus ihrer Verantwortung lassen. Ich finde, das muss in Nordrhein-Westfalen aufgeklärt werden. Aber das muss auch mit ein bisschen Bescheidenheit von Ihnen in den Diskussionen hier einhergehen, Herr Kollege Merz. Deswegen sage ich auch: Meine Fraktion, meine Damen und Herren, ist bereit – und das sage ich auch an die Bundesregierung gerichtet –, diesen Quantensprung in der europäischen Asyl- und Flüchtlingspolitik, der mit der gemeinsamen Außen- und Asylpolitik mithilfe der Bundesregierung, mithilfe der Innenministerin, des Bundeskanzlers und auch der Außenministerin gelungen ist, jetzt so schnell wie möglich umzusetzen. Wenn es etwas schneller gehen könnte, wäre das gut; aber damit hat ja offensichtlich, Herr Kollege Merz, auch Ihre Parteikollegin Frau von der Leyen etwas zu tun. Sie ist dort in der Pflicht, und auch da, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden wir Sie nicht aus Ihrer Verantwortung entlassen. Aber wenn wir heute in der Haushaltsdebatte in einer Debatte über die Lage der Nation über eine Herausforderung sprechen, dann sollten wir auch über den Haushalt reden; denn das sind ja die politischen Antworten. Ich weiß, ich habe manches Geraune gehört, warum meine Fraktion vor der Sommerpause unbedingt darauf bestanden hatte, diesen Haushaltsentwurf zu kennen. Ich weiß nicht, was andere machen; ich weiß aber, was die 207 Mitglieder meiner Fraktion machen, wenn sie in der Sommerpause in ihre Wahlkreise zurückkehren: Da stellen sie sich den Bürgerinnen und Bürgern. Die wollen nämlich wissen: Was steht in diesem Haushalt für das kommende Jahr? Können wir uns darauf verlassen, dass es auch weitergeht mit der Unterstützung, mit den Hilfen, dass es in den Gemeinden und in den Städten besser wird? Das war der Grund, warum wir den Entwurf kennen wollten. Wir haben einige überzeugt, die ja vielleicht noch nicht mal bis heute bereit gewesen wären, diesen Entwurf vorzulegen. Ich finde, das hat auch etwas mit dem Respekt gegenüber den Vertreterinnen und Vertretern der Wählerinnen und Wähler zu tun, vor der Sommerpause Klarheit zu bekommen. Und vielen Dank, Herr Bundeskanzler, und auch denen, die in der Regierung darüber verhandelt haben, dass das möglich gewesen ist. Deswegen sehe ich mit Wertschätzung und einer Portion Respekt den Verhandlungen entgegen. Das wird eine große Kraftanstrengung für uns alle hier werden. Es ist ein schwieriges Haushaltsjahr. Und ja, ich sage für meine Fraktion: „Wir sehen noch Klärungs- und auch Korrekturbedarf“, wobei ich anerkenne, dass dieser Haushalt deutlich über der Finanzplanung, die der Bundesfinanzminister aufgestellt hat, liegt. Ja, einige Ressorts sind gut weggekommen, andere weniger gut. Wir hätten uns vorstellen können, dass die investiven Ressorts vielleicht noch das eine oder andere, was sie sich wünschten und was auch notwendig ist für die Modernisierung unseres Landes, bekommen hätten. Wir werden sehen, was möglich ist. Aber ich möchte auch sagen: Ich finde es etwas wohlfeil, dass sich in der Sommerpause einige an einem Ressort abgearbeitet haben, nämlich dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Man kann ja darüber diskutieren, ob die eine oder andere Ausgabe berechtigt ist; aber ich finde, das betrifft doch alle Häuser. Manchmal kann man sich das bei jedem Ressort fragen. Aber dass man sich an einem Ressort so abarbeitet, obwohl man es in einer Zeit aus Not und Eigennutz selbst besetzt hat, liebe Kolleginnen und Kollegen, finde ich wohlfeil, auch weil daraus später interessante Karrierewege hervorgegangen sind. Aber was mir viel wichtiger ist: Wir brauchen diese plurale Entwicklungspolitik. Wir reden hier über Asyl; wir reden über Flucht, und die deutsche Entwicklungspolitik brauchen wir, um auch Fluchtursachen zu bekämpfen, um letztlich den Weg eben nicht notwendig zu machen. Ich meine, das gehört doch zur Diskussion, wenn wir über die Lage dieses Landes, Europas und der Welt sprechen, dazu, insbesondere das Verhältnis zum Globalen Süden. Für uns ist Entwicklungspolitik nicht verzichtbar, das sage ich ganz klar, auch bei diesen Haushaltsberatungen. Aber natürlich, Herr Finanzminister, die globale Minderausgabe, die Sie uns hier mal so rübergereicht haben, ist schon ein Problem; das wissen Sie. Sie haben gestern angeboten, uns dabei zu helfen, diese 12 Milliarden Euro im Hinblick auf die Verfassung zu reduzieren. Vielleicht hätten Sie das auch schon gut vorher machen können. Aber umso wichtiger ist mir: Sie müssen jetzt mit uns dieses Problem lösen, und Sie können sich nicht in die Büsche schlagen. Das sage ich auch für eine selbstbewusste und souveräne Fraktion ganz klar an die Regierung, meine Damen und Herren. Wenn wir über die Realitäten in diesem Land sprechen: Umschichtungen und Kürzungen wären schon in normalen Haushaltsjahren schwierig; in diesen Zeiten sind sie fahrlässig. Ja, wichtige Betriebe kommen ins Straucheln, aber nicht wegen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern oft wegen eigener Managementfehler. Aber leider müssen die Zeche immer die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen. Deswegen sage ich auch ganz klar: Ja, da, wo wir helfen können, werden wir das auch tun. Aber es geht dann nicht nur um die Betriebe, sondern: Wenn wir als Land zukunftsfähig sein wollen, dann müssen wir eben auch klug investieren. Ich weiß nicht, was Sie in Ihren Fraktionssitzungen machen. Wir hatten zum Beispiel den Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Industrie zusammen mit der Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes bei uns in der Fraktion. Und beide haben uns gesagt: Wir brauchen Investitionen in diesem Land, damit wir uns nicht selbst gefährden. Es geht dabei nicht nur um die Zukunft der Unternehmen, nicht nur um die Zukunft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern auch darum, dass andere Länder etwas anderes machen, als der eine oder andere hier suggeriert, meine Damen und Herren. Auf der einen Seite gucken sie, ob die Frage der Verteilungsgerechtigkeit vielleicht noch etwas besser beantwortet werden könnte – da sind wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dabei –; aber dann investieren andere Länder in Bildung und in Infrastruktur. Und genau das müssen wir auch in der Debatte über diesen Haushalt behandeln. Der Haushaltsentwurf ist eine gute Vorlage dafür; aber wir müssen ihn auch noch verbessern. Das müssen wir möglich machen. Wenn immer wieder die Mär erzählt wird, diese Schuldenbremse wollten einige komplett abschaffen, dann entgegne ich: Informieren Sie sich bei uns. Herr Merz, ich habe Ihnen das gesagt – auch der Kollege Lindner hat gestern mal interessiert nachgefragt –: Wir wollen eine Schuldenbremse haben, die Investitionen nicht verhindert. Wir werden Ihnen gut berichten können, was notwendig ist; da können Sie uns beim Wort nehmen. Ich weiß – ich mache mir keine Illusionen –: Das wird in dieser Legislaturperiode nicht mehr so einfach werden. Aber wenn Sie zukunftsfähige Entscheidungen treffen wollen, dann arbeiten Sie mit uns vor. Auch Ihre Ministerpräsidenten, Herr Merz, wollen eine Veränderung an dieser Schuldenbremse. Wenn wir auch im Hinblick auf die nächste Legislaturperiode klug wären, dann sollten wir das jetzt gut vorbereiten. Wir haben Ideen, und wir würden sie gerne auch mit Ihnen teilen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ein Zweites. Die Altschuldenregelung für die Kommunen ist für uns immer noch auf der Tagesordnung. Ich will das sehr deutlich sagen, weil die Kommunen letztlich der wichtigste Investor und auch Motor für gute Arbeit vor Ort sind. Der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen hat in diesem Zusammenhang 500 Millionen Euro versprochen. Ich finde, das reicht nicht. Dieser Ministerpräsident müsste neben diesem Betrag auch uns dabei helfen. Auch wäre es klug, dass die Kommunen – Herr Kollege Merz, auch das ist eine Einladung – von diesen Geldern, von dieser Altschuldenregelung dann auch direkt profitieren. Eine Umverteilung über die Länder bringt überhaupt nichts. Deswegen sage ich Ihnen auch: Es wäre gut, wenn wir uns da noch mal zusammen an einen Tisch setzen. Der Weg über das Grundgesetz wäre nach unserem Dafürhalten der beste Weg. Ich weiß, dass die Arbeitsleistung, die man in einer Koalition, in einer Regierung mit drei Haushalten erbracht hat – es wird zwar noch mal ein Haushalt aufgestellt, aber dann wird darüber im übernächsten Jahr eine neue Bundesregierung entscheiden –, wahrscheinlich überhaupt gar keinen so großen Eindruck macht, auch weil wir selbst dafür verantwortlich sind, wie wir in dieser Koalition zusammengearbeitet haben. Ich sage das sehr offen und auch frei heraus. Da, wo ich auch persönlich dazu beigetragen habe, werde ich auch immer wieder versuchen, mich zu korrigieren. Auch das, finde ich, gehört zu einer ehrlichen Debatte mit dazu. Dennoch sage ich auch sehr selbstbewusst: In einer anderen Koalition, meine Damen und Herren, wäre manches nicht gelungen. Diese Koalition hat vieles freigemacht. Und dann sind es eben nicht die großen Politikbereiche, sondern es sind manchmal auch die kleinen Politikbereiche. Herr Kollege Merz, Sie haben uns hier vorgeworfen, wir würden auf dem Rücken – Sie haben die Kinder vergessen; deswegen nenne ich sie jetzt mal – der Kinder und Jugendlichen oder der jungen Generation Politik machen. Darf ich Sie vielleicht daran erinnern, dass es diese Regierung gewesen ist, die mithilfe der Koalitionsfraktionen beschlossen hat, das gleiche Kindergeld ab dem ersten Kind einzuführen? Es war eine sozialpolitische Leistung, keinen Unterschied mehr zwischen den Kindern zu machen und die Familien dabei zu unterstützen. Und ich will ganz offen sagen: Am meisten haben dafür die Fraktionen getan. Dass wir jetzt – darauf hat der Finanzminister ja gestern hingewiesen – den Kinderfreibetrag und das Kindergeld einebnen wollen, ist doch genauso ein Beitrag für Kinder und Jugendliche, für die junge Generation, für gleiche Startchancen. Wir wollen auch noch einen Einstieg in die Kindergrundsicherung, weil wir auch gut dafür gearbeitet haben, meine Damen und Herren. Und wenn Sie es mir immer noch nicht glauben, Herr Kollege Merz: Diese Koalition, diese drei Fraktionen haben eine Ausbildungsplatzgarantie für die jungen Menschen beschlossen. Für mich persönlich reicht das noch nicht, weil ich finde, dass das österreichische Modell da ein bisschen besser ist. Aber dass alle, die sich um einen Ausbildungsplatz beworben haben und abgelehnt worden sind, jetzt einen Ausbildungsplatzanspruch haben, ist doch eine Investition in die junge Generation. Leider ist das mit Ihnen damals nicht möglich gewesen. Ich habe gesagt, dass es nicht immer nur die großen Dinge, sondern auch die kleinen Dinge sind. Nehmen wir die Kostenheranziehung in der Kinder- und Jugendhilfe als Beispiel. Das interessiert vielleicht wenige; aber das ist schon etwas. Einige, die darunter gelitten haben, dass sie Geld abgeben mussten, weil sie in Pflegefamilien leben, brauchen das jetzt nicht mehr. Auch das ist ein strukturelles Merkmal. Das, finde ich, ist etwas, was diese Fortschrittskoalition ausgezeichnet hat. Genauso – da spreche ich viele Frauen, aber auch Männer an – ist es mit der Abschaffung des § 219a im Strafgesetzbuch – ein Relikt aus der Nazizeit! Das ist wichtig gewesen, und auch das ist uns vorher nie gelungen. Herr Kollege Merz, Sie haben in Ihrer Rede darauf hingewiesen, dass Deutschland wahrscheinlich Fachkräftezuwanderung braucht – Sie haben da vollkommen recht –, und wir haben ja auch oft gemeinsam darüber gesprochen. Warum haben Sie im Deutschen Bundestag dann nicht zugestimmt, wenn auch Sie der Meinung sind, dass wir sonst die Zukunft in unserem Land aufs Spiel setzen? Und das Staatsbürgerschaftsrecht – ich kann es Ihnen nicht ersparen; Sie arbeiten sich ja immer daran ab, obwohl es da um die Menschen geht, die rechtschaffen sind, die lange dieses Land mit aufgebaut haben, die bewusst einen Platz hier bei uns gefunden haben –: Herr Kollege Dobrindt, in Bayern haben im letzten Monat 8.000 Bürgerinnen und Bürger einen Antrag auf die deutsche Staatsangehörigkeit gestellt. Ich finde, das ist doch ein Erfolgsmodell. Wollen Sie die in Bayern auch noch zusätzlich beleidigen, indem Sie sagen, dass sie nicht in unser Land gehören? Nein, sie gehören genauso in unser Land, wie die Menschen, die hier gemordet haben, nicht in unser Land gehören. Das ist nach meinem Dafürhalten die Konsequenz aus einer Asyl- und Flüchtlingspolitik. Ich muss noch eines sagen – ich muss mich bei meiner Fraktion entschuldigen, weil ich dem einen oder anderen etwas Zeit klaue; aber mir ist es wichtig –: Manche hier in diesem Haus behaupten, die Unterstützung für die Meyer Werft sei nicht gerechtfertigt; das sei eine lokale Frage. Dabei vergessen Sie: Wenn diese 11.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine Zukunft mehr in dieser Werft haben, dann gehen sie in die Arbeitslosigkeit, dann muss sich dieser Staat damit beschäftigen, dann muss er eben auch für die entsprechenden Leistungen aufkommen. Deswegen frage ich: Wenn in den Auftragsbüchern Aufträge in Höhe von 11 Milliarden Euro stehen, warum soll denn dann der Staat nicht auch unterstützen? Die Meyer Werft ist ein Unternehmen, das eine Zukunft hat. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen eben nicht die Zeche zahlen. Meine Fraktion unterstützt den Fortbestand dieses Unternehmens nachhaltig – einige unterstützen das nicht, weil sie vielleicht nicht mehr so nah an Betrieben wie diesem sind –, nachdem es alles dafür getan hat, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine Mitbestimmung haben. Auch das haben wir jetzt indirekt korrigiert. Dafür sind Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dankbar und auch stolz, weil die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Mitte der Betriebe gehören und nicht ausgeschlossen gehören. Und deswegen, an die Koalition gerichtet: Ja, ich wünsche mir auch, dass wir noch ein Tariftreuegesetz auf den Weg bringen, weil eben Tariflöhne die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit sind. Wenn ich sage: „Man wird oft für seine Leistung nicht beachtet“, will ich dennoch sagen: Es ist gut, dass diese Koalition – während es andere Koalitionen nicht geschafft haben – den gleichen Rentenwert in Ost und West eingeführt hat. Auch das vergisst man manchmal, und das hat auch etwas mit Gerechtigkeit in unserem Land zu tun. Umso wichtiger ist es, dass wir das Gesetz zur Stabilisierung des Rentenniveaus noch in diesem Jahr im Deutschen Bundestag beschließen; denn es verspricht nachfolgenden Generationen Sicherheit, Herr Merz. Nach dem Sozialversicherungsprinzip ist es lohnenswert, das Kapital, das später für die Rente notwendig ist, treuhänderisch dem Land zu übergeben. Das ist klare, gute Sozialpolitik, und das wollen wir auch umsetzen. Deswegen sage ich: Kleine Spielchen sind dabei nicht gewünscht. Eine Bemerkung noch zur internationalen Lage; das muss sein, auch in einer Debatte über die Lage der Nation und unseres Landes. Der Krieg in der Ukraine ist hervorgerufen worden durch den Überfall russischer Streitkräfte auf ein souveränes Land, das seine territoriale Integrität verteidigt hat, und die Nationen, die 1994 im Budapester Memorandum die territoriale Integrität der Ukraine garantierten hatten, waren nicht in der Lage, sie zu schützen. Wir haben Milliarden dafür aufgewendet, dass sich die Ukraine erwehren kann. Aber wir haben auch Geld für humanitäre Hilfe, für den Wiederaufbau und für die finanzielle Unterstützung bereitgestellt. Ich verstehe die Menschen bei uns in Deutschland, die sagen: Wir wollen, dass die Ukraine unterstützt wird, haben aber auch ein bisschen Angst, dass dann weniger Geld für die Modernisierung unseres Landes zur Verfügung steht. Insofern: Ich warne jeden davor, das eine gegen das andere auszuspielen. Und es gehört vor dem Hintergrund internationaler Krisen ebenso zu einer innenpolitischen Debatte, meine Damen und Herren, zu sagen: Genau in diesem Moment ist es richtig, dass Herr Selenskyj und andere Staatsoberhäupter – manche gefallen mir dabei nicht, wie zum Beispiel Herr Erdoan oder Herr Modi – anbieten, mögliche Wege zu einem Frieden zu suchen. Herr Bundeskanzler, wir – meine Fraktion und ich persönlich – bedanken uns, dass Sie nicht nachlassen werden, auch diese Wege zum Frieden zu suchen. Ich hoffe, dass Sie alle Unterstützung auch aus der Regierung bekommen; denn es ist notwendig, ein Land, das überfallen worden ist, auf der einen Seite zu unterstützen, aber eben auch keine Chance auszulassen, dieses Land – vielleicht zusammen mit der internationalen Gemeinschaft – auf den Weg des Friedens zurückzuführen. Deswegen sage ich: Die Themen unserer Zeit verdienen ehrliche Antworten. Wir bleiben gefordert, und wir sollten uns selbst fordern. Verzagtheit ist die falsche Haltung und unverantwortlich, gerade jetzt. Vielen Dank. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucher auf den Tribünen! Einen herzliches „Guten Morgen!“ auch von mir. Wir führen die Debatte fort. Der nächste Redner ist für die AfD-Fraktion Tino Chrupalla. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Landsleute! 75 Jahre Grundgesetz, 75 Jahre Deutscher Bundestag – mit dem Versuch der Feier gestern – und 75 Jahre Bundesrepublik Deutschland – das Jahr der Jubiläen. Nach den anstrengenden, erfolgreichen Aufbaujahren in West wie Ost, nach Jahren des Kalten Krieges, dem Ost-West-Konflikt und nunmehr 35 Jahre nach dem Fall der Mauer kämpft die Ampelbundesregierung nur noch um den Machterhalt, haben wir wieder Krieg in Europa, und das Vertrauen der Bevölkerung in die politische Führung unseres Landes sinkt unaufhörlich. Nun können Sie wieder sagen: Die AfD betreibt Schwarzmalerei und hat keine Konzepte. Damit würden Sie aber wieder hinter der nötigen Selbstkritik zurückbleiben; denn eines möchte ich noch einmal feststellen: Für die desolate Situation in Deutschland tragen allein Sie auf der Regierungsbank die Verantwortung. Auch zur Aufarbeitung der Wahlergebnisse richten wir den Blick in den Osten der Republik. Im 35. Jahr nach dem Mauerfall beläuft sich der Anteil der Ostdeutschen an der Gesamtbevölkerung auf 19 Prozent und der Anteil der Ostdeutschen an Spitzenpositionen in Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Medien auf derzeit 1,7 Prozent. Die wirtschaftliche Situation in Ost und West unterscheidet sich noch immer immens, sowohl bei Renten und Einkommen – auch bei Frauen und Männern – als auch bei Investitionen in den Wirtschaftsraum. Dass die Lebenswelten der Ostdeutschen sich von denen im Westen unterscheiden, wissen wir. Deshalb hat ja auch diese Bundesregierung wieder einen Ostbeauftragten, Herrn Schneider, berufen. Und da frage ich mich, Herr Schneider – in dieser Debatte heute geht es ja auch um Ostdeutschland –: Was tragen Sie eigentlich zu dieser Debatte bei? Die Bürger im Osten werden fortlaufend beschimpft, belehrt und nicht ernst genommen. Herr Merz meint, man müsse im Osten mehr erklären als im Westen und er tue dies gern. Frau Esken macht das ja auch jeden Tag im Fernsehen. Sie behandeln die Menschen im Osten wie schwer erziehbare Bürger und verstehen wirklich nichts. Dabei haben die Wahlen im Osten gezeigt: Ostdeutschland – und das sollten Sie wirklich ernst nehmen – ist das Thermometer der Bundesrepublik Deutschland. Das Beschimpfen hat im Übrigen auch bei den Grünen System. Vom Wähler in Ostdeutschland massiv abgestraft, übernehmen Sie keinerlei Verantwortung, sondern beschimpfen die Opposition. Vorschläge werden ebenso wie Personen und Parteien diffamiert und in die extremistische Ecke gestellt. Sie beschimpfen auch die Wähler und Sympathisanten. Damit schaden Sie der Demokratie. Sie möchten die Menschen überhaupt nicht mehr mitnehmen oder für sich gewinnen. Was sind denn Ihre Ziele? Was soll Deutschland für Sie eigentlich sein in 10, 20 oder 50 Jahren? Die laufende Legislatur hat noch genau zwölf Monate. Drei Viertel Ihrer Zeit haben Sie damit verbracht, unser Land an die Wand zu fahren und es mit Ihrer wirtschaftsschädlichen Klimapolitikwende zu deindustrialisieren. Ihre überbordende Ideologie greift in die Privatsphäre eines jeden ein, auch wenn er es gar nicht möchte. Um Ihrer Politik willen sollen wir alle weniger duschen, weniger heizen, weniger Fleisch essen und weniger mit dem Verbrennerauto fahren. Sie wollen regulieren, mit wem wir uns treffen – siehe die Coronazeit – und was wir denken. Und wenn wir nicht parieren, werden wir in Gute und Böse eingeteilt. Ihre Konzepte für das Haushaltsdefizit: Fehlanzeige. Trotzdem werden Nichtarbeit und Alimentierungen hochgefahren. Da frage ich Sie: Warum soll der Bürger das alles eigentlich noch bezahlen? Dazu kommen ein Nullwachstum der Wirtschaft und Sonderschulden – bei Ihnen ja „Sondervermögen“ genannt –, Inflation, Preissteigerungen bei Verbrauchsgütern und bei Energie. Endverbraucherpreise sinken, wenn überhaupt, langsam. Die Bürger sind an Verträge gebunden und müssen die hohen Kosten noch lange tragen. Nicht zu vergessen: Es gibt ein Energiedefizit durch fehlende Versorgung mit Kernenergie und günstigem Gas aus Russland. Die Infrastruktur im Verkehr – wir haben es heute früh in Dresden gesehen, wo Brücken zusammenstürzen –, im Bildungswesen, zum Beispiel in Bezug auf den Lehrermangel, oder im Gesundheitswesen ist marode. Die Krankenhausreform soll mit aller ministerieller Macht auf den Weg gebracht werden und wird auf dem Rücken der Bürger, der Beitragszahler ausgetragen. Ärzte fehlen weiterhin. Die Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung und damit auch die Lohnnebenkosten steigen weiter unaufhörlich. Die Aufarbeitung der Coronazeit ist bislang überhaupt nicht erfolgt und wenn, dann unzureichend. Das alles ist inakzeptabel. Einzig unsere Fraktion und Partei geht dagegen parlamentsübergreifend an. Und ich frage noch mal: Wann wird denn endlich ein Kassensturz gemacht? Schon seit Beginn dieser Legislatur mahne ich an, zu prüfen, wie viel Geld wir eigentlich konkret für welche Ausgaben zur Verfügung stellen. Denn wir haben definitiv auskömmliche Staatseinnahmen. Schauen wir uns mal die Zahlen an: Im Jahr 2014, also vor gerade mal zehn Jahren, betrugen die Staatseinnahmen durch Steuereinnahmen 296 Milliarden Euro. Nur zehn Jahre später sind wir mittlerweile bei 489 Milliarden Euro Staatseinnahmen. Und das Geld reicht trotzdem nicht: Trotzdem müssen wir noch 50 Milliarden Euro Neuverschuldung auf uns nehmen zulasten unserer Kinder und Enkelkinder. Das ist eine absolut unverantwortliche Politik dieser Ampelregierung. Dazu kommt noch, dass seit 2015 circa 300.000 Menschen – übrigens gut ausgebildete Fachkräfte, Deutsche – unser Land verlassen haben; Herr Merz hat es ja richtigerweise angesprochen, allerdings hat er die Ursache kaum beschrieben. Das sind mittlerweile fast 3 Millionen Menschen, die in den letzten etwa zehn Jahren gegangen sind. In diesem Zeitraum haben übrigens auch CDU und CSU regiert. Zuwanderung kann das niemals kompensieren. Zudem liegen die Kosten für den Staat und Steuerzahler umso höher, wenn die zugewanderten Personen erst einmal in Sprache, Kultur und Fachwissen ausgebildet werden müssen. Vor allen Dingen frage ich: Durch wen denn? Eine erfolgreiche und für beide Seiten gelungene Migration ist nämlich nicht im Interesse der Ampelregierung. Ihre Übermoral und Ihr Wertekompass haben Sie völlig in die Irre geleitet. Gehen Sie hinaus in die Länder. Sprechen Sie einfach mal mit Ihren Parteifreunden an der Basis. Bilden Sie sich eine umfassende Meinung, und korrigieren Sie endlich die teuren Fehler Ihrer Politik. Es geht uns um Deutschland, unsere Heimat und unsere Bürger. Wir verfolgen eine zielgerichtete Einwanderung, aber keine Einwanderung in die Sozialsysteme. Die derzeit gelebte beliebige und ziellose Politik hat der deutschen Wirtschaft nicht geholfen. Im Gegenteil: Sie hat sogar falsche Erwartungen gesetzt und erzeugt. Aber auch den wirklichen Fachkräften, die nach Deutschland kommen, bieten Sie überhaupt keine Perspektive. Dabei sprechen wir noch gar nicht vom Thema Asyl. Ihre Politik heißt Gewalt und Tod. Sie haben es geschafft, dass Migration nicht nur zu dem Thema des Sommers 2024 geworden ist; vielmehr steht Migration nun auch im Zusammenhang mit ziemlich allen Politikfeldern: innere Sicherheit und Außenpolitik, diplomatische Beziehungen, Arbeits- und Sozialpolitik, Wirtschafts- und Finanzpolitik usw., usw. Auf allen genannten Politikfeldern können Sie seit 2021 so gut wie nichts, keine Erfolge vorweisen. Deutschland und damit auch der Deutsche Bundestag werden nach drei Jahren Ampelregierung im Ausland mittlerweile belächelt und im Inland von der eigenen Bevölkerung mit mehr als großen Zweifeln betrachtet. Sie sind eine Regierung ohne Volk. Allerdings gehören Demut und Einsicht genauso wenig zu den Stärken dieser Bundesregierung wie der ehrliche Umgang mit der schwierigen Lage Deutschlands. Vom Wirtschaftsführer hat uns Herr Habeck zu den Wirtschaftsverlierern gemacht. Ihre Politikversuche sind gescheitert, Herr Habeck. Die Firmen laufen Ihnen weg und schließen die Werke in Deutschland. Sie haben dieses Land, die Betriebe und die Handwerker überlastet. Offensichtliche Verluste nehmen Sie ohne Weiteres in Kauf. Offene Lücken werden mit Steuergeld, Subventionen, Sonderschulden gestopft und zugekleistert. Sie und Ihre Politik bieten den Bürgern in Deutschland keine Perspektive. Wir brauchen einen gewissenhaften Umgang mit allen Ressourcen, mit den Menschen ebenso wie mit der Natur. Ihre absoluten und engstirnigen Ansätze und Verbote spalten die Gesellschaft, treiben die Bürger, die es sich leisten können, aus dem Land, und Sie zerstören damit den sozialen Frieden im eigenen Land. Das Gleiche beim Thema Ukraine: Waffenlieferungen, Aufbauhilfen und keine Investitionen in ein schnelles Kriegsende, weitere Eskalationen und rhetorischer Kampf für Krieg und gegen Frieden. Deshalb sage ich Ihnen: Machen Sie genau so weiter. Versuchen Sie, weiter so unanständig an Ihrer Macht festzuhalten, und diffamieren Sie die Opposition. Spielen Sie weiter die Oberlehrer, und beschimpfen Sie die Bürger im Osten. Ihre Glaubwürdigkeit wird weiter schwinden, Tag für Tag. So simulieren Sie Politik zum Selbstzweck und gegen die Interessen der Bürger. Wir möchten gemeinsam Politik machen für die Bürger im Land und auch für die Interessen Deutschlands. Denn wir, die AfD, sind die Zukunft. Vielen Dank. Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort Andreas Audretsch. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir starten in diese Haushaltsverhandlungen hier im Deutschen Bundestag, an einem Ort der freien Rede, einem Ort der Demokratie, der zumindest den Demokratinnen und Demokraten mit diesen Werten von hoher Bedeutung ist. Gleichzeitig merken wir, dass in unserer Gesellschaft, aber auch weltweit etwas ins Rutschen gerät und etwas ins Rutschen gebracht werden soll. Anfang September hat die US-Regierung Strafmaßnahmen gegen mehrere Personen und Organisationen in Russland erlassen. Gezielt soll Moskau versucht haben, mit Millionen Dollar die Debatte in den USA zu vergiften. Auch wir in Deutschland stehen im Zentrum einer gefährlichen Propagandaoffensive aus Moskau. Was will Wladimir Putin? Wladimir Putin will das Europa starker, liberaler Demokratien kaputtmachen. Das ist sein ausgemachtes Ziel. Er will, dass wir zu einer verunsicherten, zu einer abgeschotteten Gesellschaft werden. Er will, dass mitten in Europa Zerstörung herrscht. Er will, dass die Stärken des eigenen Landes von Politikern kaputtgemacht werden, um kurzfristig populistische Gewinne zu erzielen. Das möchte er in unsere Gesellschaften tragen. Man kann das nicht anders sagen. Herr Merz, man muss Ihnen den Vorwurf machen, dass Sie genau das tun. Sie machen das Drehbuch von Wladimir Putin zur Realität. Sie nehmen die Spaltung Europas in Kauf, und Sie betreiben bewusst oder unbewusst das Geschäft dieses Diktators: Notlagen ausrufen, Unsicherheit schüren, in Kauf nehmen, dass wir wieder über Schlagbäume mitten in Europa sprechen, in Kauf nehmen, dass wir Konfrontation zwischen Deutschland und Polen haben, in Kauf nehmen, dass wir Konfrontation in der eigenen Parteienfamilie zwischen Deutschland und Österreich haben. Sie säen Zwietracht. Sie spalten Europa. Genau das ist es, was sich der Diktator im Kreml wünscht. Das muss man Ihnen sagen, ob Sie es wollen oder nicht: Das ist unverantwortlich, und Sie sollten einen anderen Kurs einschlagen. „Achtet auf die Sprache“, das hat Angela Merkel gesagt. Wenn man Ihnen zuhört, Herr Merz, dann muss man den Eindruck gewinnen, dass Sie genau das Gegenteil tun: dass Sie nicht darauf achten, wie man mit Sprache eine Gesellschaft auseinandertreiben will. Man muss es sagen: Sie haben weder den Charakter einer Angela Merkel, noch haben Sie den europapolitischen Kompass eines Helmut Kohl, und Sie sind, so wie Sie mit dieser Angelegenheit umgehen, offensichtlich charakterlich nicht geeignet, ein Land zu führen. Man muss es so sagen, Herr Merz: Sie sind der Aufgabe offensichtlich nicht gewachsen. Wir können den Angriffen auf unsere liberale Demokratie nur dann etwas entgegensetzen, wenn wir das stärken, was uns in Deutschland, was uns in Europa immer starkgemacht hat. Darum werden wir immer für ein geeintes Europa ohne Grenzen eintreten. Deswegen werden wir immer dafür eintreten, dass es in Europa keine Schlagbäume gibt. Deswegen werden wir immer dafür eintreten, dass wir nicht Zwietracht säen zwischen den Ländern in Europa. Deswegen werden wir immer dafür eintreten, dass Rechtsstaatlichkeit an allererster Stelle steht. Deswegen werden wir immer dafür eintreten, dass Grundrechte und dass Menschenrechte in Deutschland, in Europa eine große Bedeutung haben. Auch wenn Sie das nicht mehr tun: Wir tun es. Es wäre gut, wenn die Union auf diesen Pfad zurückkehren würde. Einer zweiten Aufgabe sollten Sie sich widmen, nämlich Deutschland endlich wieder auf den Weg zu bringen, ein funktionierendes Land zu sein. In der Nacht von gestern auf heute ist in Dresden die Carolabrücke eingestürzt. Es grenzt an ein Wunder, dass kein Mensch zu Tode gekommen ist, dass niemand verletzt wurde. Der Zustand dort ist nichts, was singulär ist. In Dresden war die marode Brücke schon lange Thema. Das ist ein Zustand, den wir insgesamt in Deutschland sehen. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Herr Wegner, hat gesagt: Wir werden diesen Zustand nicht beenden können, ohne dass wir die Schuldenbremse reformieren. Sie stellen sich hierhin und sagen: Das wird nicht passieren. 70 Prozent der Brücken in Berlin sind renovierungsbedürftig, sanierungsbedürftig. In NRW sind 1.000 Brücken nicht saniert. Ich möchte nicht erleben, in welche Gefahren wir womöglich Menschen bringen. Es geht darum, dass wir dieses Land zum Funktionieren bringen, und es geht darum, dass wir Menschenleben schützen. Genau dazu werden Sie sich eines Tages bekennen müssen. Das, was bei Ihnen vorherrscht, ist Leere, keine Antwort. Das wird Dresden nicht gerecht. Das wird der Carolabrücke nicht gerecht. Das wird Berlin nicht gerecht, es wird NRW nicht gerecht, und das wird vor allem der Zukunft dieses Landes nicht gerecht. Beziehen Sie eine Position, und bekennen Sie sich endlich. Wir werden Deutschland und Europa, was die Infrastruktur und was das Zusammenhalten angeht, nach vorne bringen. Während Sie Europa auseinandertreiben, legen wir Wert darauf, es zusammenzuführen. Die Kulturhauptstadt Europas wird im kommenden Jahr Chemnitz sein. Wir stellen 10 Millionen Euro zur Verfügung, um dort, mitten im schönen Sachsen, vielfältige internationale Begegnungen zu ermöglichen, Festivals, Ausstellungen, damit Europa zusammenwächst und stärker wird. Sie treiben Europa auseinander. Wir führen Europa zusammen. Herzlichen Dank. Für die FDP-Fraktion hat nun das Wort Bijan Djir-Sarai. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir leben in einer Welt, die sich derzeit dramatisch verändert: außen- und sicherheitspolitische Herausforderungen, globale Veränderungen, wirtschaftliche Krisen, Kriege und Konflikte. Wenn wir in dieser komplizierten Welt in der Lage sein wollen, unsere Interessen zu vertreten und unsere Werte zu bewahren, dann müssen wir vor allem die wirtschaftliche Kraft unseres Landes wiederherstellen, meine Damen und Herren. Wir können heute schlecht einschätzen, wie die zahlreichen geopolitischen Herausforderungen sich in den nächsten Monaten entwickeln werden. Wir wissen nicht, wie der Krieg in der Ukraine sich entwickeln wird, weitergehen wird. Wir wissen nicht, wie sich die Konflikte im Nahen und Mittleren Osten entwickeln werden. Und wir wissen nicht, was Ende des Jahres oder Anfang kommenden Jahres im Weißen Haus in den USA passieren wird. Aber eines wird völlig klar sein: Wir werden vermutlich eine Administration haben – unabhängig von der Frage, ob Demokraten oder Republikaner –, die eins uns ganz klar sagen wird: Der amerikanische Steuerzahler wird künftig nicht mehr die Bereitschaft haben, die Sicherheit oder die Sicherheitsarchitektur in Europa zu finanzieren. Das wird, meine Damen und Herren, eine andere Welt werden, und auf diese Herausforderung müssen wir vorbereitet sein. Wir müssen die ökonomische Basis unseres Landes stärken. Dazu braucht Deutschland dringend eine Wirtschaftswende. Nur so sichern wir Wohlstand und können uns auch geopolitisch behaupten. Jetzt geht es darum, meine Damen und Herren, die Menschen, die Betriebe, die Unternehmen in unserem Land zu entlasten und nicht zu belasten, meine Damen und Herren. Jetzt geht es darum, Bürokratie abzubauen. Jetzt geht es darum, den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder wettbewerbsfähig zu machen. Jetzt geht es darum, private Investitionen in Deutschland zu ermöglichen. Und jetzt geht es auch darum, die Rahmenbedingungen zu schaffen für das Erwirtschaften, weil viele in diesem Land vergessen haben, dass erst erwirtschaftet werden muss, bevor überhaupt verteilt werden kann, meine Damen und Herren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Wohlstand – auch wenn manche in Deutschland das leider glauben – ist kein Naturgesetz. Wohlstand müssen wir uns erarbeiten und erwirtschaften, meine Damen und Herren. Deswegen brauchen wir Wachstum, deswegen brauchen wir Produktivität für den Wohlstand und nicht staatlichen Konsum und erst recht nicht steigende Sozialausgaben, meine Damen und Herren. Wir können nicht den Staatshaushalt mit immer mehr Sozialausgaben belasten und Handlungsspielräume weiter einschränken. Eine solche Politik würde das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Deutschland vernichten und die Zukunftsperspektiven unserer jungen Generation eintrüben, meine Damen und Herren. Die Wirtschaftswende muss sich auch in der Haushaltspolitik des Staates widerspiegeln. Heute ist es notwendiger denn je, eine solide Finanzpolitik zu betreiben. Eine solide Finanzpolitik und eine kluge Wirtschaftspolitik sind zwei Seiten derselben Medaille. Nur mit soliden Finanzen schaffen wir einen wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland, nur so können wir den Wohlstand erhalten und effektiv die Inflation in unserem Land bzw. die Inflation in Europa bekämpfen, meine Damen und Herren. Kommen wir zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vor einem Jahr, im letzten Jahr im November. Gelegentlich habe ich den Eindruck, dass der eine oder andere in diesem Haus dieses Urteil bis zum heutigen Tag nicht gelesen hat – gelegentlich. Aber ich will es Ihnen noch einmal ganz klar sagen, auch für die haushaltspolitischen Diskussionen, die wir haben: Spätestens dieses Urteil hat uns deutlich gemacht, dass wir die Schuldenbremse in Deutschland nicht umgehen können. Wir können auch die Schuldenbremse nicht schleifen, sondern es ist die Aufgabe der Politik, es ist die Aufgabe der Regierung, die Schuldenbremse an der Stelle einzuhalten, meine Damen und Herren. Die Schuldenbremse ist ein Segen für die Politik und zugleich Schutz vor denen, die glauben, dass das Geld des Staates eine beliebige Verteilungsmasse ist, meine Damen und Herren. Die Steuereinnahmen des Staates sind das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, der Menschen und Betriebe in unserem Land, das nicht mit der Gießkanne vergossen werden darf. Die Schuldenbremse schafft ein Fundament für Investitionen und Zukunft und ist vor allem eine Stärkung des Wirtschaftsstandortes. Ohne sie drohen künftige Generationen an den Schuldenbergen und rasant steigenden Kreditrückzahlungen zu ersticken, meine Damen und Herren. Zur Wahrheit gehört auch: Wir reden heute über Reformen, die man vor 10 oder 15 Jahren hätte anpacken müssen. Das hilft nun nicht. Die Probleme haben wir jetzt. Deutschland ist nach wie vor ein Hochsteuerland. Wenn wir uns mit anderen Industrienationen und vor allem erfolgreichen Industrienationen vergleichen, werden wir feststellen, wie groß dieses Problem ist, und vor allem, was das für einen Nachteil für den Wirtschaftsstandort Deutschland bedeutet. Der deutsche Staat wird in diesem Jahr nahezu 1 Billion Euro an Steuereinnahmen haben – ein neuer Rekord. Gleichzeitig sind die Ausgaben in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. In einer solchen Situation auf eine Schuldenpolitik zu setzen, wäre toxisch für die Wirtschaft und die Gesellschaft in unserem Land. Deswegen ist es längst an der Zeit, auch gemeinsam über die Zukunft des Sozialstaates zu reden. Daran geht kein Weg vorbei. Der deutsche Sozialstaat ist eine große Errungenschaft, und darauf sind wir auch stolz. Niemand will den deutschen Sozialstaat kürzen. Dieses Ziel verfolgt zum Glück niemand in diesem Haus. Aber eins muss doch völlig klar sein: Eine moderne Sozialpolitik bedeutet, dass man nicht nur an diejenigen denkt, die die Hilfe benötigen, sondern auch gelegentlich an diejenigen denkt, die diese Hilfe finanzieren, meine Damen und Herren. Auch das bedeutet soziale Gerechtigkeit, und ich hoffe, darüber sind sich alle in diesem Haus klar. Meine Damen und Herren, eine haushaltspolitische Debatte besteht nicht nur aus Zahlen und Daten, sondern sie zeigt, wohin die Politik in Zukunft gehen will oder gehen soll. Hier geht es um das Vertrauen gegenüber dem Staat. Hier geht es auch darum, Vertrauen in dieser Situation aufzubauen, in einer Situation, in der das Land massiv verunsichert ist. Das sage ich auch mit Blick auf das gestrige Treffen: Es ist notwendig, dass gerade beim Thema Migration die Politik Handlungsfähigkeit zeigt. Wir brauchen eine grundlegende Neuorientierung der Migrationspolitik. Das ist eine Kernfrage der Stabilität unserer Demokratie. Es darf keine Denkverbote geben in der Migrationspolitik. Ändert sich die Migrationspolitik nicht, wird unsere Demokratie einen enormen Schaden davontragen, meine Damen und Herren. Die Menschen sind es leid und verlieren das Vertrauen in unseren Staat. Sie erwarten völlig zu Recht, dass Migration nach rechtsstaatlichen Kriterien erfolgt und begrenzt und kontrolliert wird. Hier geht es übrigens auch um mehr als nur das Thema Migration. Hier geht es um das Vertrauen gegenüber dem Staat. Hier geht es um das Vertrauen gegenüber den Institutionen des Staates. Deswegen gehört es auch dazu, dass Menschen, die kein Bleiberecht haben, konsequent abgeschoben werden. Ebenso müssen Menschen, die unsere Rechtsordnung mit Füßen treten und Straftaten begehen, Konsequenzen spüren und ausgewiesen werden. Die derzeitige Migrationspolitik, meine Damen und Herren, überfordert das Land. Die derzeitige Migrationspolitik überfordert das Land sowohl qualitativ als auch quantitativ. Niemand darf jetzt einer Wende in der Migrationspolitik im Wege stehen und sie blockieren. Jeder muss jetzt seinen Beitrag leisten. Alles andere wäre nicht politikfähig. Meine Damen und Herren, ich glaube – Herr Merz, ich sage es ganz offen –, dieses Thema ist weitaus größer als die Ampel. Und es gibt keine Ampel in der Migrationspolitik. Wir als FDP stehen Ihnen weitaus näher als unsere geschätzten Kollegen von der Koalition. Deswegen müssen wir an der Stelle gemeinsam denken, Herr Merz. Es war ein Fehler, die Gespräche gestern zu verlassen. Aber ich will jetzt nicht zurückschauen. Mein Parteivorsitzender Christian Lindner hat Ihnen ein Angebot gemacht. Ich finde, dieses Angebot sollten Sie annehmen. Genau das, was mein Kollege Buschmann gestern gesagt hat, nämlich dass wir bereit sind, eins zu eins das umzusetzen, was die Union sagt, möchte ich an dieser Stelle wiederholen: Wir als FDP sind bereit, eins zu eins diese Dinge mit Ihnen umzusetzen. Als Generalsekretär der FDP gebe ich Ihnen mein Wort. Dieses Thema müssen wir anpacken. Denken Sie bitte an Ihre Redezeit. Ja, letzter Gedanke. Herr Mützenich stellt sich bei jeder Gelegenheit hierhin und macht Ihnen Angebote, wie Sie gemeinsam die Schuldenbremse umgehen sollen. Darüber können Sie natürlich nachdenken; das ist Ihre Sache. Wir machen Ihnen ein Angebot, mit Ihnen die Migrationskrise in Deutschland zu beenden. Vielen Dank. Thorsten Frei für die Unionsfraktion ist unser nächster Redner. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“ – mit diesem Titel auf Ihrem Koalitionsvertrag sind Sie vor drei Jahren in diese Legislaturperiode gestartet. Das, was wir in diesen drei Jahren erlebt haben, aber auch heute in dieser Generaldebatte, ist ein Zeugnis der Zerrüttung und des Zerwürfnisses. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir können das ja im Wochentakt sehen. Wir hören schöne Reden der FDP. Ich kann nahtlos anknüpfen an das, was der Kollege Djir-Sarai hier vorgetragen hat. Entsprechende Beschlüsse gibt es jede Woche durch die Partei der FDP. Aber wenn man dann mal schaut, was der Parteivorsitzende der FDP, der auch Bundesfinanzminister ist, in der Bundesregierung zu verantworten hat, stellt man fest, dass das häufig diametral dem entgegensteht. Bestes Beispiel: Rentenpaket II. Es ist das Gegenteil von dem, was richtig ist. Es ist das Gegenteil von dem, was die FDP für richtig hält. Aber es ist Politik hier in Deutschland – bestes Beispiel dafür. Das führt am Ende sogar dazu, dass der grüne Wirtschaftsminister Habeck, dem ich von hier aus beste Genesungswünsche senden möchte, sogar daran zweifelt, ob der Bundesfinanzminister seinem Amt gewachsen ist. Selbst bei den Grünen hält man es mit der Nachhaltigkeit nicht mehr so genau, wenn man die eigene Koalition als eine Koalition des Übergangs bezeichnet. Aber wenn es eine Koalition des Übergangs ist, dann ist vor allen Dingen eines klar: Dieser Kanzler ist ein Kanzler auf Abruf. Dass das so ist, hat er mit seiner Haushaltsrede heute eindrücklich bewiesen. Dieser Kanzler verschließt die Augen vor der Wirklichkeit in einer Dimension, dass es mir als Staatsbürger dieses Landes wirklich Angst macht. Er spricht von einer Welt, die nichts zu tun hat mit der Situation, die wir in Deutschland haben. Wenn wir uns die ökonomische Bilanz dieses Bundeskanzlers anschauen, dann kann man nur feststellen, dass sie ernüchternd ist, und man kann sie in einem Satz zusammenfassen: Es geht in die Rezession. Unsere Wirtschaft ist letztes Jahr um 0,3 Prozent geschrumpft. Im zweiten Quartal dieses Jahres ist sie auch geschrumpft. Das Münchner ifo-Institut prognostiziert für dieses Jahr ein Wachstum von 0,0 Prozent. Gleichzeitig haben wir eine Situation, wo viele ökonomische Daten auseinandergehen, wo wir keine Chance sehen, wie da, etwa im Bereich der Steuerpolitik und der Energiepolitik, eine Trendwende in Gang gesetzt werden könnte. Die Koalition reagiert darauf mit einem kleinteiligen Maßnahmenpaket, das in der Bevölkerung als ein Mix ankommen muss aus Gesundbeterei und Symbolpolitik. Mehr ist es am Ende nicht. Und das wird eben auch nicht zu anderen Ergebnissen führen. Ich finde, die Rede des Bundeskanzlers war entlarvend an der Stelle, als er über die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt berichtet hat. Ja, diese Zahlen muss man mal zusammenbringen. Er hat recht in einem Punkt: Wir haben eine demografische Entwicklung, die das Angebot auf dem Arbeitsmarkt reduziert. Warum wächst dann aber jetzt die Zahl der Arbeitslosen? Warum sind jetzt 300.000 Industriearbeitsplätze verloren gegangen? Warum wächst die Zahl der Bürgergeldempfänger auf 5,5 Millionen? Warum haben wir immer noch einen Mangel an Arbeitskräften, warum 1,7 Millionen Stellen in Deutschland, die nicht besetzt werden können? Das ist doch dysfunktional. Das passt doch überhaupt nicht zusammen. Und das führt am Ende dazu, dass wir nicht die notwendigen Mittel haben, um die Staatsausgaben im investiven Bereich ordentlich zu erfüllen. Das ist die Folge Ihrer Politik, nichts anderes. Ich will an der Stelle einfach noch einen Satz zu den vielfältigen Angeboten sagen, über die Schuldenbremse nachzudenken. Unser Partei- und Fraktionsvorsitzender hat das einzig Richtige dazu gesagt: Nein, wir denken nicht darüber nach. Denn wenn wir die Schuldenbremse nicht hätten, wenn wir irgendetwas anderes hätten, so etwas wie die goldene Regel vor dem Jahr 2009, dann würden Sie in zwei Jahren keine 100 Milliarden Euro Schulden machen, sondern ein Vielfaches davon. Und das wollen wir zugunsten zukünftiger Generationen verhindern. Die Schuldenbremse hilft. Wir hören aber bei SPD und Grünen bei jedem Thema, das sie ansprechen: Sie rufen sofort nach dem Lösen der Schuldenbremse. Sie rufen nach Staatsgeld. Im Grunde genommen hat der Kollege Djir-Sarai vorhin frei nach Margaret Thatcher gesagt: Es gibt kein Staatsgeld. Es gibt nur das Geld der Steuerzahler. Unsere Verantwortung ist, damit ordentlich umzugehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich war auch einigermaßen erstaunt über das, was der Bundeskanzler zur Migrationspolitik gesagt hat. Ich fand, es war ein mutiges und richtiges Zeichen unseres Vorsitzenden, ihm die Hand zu reichen und zu sagen: Diese Herausforderung ist so groß, dass wir sie gemeinsam lösen müssen. Die Koalition hat übrigens in der Vergangenheit in dieser Legislaturperiode nichts dazu unternommen, um das Problem zu lösen. Im Gegenteil: Sie haben den Spurwechsel ermöglicht. Sie haben zusätzliche Bleiberechte für abgelehnte Asylbewerber ermöglicht. Sie haben die Begrenzung aus § 1 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes gestrichen. Sie haben alle Zeichen gesetzt, um deutlich zu machen und in die Welt zu senden: Kommt her! Wer es hierher schafft, der kann hierbleiben, unabhängig von seinem Schutzinteresse. Und das Zweite ist: Ich finde, die Reden von Frau Dröge und von Herrn Audretsch haben deutlich gemacht, dass wir bei den Gesprächen im Bundesinnenministerium nie eine Chance hatten. Wir hatten ganz offensichtlich nie eine Chance, wirklich zu einer grundlegend anderen Migrations- und Asylpolitik zu kommen. Während die FDP und nach meinem Eindruck auch die SPD um rechtliche Gestaltungen gerungen haben, wollten die Grünen grundsätzlich keine andere Migrationspolitik. Da muss man sagen: Dafür sind wir nicht zu haben. Dafür übernehmen wir keine Verantwortung. 1992/1993 hatten wir eine andere Situation. Da ging es um eine Grundgesetzänderung, und es kam auch noch etwas anderes hinzu: Damals konnten die Menschen unterscheiden zwischen der Situation davor und der Situation danach. Wenn wir uns an einem Migrationspaket beteiligen – und die Tür bleibt offen bis zum allerletzten Tag –, dann muss sich auch etwas ändern. Dann müssen die Menschen spüren, dass wir eine andere Migrationspolitik machen, die zu anderen Ergebnissen bei uns im Land führt. Ich will Ihnen zum Schluss eines sagen: Niemand akzeptiert mehr, wenn man sagt: Wir können daran nichts mehr ändern; dieses spricht dagegen, jenes spricht dagegen. Sie haben in vielen Bereichen der Migrationspolitik gezeigt, dass es nicht gestimmt hat. Nein, wer wirklich glaubt, von Deutschland aus das Weltklima nach unten regulieren zu können, der kann auch die Migration nach Deutschland reduzieren. Wie absurd ist denn dieses Denken, das Sie hier regelmäßig praktizieren? Herzlichen Dank fürs Zuhören. Für die SPD-Fraktion hat das Wort Achim Post. Was ich sagen will, kann ich auch in zwei Minuten sagen. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Aus meiner Sicht ist die Sachlage ganz klar: Wir haben hier gestern zusammen 75 Jahre Deutscher Bundestag gefeiert, eine beeindruckende Erfolgsgeschichte von Millionen und Abermillionen von Bürgerinnen und Bürgern, und von Tausenden von Abgeordneten auf der Grundlage der gleichen Grundwerte; und das ist gut so. Auf dieser Grundlage will ich zu den Punkten kommen. Erster Punkt. Wir haben über Asyl geredet. Ich finde, es muss doch beides gehen: die Grenzen besser zu schützen, Migration besser zu kontrollieren und zu steuern und gleichzeitig das Grundgesetz zu achten. Das schließt sich doch nicht aus. Das muss doch möglich sein. Deswegen vermute ich etwas ganz anderes, liebe Kolleginnen und Kollegen, was ganz anderes! Ich sage Ihnen eins: Populismus und Populisten bekämpft man nicht so, wie Sie es gerade probieren. Ich rede mal von einer Eilmeldung, von der ich gehört habe. Ich war zwar nicht dabei bei den Gesprächen, ich weiß aber, dass die Eilmeldung der „Bild“-Zeitung, dass der Asylgipfel gescheitert ist, eher da war als Ihre Wortmeldung, dass er gescheitert sei. Da fragt man sich doch, ob Sie zuerst die „Bild“-Zeitung informiert haben, bevor Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen informiert haben. Das geht doch auf keinen Fall. Deswegen vermute ich, dass von Anfang an dahinterstand: Sie wollten es scheitern lassen. Zweiter Punkt. Wir stützen, unterstützen und stärken in dieser Bundesregierung mit dem Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius nicht nur die Bundeswehr, sondern auch die Ukraine. Wir erhöhen unsere Verteidigungsfähigkeiten, und gleichzeitig versuchen wir auf allen Kanälen, dafür zu sorgen, dass Gesprächsformate entstehen; denn das gehört doch zusammen: Stärke und Diplomatie. Das gehört nicht in den Kanon, wie Sie es hier denken. Das eine schließt das andere nicht aus. Letzter Punkt: der Sozialstaat, über den hier so viel geredet wird. Natürlich wollen wir wirtschaftliche Stärke. Natürlich wollen wir wirtschaftliche Dynamik. Gleichzeitig: Der Sozialstaat ist eine große Errungenschaft in Deutschland und Europa. Wer den beschädigen und zerstören will, der bekommt es mit der deutschen Sozialdemokratie zu tun. Denn auch das gehört zusammen wie Zwillinge: wirtschaftliche Dynamik und ein starker Sozialstaat. Allerletzter Punkt, wenn ich noch darf. Dass es Probleme in der Wirtschaft gibt, weiß ich selbst. Ich empfehle für meine Fraktion den Bossen von thyssenkrupp, von Volkswagen und auch von ZF, über die Sozialpartnerschaft nachzudenken, statt so zu tun, als könne man ohne Mitbestimmung mit Manchesterkapitalismus dieses Land sanieren. Schönen Dank. Für die Gruppe Die Linke hat nun das Wort Heidi Reichinnek. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutschland 2024: Die Infrastruktur bricht zusammen, die soziale Ungleichheit wächst, zentrale gesellschaftliche Bereiche wie das Gesundheitssystem, Bildung, Wohnungsbau werden ausgeblutet. Und was machen Sie, liebe Ampel? Sie erklären uns im Einklang mit Union und AfD: Schuld an allen Problemen sind Geflüchtete und Bürgergeldempfänger. Und dass Sie da jetzt mal richtig durchgreifen. Ja, wir müssen über Migration reden. Dafür gibt es ja morgen trotz Haushaltswoche eine eigene Debatte. Das ist auch richtig so. Aber tun Sie doch nicht so, als wäre das das einzige Problem, vor dem unser Land gerade steht. Die Menschen fragen sich, wie sie ihre Miete zahlen sollen, ob sie nächstes Jahr noch einen Job haben, wie lange das Krankenhaus im Ort bleibt. Und für all diese Probleme haben Sie keine Lösungen. Sie suchen lieber Sündenböcke, um von Ihrem eigenen Versagen abzulenken. Wir diskutieren hier ja eigentlich den Haushalt. Und ich habe das Gefühl, ich muss Sie daran erinnern, wofür es den Haushalt überhaupt gibt, was Ihr Auftrag als Regierung ist. Es geht darum, Gelder so zu verteilen, dass unsere Gesellschaft funktioniert. Es geht darum, dass Sie endlich Verantwortung übernehmen. Was nützt es uns, die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt zu sein, wenn Reichtum so ungerecht verteilt ist? Vor drei Jahren sind Sie als selbsternannte Fortschrittskoalition gestartet. Jetzt legen Sie Ihren letzten Haushalt vor, und eins wird noch einmal deutlich: Fortgeschritten ist unter Ihnen nur der Verfall des Sozialstaates und der öffentlichen Infrastruktur. Und kaum etwas steht so symbolisch dafür wie die Deutsche Bahn. Für die Regierungsbank da drüben: Das ist so was wie Dienstwagen oder Flugbereitschaft, nur auf Schienen, und es ist eigentlich ganz cool. Aber die Deutsche Bahn fährt im wahrsten Sinne des Wortes auf Verschleiß. Jeden Tag sitzen Zehntausende Leute in überfüllten Zügen ohne Klimaanlage und wissen nicht, ob sie jemals da ankommen, wohin sie wollen. Gut, im Gegensatz zur Ampel wissen diese Leute zumindest theoretisch, was ihr Ziel ist. Aber wie in so vielen Bereichen: Was wir hier brauchen, sind Investitionen; aber die verhindert Ihre heilige Schuldenbremse. Sie sagen den Leuten immer wieder, dass Ihnen leider die Hände gebunden sind. Sie lassen hier alles den Bach runtergehen, statt endlich diese Investitionsbremse abzuschaffen oder wenigstens zu reformieren. Das ist nicht nur Unsinn, das ist gefährlich! Und vor allem ist es absolut lächerlich, die Schuldenbremse vorzuschieben. Denn die umgehen Sie selbst, wo Sie können. Ihr Haushalt ist eine Sammlung von Taschenspielertricks, um die Schuldenbremse auszuhebeln. Hören Sie mal zu; da lernen Sie noch was! Die Bahn bekommt deswegen statt Investitionen Darlehen: Die kann man nämlich an der Schuldenbremse vorbeimogeln. Diese Darlehen helfen der Bahn zwar nicht, aber Sie können sagen: Wir haben doch was gemacht. Sie können sich hierhinstellen wie der Kollege Dürr und behaupten, der Haushalt sei ein Investitionshaushalt. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt sind wir in der Europäischen Union auf dem vorletzten Platz bei den Investitionen! Dafür erwarten Sie Applaus? Nicht ganz die Schlechtesten zu sein, ist gut genug? Na, das erklärt einiges bei Ihrer Politik! Weil Sie aber auf der einen Seite an der Schuldenbremse festhalten und auf der anderen Seite keine neuen Einnahmen generieren, kürzen Sie da, wo die Leute sowieso schon nichts haben, nämlich bei den Bürgergeldempfängern zum Beispiel. Hier wollen Sie fast 5 Milliarden Euro einsparen. Auf Nachfrage von mir können Sie aber gar nicht beantworten, wie Sie sich das vorstellen. Dafür, dass die CDU nicht mehr an der Regierung ist, ist in diesem Haushalt eine ganze Menge Gottvertrauen drin, muss ich mal sagen. Und die Regelsätze werden natürlich auch nicht erhöht. Dabei würde eine Erhöhung den Betroffenen nicht nur helfen, ihren Alltag zu meistern, sondern auch die Wirtschaft ankurbeln. Denn Bürgergeldempfänger tragen jeden einzelnen Cent, den sie mehr bekommen, auf direktem Wege in die Geschäfte. Zwei Fliegen mit einer Klappe – könnte man meinen; aber Sie beteiligen sich ja lieber an der Schmierenkampagne gegen Menschen im Bürgergeld, die die Union losgetreten hat. Keine Talkshow – keine einzige! – ohne mindestens einen abgehobenen Politiker, der sich nicht zu dumm ist, mit erfundenen Zahlen Stimmung gegen das Bürgergeld zu machen, obwohl er sich gerade erst – leistungslos – die fetteste Diätenerhöhung seit Jahrzehnten eingesteckt hat. Die Erhöhung allein ist übrigens höher als der höchste Bürgergeldsatz – das nur nebenbei. Sie treffen mit Ihren widerlichen Lügen zum Bürgergeld übrigens die alleinerziehende Mutter genauso wie den Mann, der seine Frau pflegt, oder die Menschen, die mit Erkrankungen zu kämpfen haben. Das ist niederträchtig. Das machen wir als Linke nicht mit. Bei diesen Leuten vom Existenzminimum noch Geld wegzukürzen und sich dann für immer mehr Sanktionen zu feiern, das ist erbärmlich. Damit hat übrigens niemand in der Bevölkerung auch nur einen Cent mehr im Portemonnaie. Richtig wäre es, höhere Mindestlöhne einzuführen, statt nur nette Briefe zu schreiben, Herr Heil. Stärken Sie die Tarifbindung, und entlasten Sie geringe und mittlere Einkommen! Das ist das, wofür wir als Linke kämpfen. Während Sie ehrliche Arbeit ohne Ende besteuern, werden perverse Vermögen und gigantische Milliardenerbschaften geschont. Wenn Sie so dringend Geld suchen, dann fangen Sie da doch mal an! Ich verspreche Ihnen, da finden Sie verdammt viel davon. Und wenn Sie nur einen Hauch dieser Obsession, die Sie in Talkshows für das Treten nach unten aufwenden, in die Verfolgung von Mindestlohnbetrug und Steuerflucht stecken würden, ließen sich noch mal Dutzende Milliarden reinholen. Was hält Sie eigentlich davon ab? Die Spendenschecks, die Ihre Parteien einstreichen? Klar, man beißt nicht die Hand, die einen füttert. Aber von diesem Geld könnten wir Ihre ganzen schönen Versprechungen aus dem Koalitionsvertrag bezahlen. Gegen Kinderarmut hatten wir zum Beispiel mal über eine Kindergrundsicherung geredet. Um die ist es auffällig still geworden in den letzten Monaten. Klar, Sie wissen ja selbst, dass die nicht mehr kommt. Dann lebt halt jedes fünfte Kind in Armut, hat kein gesundes Essen, kann nicht zur Klassenfahrt. Aber hey, liebe Kinder, dafür hält die Regierung für euch die Schuldenbremse ein, und die Reichen werden immer reicher! Denkt doch daran, wenn ihr im Sommer mal wieder nicht ins Schwimmbad gehen könnt. Und wenn Sie, Herr Lindner, dann immer erzählen, Sozialleistungen für Kinder wollen Sie nicht, sondern Geld für Bildung, dann frage ich mich: Warum geben Sie kein Geld für Kitas aus? Kein Cent mehr ist dafür im Haushalt vorgesehen! Dabei wären gut ausgestattete Kitas zentral für Chancengleichheit. Ich sage Ihnen: Wir brauchen in diesem Haushalt mehr Geld für Kinder. So einfach ist es nämlich. Aber diese Regierung hat kein Herz für Kinder, sondern nur für Waffen! Denn das einzige Ministerium, das sich vor Geld nicht retten kann, ist das Verteidigungsministerium. Noch nie hat eine Bundesregierung so viel Geld für Krieg und Aufrüstung eingeplant. Militärausgaben für nächstes Jahr: knapp 90 Milliarden Euro. 90 Milliarden Euro! Für 9 Milliarden Euro könnten Sie den bestehenden Investitionsstau im Katastrophenschutz auflösen. Für 20 Milliarden Euro könnten Sie sämtliche Sportstätten in Deutschland sanieren. Für 30 Milliarden Euro ließen sich alle Brücken in ganz Deutschland rechtzeitig sanieren. Wie dringend nötig das ist, haben wir gerade letzte Nacht in Dresden gesehen. Stattdessen: dubiose Beraterverträge, Milliarden für Funkgeräte, die nicht in Panzer passen, für Gewehre, die schräg schießen. Klingelt da was? Dank Ihnen allen zählt Rheinmetall zu den erfolgreichsten DAX-Konzernen. Ich sage Ihnen: Überall ist das Geld besser angelegt als in der Rüstungsindustrie! Hören Sie endlich mit dem Säbelrasseln auf! Diplomatie statt Waffen, das ist die Lösung! Wofür Sie außerdem noch Geld übrighaben, ist die Aktienrente. 12 Milliarden Euro – übrigens auch an der Schuldenbremse vorbei – kostet der Spaß. Was es bringt, weiß keiner. Für den gleichen Betrag könnten Sie dafür sorgen, dass niemand weniger als 1.250 Euro Rente hat. Herr Scholz, Sie haben hier gerade wirklich gesagt, dass Sie dafür sorgen wollen, dass alle so lange arbeiten können, wie sie wollen. Als ob das unser Hauptproblem wäre! Die Generation, die Dutzende Jahre gearbeitet hat, sammelt Pfandflaschen, weil die Rente nicht zum Leben reicht! Das ist doch unser Problem! Wo ist Ihr Respekt für Menschen, die mit 70 noch arbeiten müssen, die bei den Tafeln Schlange stehen, die nicht einfach mal mit ihren Enkeln ein Eis essen können? Diesen Menschen zu helfen, daran müssen Sie sich als Regierung messen lassen! Und Sie versagen dabei auf ganzer Linie. Und wissen Sie, was ein starker Sozialstaat außer Armut noch bekämpft? Faschisten! Ja, Sie können sich nach jeder Wahl hierhinstellen und den Leuten zurufen, dass sie Rechtsextreme nicht wählen sollen. Aber wie oft müssen wir Ihnen noch die Studien vorlegen, die eindeutig beweisen, dass Kürzungspolitik und Zuspruch zu rechtsextremen Positionen einen direkten Zusammenhang haben? Wie viele Faschisten müssen noch in die Parlamente gespült werden, bis auch der Allerletzte bei Ihnen begreift: Man bekämpft die AfD nicht, indem man ihre Politik des Nach-unten-Tretens übernimmt, sondern indem man Politik macht, die das Leben von Menschen verbessert, indem man investiert. Verdammt noch mal! Ich komme zum Schluss. Ihr Haushalt funktioniert nicht. Sie opfern alles für die Schuldenbremse, umgehen Sie aber selbst, wenn es gerade passt. Sie investieren nicht da, wo es nötig ist. Sie suchen sich Sündenböcke, die sich nicht wehren können, und verspielen das Vertrauen der Menschen in dieses Parlament endgültig, weil Sie viel reden, aber nichts liefern, um den Alltag der Menschen zu verbessern. Das ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie dieser Satz: das Allerletzte. Und die nächste Rednerin ist für die Bundesregierung die Staatsministerin beim Bundeskanzler, Claudia Roth. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kultur in jeder von uns geförderten Form bewahrt uns: bewahrt uns vor Engstirnigkeit, Voreingenommenheit und Intoleranz. Sie verhilft uns zu Wissen und Erfahrung. Kultur vermittelt uns Anschauung und Erkenntnis, ein Bild von uns selbst und anderen. Kultur kennt keine Grenzen. Und erst das gibt uns die Möglichkeit der Auseinandersetzung und Verständigung miteinander. Eine Demokratie ohne eine freie, lebendige und vielstimmige Kultur ist eine sterbende Demokratie. Umgekehrt gilt: Stirbt die Demokratie, ist die Lebenserwartung der Kultur kaum mehr der Rede wert. Mit anderen Worten: Die Kultur war nie bedeutender für die Demokratie als jetzt. Weil es ein sehr wichtiges Anliegen ist, alle Menschen in Deutschland an kulturellen Angeboten teilhaben zu lassen, nicht nur in den Metropolen, sondern auch in der Fläche, habe ich für diesen Kulturhaushalt gekämpft und kämpfe dafür jeden Tag. Das trägt Früchte. Bei dem wirklich erfolgreichen KulturPass, der die Teilhabe von 18-Jährigen stärkt, haben wir erreicht, dass das KulturPass-Budget ab heute über zahlreiche Sparkassen per Onlinebanking aktiviert werden kann. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Haushalt ist ein Kraftakt. Er war Zwängen unterworfen wie kein anderer. Nicht alles, was wir für richtig und für notwendig gehalten haben, konnten wir möglich machen. Darüber wollen wir in den kommenden Wochen mit Ihnen, mit den Abgeordneten, beraten. Der Haushalt steht unter dem Zeichen eines Krieges in Europa, in dem wir entschlossen sind, die Ukraine in jeder Weise zu unterstützen. In diesem Krieg geht es auch darum, die Demokratie zu erhalten, die droht dem Recht des Stärkeren zu unterliegen. Es geht um den Erhalt einer offenen Gesellschaft. Deswegen braucht es das Werben für die Demokratie und den Kampf gegen die Desinformation, und dafür steht die Deutsche Welle exemplarisch. Unsere demokratische Gesellschaft braucht Erinnerungsarbeit, die dazu beiträgt, die im Grundgesetz verbürgten Rechte zu bewahren, allen voran den Schutz der Würde aller Menschen. Selbstverständlich ist und bleibt der Holocaust Ausgangspunkt unserer Erinnerungspolitik. Die Gedenkstätten, die den Nationalsozialismus und die SED-Diktatur aufarbeiten, stützen wir im Haushaltsentwurf nachdrücklich. Das Gedenkstättenkonzept wird derzeit in enger Zusammenarbeit mit den Akteurinnen und Akteuren der Erinnerungslandschaft aktualisiert. Wie wichtig ihre Arbeit ist, zeigt eine furchterregende Entwicklung: die massive Bedrohung von Gedenkstätten durch den demokratiefeindlichen Mob. Wir müssen sie davor schützen mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen. Zur Erinnerungsarbeit zählt auch die Aufarbeitung des Kolonialismus. Auch hier kommen wir gut voran und wollen vorbehaltlich der kommenden Beratungen eine koordinierende Stelle, eine Geschäftsstelle schaffen. Mit der Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte haben wir Förderinstrumente für genau dieses wichtige Thema. Mit dem Haus der Geschichte arbeiten wir zurzeit intensiv an der Neukonzeption der dortigen Dauerausstellung, die auch das Thema der Einwanderungsgesellschaft würdigen wird. Ich sagte es bereits: Nicht alles, was aus meiner Sicht und aus der Sicht der Kultur notwendig ist, konnten wir, anders noch als im vergangenen Jahr, möglich machen. Das betrifft auch die Freie Szene. Aber wenn nun der Vorwurf erhoben wird, der Haushaltsentwurf vernachlässige sie, dann will ich dem widersprechen. Wir haben in dieser Legislaturperiode gerade für die Freie Szene Erfolge erzielt und Mittel generiert. Wir haben die Förderung im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit um über 30 Millionen Euro und damit um rund 45 Prozent ausgebaut. Darin enthalten sind der Theaterpreis, 10 Millionen Euro zusätzlich für die Initiative Musik und neue Förderinstrumente wie der Festivalförderfonds und der Amateurmusikfonds, die auf Ihre Anregung zurückgehen. Besonders am Herzen liegt mir Chemnitz, die Kulturhauptstadt Europas im nächsten Jahr. 10 Millionen Euro dafür sind ein bewusstes Zeichen, dass sich der Bund für Sachsen, für eine freie Kultur, für die Demokratie und für die europäische Kulturpolitik engagiert. Auch wenn Aufwüchse wie im vergangenen Regierungsentwurf nicht möglich waren: Die Förderung der Bundeskulturfonds für 2025 liegt immer noch deutlich über den Ansätzen von 2023 und denen der letzten Bundesregierung. Und mit Blick auf das Bündnis internationaler Produktionshäuser möchte ich hier wiederholen, was ich den Leiterinnen und Leitern im persönlichen Gespräch gesagt habe: Wir wollen die anstehenden Beratungen gemeinsam nutzen. Erst gestern haben wir mit der Kulturstiftung des Bundes gesprochen, dass wir über Förderungsmöglichkeiten noch einmal helfen wollen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, finanzielle Mittel, strukturelle Veränderungen und organisatorische Maßnahmen sind die Instrumente der Politik. Deswegen möchte ich deutlich sagen: Wenn es um große Reformen geht wie bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz oder bei der Filmförderung, wenn es um die enge Zusammenarbeit geht mit der Außenministerin beim Thema „Restitution kolonialer Objekte“, mit der Innenministerin, dem Ernährungsminister beim Thema „Kultur im ländlichen Raum“, wenn es um die Leitungen von Bundeseinrichtungen geht, die wir in den letzten Jahren gewinnen konnten, von Katarzyna Wielga-Skolimowska über Jenny Schlenzka, Tricia Tuttle bis zu Marion Ackermann – Bonaventure Ndikung möchte ich nennen, noch von Monika Grütters ausgewählt –, dann sehen Sie, wie sich eine moderne Kulturpolitik gestaltet. Lassen Sie uns gemeinsam darum ringen, die kulturelle Infrastruktur in unserem Land zu unterstützen und unser Gemeinwesen in der ganzen Vielfalt seiner Kultur zu stärken. Ich danke Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen, schon jetzt für Ihre wertvolle und notwendige Unterstützung. Für die FDP-Fraktion hat das Wort Anikó Glogowski-Merten. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde nicht müde, hier immer wieder zu betonen: Kultur schützt Demokratie. Dort, wo Kultur angegriffen wird, werden alle Freiheitsrechte angegriffen. Als kulturpolitische Sprecherin meiner Fraktion kämpfe ich für die Kultur und ebenso für die Freiheit der Kunst und um die Freiheit der Kreativität. Eine offene Gesellschaft lebt von Kreativität, lebt von widerstreitenden Ideen. Dafür brauchen wir die Vielfalt der ganzen Gesellschaft, Respekt und Wertschätzung füreinander. Eine solche Kulturpolitik wird auch Widerspruch aushalten können und aushalten müssen. Umso wichtiger ist, dass wir uns hier und heute mit Kulturförderung befassen. Ich bin Dr. Gerhart Baum sehr dankbar, dass er in seiner gestrigen Rede anlässlich der Feierstunde zum 75. Jahrestag der ersten Bundestagssitzung die Rolle der Kunst und Kultur betonte. Er sagte – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –: „Sie gibt den Menschen Orientierung, sie gibt ihnen Halt. Sie weist in die Zukunft.“ Er hob den Stellenwert der Kulturpolitik im Bund hervor, die immer mehr zum richtungsweisenden Leuchtturm wurde; eine Strahlkraft, die sich die Kulturschaffenden gerade nach der Pandemie so sehr gewünscht haben. Für den Bundeskulturetat stehen 2025 insgesamt rund 2,2 Milliarden Euro zur Verfügung, die unsere vielfältige Kulturlandschaft unterstützen sollen. Die Bundesregierung hat trotz multipler Krisen in ihrem Entwurf wieder mehr als solide Mittel für den Bundeskulturhaushalt bereitgestellt. Mein Dank gilt vor allem Finanzminister Christian Lindner für diesen Rückhalt. Ja, das zeigt, dass Kultur in unserem Land einen hohen Stellenwert hat. Aber wir wissen auch: Geld allein reicht hier nicht. Es braucht eine verlässliche und vorausschauende Kulturpolitik, die den Bedürfnissen der Kulturschaffenden gerecht wird und nachhaltige Strukturen stärkt. Denn was dieser Entwurf des Kulturetats aufzeigt, ist die fehlende Konstanz und Verlässlichkeit in der Kulturpolitik der Staatsministerin. Jahr für Jahr ändern sich die Prioritäten, ohne dass ein langfristiges und nachhaltiges Konzept erkennbar wäre. Jetzt zeigen wir die Richtung auf, in die die Kulturpolitik gehen soll. Was mir fehlt, ist eine klare Vision: Was möchte unsere Staatsministerin in ihrer Amtszeit erreichen? Wofür steht die Kulturpolitik? Welche langfristigen Ziele werden verfolgt? Es scheint, als ob hier eher auf eine kurzfristige politische Notwendigkeit reagiert wird, als dass eine kohärente und nachhaltige Strategie verfolgt wird. Dabei wäre es gerade jetzt, in Zeiten vielfältiger Krisen, so wichtig, die kulturelle Infrastruktur in Deutschland mit einem klaren Fahrplan zu stabilisieren und zu stärken: kein Hü und Hott und Klein-Klein, sondern zielgerichteter, nachhaltiger Mitteleinsatz zur Stärkung zentraler Strukturen und Programme unserer Kulturlandschaft. Wir müssen uns fragen, was für Deutschland wichtig ist. Was macht Deutschland aus? Wenn man diese Fragen stellt, bekommt man die Antwort zu den zentralen Bausteinen. Stichwort hier: die Stärkung der Gedenkstätten, nicht nur das Stützen, sondern das Stärken. Wie im Koalitionsvertrag gefordert, ist es an der Zeit, dies auch zu tun. Denn sie sind unter anderem die Orte, an denen Vermittlung stattfindet, um Menschen Haltung und Orientierung zu geben. Der Blick zurück stärkt uns für ein gemeinsames Schauen nach vorne. Ich bin zuversichtlich, dass wir Kulturpolitiker/-innen gemeinsam mit unseren Haushältern – bei mir verbunden mit einem großen Dank und einem Gruß, gerichtet an den lieben Otto Fricke mit seinem großen Herzen für die Kultur – im parlamentarischen Verfahren noch wichtige Anpassungen werden vornehmen können, um die Kulturförderung auf ein solides Fundament zu stellen. Die FDP wird sich weiterhin für eine verlässliche und nachhaltige Kulturpolitik einsetzen; denn Kultur ist kein Luxus, sondern ein zentraler Bestandteil unserer offenen Gesellschaft. Deswegen wiederhole ich an der Stelle: Kultur schützt Demokratie. Das kann sie aber nur, wenn die demokratischen Kräfte sich auch umgekehrt für die Kultur in ihrer Vielfalt starkmachen. Vielen Dank. Die nächste Rednerin ist für die Unionsfraktion Dr. Christiane Schenderlein. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht weiter mit der Kulturpolitik, und ich freue mich, dass wir heute in dieser Debatte mal so ganz kompakt über Kulturpolitik sprechen. Es gab zunächst sehr hohe Erwartungen, als Olaf Scholz kurz vor der Bundestagswahl in einem Gastbeitrag für einen neuen Schulterschluss in der Kulturpolitik warb. Es sollte ein Kulturplenum mit Künstlern, mit Politik und der Zivilgesellschaft organisiert werden. Nur, bis heute wurde dieses Kulturplenum noch nicht einmal eingerichtet. Dabei wäre der regelmäßige Austausch, das Gespräch, so wichtig. Stattdessen erhält Kulturstaatsministerin Claudia Roth einen Brandbrief nach dem anderen. Es gibt zu Teilen Kulturschaffende, die sich nicht mehr gehört fühlen. Es gab beispielsweise nur ein Auftaktgespräch mit der Kultur- und Kreativwirtschaft. Aktuell steckt der Wirtschaftsstandort Deutschland in einer Krise. Dazu zählt auch die Kreativwirtschaft als drittgrößte Branche mit fast 2 Millionen Beschäftigten. Auch diese ist gefährdet. Dazu gehört eben auch die Filmindustrie. Auch hier waren Sie, Herr Bundeskanzler, vor einem Jahr in Babelsberg und haben danach gefordert, dass das Studio Babelsberg erhalten bleiben muss. Jetzt erhielten auch Sie vor ein paar Wochen einen Brandbrief von den deutschen Filmstudios. Darin heißt es, Deutschland drohe von der Landkarte der internationalen Filmproduktionen zu verschwinden. Die Kulturstaatsministerin kündigt diese Reform seit drei Jahren an. Bis jetzt ist sie aber noch nicht umgesetzt. Die Länder sind noch nicht alle im Boot. Die Gespräche fanden viel zu spät statt. Dabei brauchen wir hier unbedingt Klarheit; denn sonst droht tatsächlich diese massive Abwanderung. Im Frühjahr löste Staatsministerin Roth eine beispiellose Protestwelle der Gedenkstätten aus, als ein sogenanntes Rahmenkonzept Erinnerungskultur aus der Tasche gezaubert wurde, ohne vorher mit den Fachleuten zu sprechen. Es war der Versuch, von oben herab eine geschichtspolitische Kehrtwende zu vollziehen. Alles sollte miteinander vermischt werden: der Naziterror, die DDR, die NSU-Morde, Rechtsextremismus, Kolonialismus, Einwanderungsgesellschaft. Dieses Konzept verabschiedete sich vom langjährigen Konsens, dass die nationalsozialistischen Verbrechen nicht relativiert werden dürfen. Erst nach der massiven Kritik haben Sie zurückgerudert. Aber es darf eben keine Ideologisierung unseres nationalen Gedenkens geben. Die richtige Antwort wäre gewesen, die Gedenkstätten im Kulturhaushalt zu stärken. Das ist eben nicht erkennbar. Sie stehen vor substanziellen Herausforderungen, und gleichzeitig werden deren Mitarbeiter sogar aus dem rechtsextremen Milieu bedroht. Dem müssen wir uns gemeinsam entgegenstellen. Gleiches gilt für die zunehmenden antisemitischen Aktionen und Boykottaufrufe in unseren Bildungs- und Kultureinrichtungen. Das dürfen wir nicht zulassen. Ich bekräftige daher hier noch mal ganz klar unsere Überzeugung: Es dürfen keine Bundesmittel in Kulturprojekte fließen, die dieses Geld für Antisemitismus missbrauchen; denn der Antisemitismus ist nicht von der Kunstfreiheit gedeckt. Als Union reichen wir Ihnen hierzu seit Monaten die Hand. Vor zwei Wochen gab es dann wieder Protestschreiben gegen Mittelkürzungen, diesmal von der Freien Szene. Die Petition dazu hat schon über 40.000 Unterzeichner. Darin werden Sie aufgefordert, die kulturpolitischen Fehlentscheidungen zu korrigieren. Aber stattdessen sehen wir neue Preise, zum Beispiel für Plattenläden, in Höhe von 1 Million Euro. Auch der KulturPass wird von Ihnen immer wieder angepriesen. Aber er ist eben kein Erfolgsschlager. Gerade mal 25 Prozent der Jugendlichen – das ist schon aufgerundet – haben sich hier registriert, trotz der millionenschweren Werbekampagne. Dabei bräuchten wir dieses Geld zum Beispiel dafür, um unser kulturelles Erbe zu bewahren. Wir fordern für den Kulturbereich eine nationale Resilienzstrategie, um unsere Kulturgüter vor Naturkatastrophen, Terror und Sabotage zu schützen. Nach drei Jahren grüner Kulturpolitik sind viele Vorhaben noch nicht erledigt. Es sind neue aufgetürmt worden, die aber noch nicht finanziert wurden. Grundsatzentscheidungen erscheinen in dem Lichte sehr widersprüchlich. Das ist ein Zickzackkurs und keine Kulturpolitik der Moderne. Die „FAZ“ spricht sogar von einem Scherbenhaufen; denn – so heißt es –: „Claudia Roth versteht ihr Amt nicht politisch, sondern aktivistisch. Deshalb schmiedet sie immer neue Projekte und vernachlässigt ihre Kernaufgaben.“ Wir fordern daher Transparenz und Priorisierung. Das ist in dieser Haushaltslage zwingend notwendig. Was auf keinen Fall passieren darf, ist, dass es wieder eine Haushaltssperre gibt, gerade im Kulturbereich, der von viel Engagement und von Projekten lebt. Das wäre katastrophal. Lassen Sie uns gemeinsame Fürsprecher für die Kulturschaffenden sein! Für die SPD-Fraktion hat das Wort Anja Troff-Schaffarzyk. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Haushaltsdebatten geht es natürlich immer um Zahlen; aber unter dem Strich ist wichtig, was bei den Menschen ankommt. Darum möchte ich Sie einmal in meinen Wahlkreis mitnehmen. Das ist der Wahlkreis Unterems. Dort liegt Papenburg und damit auch die Meyer Werft, die größte Werft Deutschlands und wichtig für das ganze Land. Seit Monaten bangen dort Tausende Menschen aufgrund von Finanzierungsengpässen auf der Werft um ihre Zukunft. Immerhin circa 20.000 Arbeitsplätze hängen daran. Aber bei allen Problemen steht fest: Es gibt eine starke wirtschaftliche Substanz, die Meyer Werft hat Zukunft, und es ist unsere sozialdemokratische Überzeugung, dass die Politik diese auch sichern muss. Von Beginn an haben wir Abgeordnete der Region unzählige Gespräche mit allen relevanten Akteuren geführt. Was mich von Anfang an positiv gestimmt hat, war der klare Fokus darauf, wie geholfen wird, und nicht, ob geholfen wird. Der Dringlichkeit der Sache wurde die Schnelligkeit des Handelns gerecht. Der Zeitplan war ambitioniert. Vor knapp drei Wochen gab es dann die Einigung, dass die Meyer Werft mit staatlicher Unterstützung gerettet wird. Es war ein starkes Zeichen an die Beschäftigten und die Region, dass unser Bundeskanzler Olaf Scholz selber auf der Werft war und das verkündet hat. Dafür herzlichen Dank! Aber bei aller Erleichterung bleibt klar: Es ist noch nicht alles gut. Leider droht immer noch ein Abbau von 340 Stellen trotz voller Auftragsbücher. Gleichzeitig muss die Umstrukturierung des Unternehmens vorangehen. Aber heute gab es gute Nachrichten: Die Haushaltsausschüsse des Bundestages und des Landtages haben den Weg frei gemacht. Die Freigabe der notwendigen Finanzmittel wurde beschlossen, und somit kann jetzt die Rettung der Werft wirklich vollzogen werden. Ende der Woche können die endgültigen Unterschriften geleistet werden. Auch dafür: Danke schön! Was lernen wir aus der Rettung der Meyer Werft? Es ist eben nicht egal, wer gerade regiert. Wer eine SPD-geführte Bundesregierung ins Amt wählt, bekommt eine politische Führung, die für Industrie, Wertschöpfung und Arbeitsplätze im ganzen Land einsteht. Meyer ist kein Einzelfall. Wir machen klar: Transformation bedeutet Zukunft. Danke. Und für die Gruppe BSW hat nun das Wort Dr. Sahra Wagenknecht. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn Sie uns in den Kulturteil einsortiert haben, müssen Sie jetzt doch noch mal eine Rede zur Generaldebatte ertragen. „Olaf Scholz ist der beste Bundeskanzler, den wir je gehabt haben.“ Wer hat es gesagt? Nein, unterwegs im Land habe ich das nie gehört – nicht von der Rentnerin, die nach 40 Jahren Arbeit oft weniger Rente bekommt als die meisten Minister nach einem Jahr. Auch nicht von Arbeitern bei VW oder anderswo, wo inzwischen die nackte Angst umgeht. Nein, gesagt hat diesen Satz natürlich ein Politiker, und zwar Gesundheitsminister Lauterbach. Scholz, „der beste Bundeskanzler“: Das ist so weit weg von der Stimmung im Land, dass man sich wirklich fragt: Welche Medikamente testet der Lauterbach gerade für die Pharmaindustrie? Sie feiern sich als demokratische Parteien. Gibt Ihnen noch nicht mal zu denken, dass Ihre Politik die Menschen so sehr an der Demokratie verzweifeln lässt, dass für viele inzwischen sogar Björn Höcke das kleinere Übel ist? Demokratische Politik beginnt damit, dass es den Regierenden nicht egal ist, wenn unsere Industrie vor die Wand fährt, wenn Löhne und Renten drei Jahre hintereinander in ihrer Kaufkraft fallen und wenn Kinder in heruntergekommenen Schulgebäuden noch nicht einmal mehr den Dreisatz lernen. Demokratische Politik beginnt damit, es nicht mit einem Achselzucken abzutun, wenn der Sprecher des Kinderhilfswerks „Arche“ mit den Worten „Wir sind am Ende. Bei uns laufen schon 11-Jährige mit Messern rum“ einen sofortigen Aufnahmestopp für Flüchtlinge fordert, weil sonst das System kollabiert. Demokratische Politik beginnt damit, sich einmal wieder für die Probleme im Land zu interessieren, statt sich in einer abgehobenen Blase einzurichten, wo Mobilitätsprobleme mit E-Porsches gelöst werden, wo die Wärmepumpe als Wundermittel gegen hohe Heizkosten gilt und wo angeblich immer mehr Waffen Frieden schaffen. Da verabreden Sie, Herr Scholz, mal eben ohne jede Debatte, dass ab 2026 US-Raketen in Deutschland stationiert werden, die das nukleare Gleichgewicht zwischen Russland und den Vereinigten Staaten verändern und deshalb das atomare Risiko für Deutschland im Konfliktfall gravierend erhöhen. Dieser Satz steht wörtlich in einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung. Entweder liest der SPD-Kanzler keine Papiere der eigenen Stiftung, oder er nimmt wissentlich in Kauf, unser Land einem Risiko auszusetzen, das aus gutem Grund kein anderes europäisches Land eingehen will. Herr Scholz, Ihre Regierung ist eine Gefahr für die Demokratie, für den Wohlstand, für die Sicherheit und für den Frieden in Deutschland. Kehren Sie um! Widerrufen Sie den Raketenbeschluss, und bemühen Sie sich ehrlich um ein diplomatisches Ende des Ukrainekriegs! Senken Sie die Energiepreise durch einen Stopp dieser sinnlosen Sanktionen! Kippen Sie das Verbrennerverbot! Investieren Sie in Bildung und Infrastruktur! Stoppen Sie endlich die irreguläre Migration, indem Sie die Anreize beseitigen! Und leiten Sie eine Rentenreform nach österreichischem Vorbild ein! Das wäre demokratische Politik. Und für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort Erhard Grundl. Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! In Deutschland, aber ganz besonders bei uns in Bayern, gehören Volksfeste und auch Bierzelte zur Kultur, auch der Gillamoos in Abensberg bei mir in Niederbayern. Und wenn Kultur, wie der Duden sagt, Ausdruck menschlicher Höherentwicklung ist, dann hat sich der CSU-Vorsitzende Söder, Dauerpiesacker seiner Schwesterpartei, spätestens bei der Kulturveranstaltung Gillamoos endgültig von der Kultur verabschiedet. Ohne jede Kreide im Rachen und als Westentaschen-Trump hat er wiederholt pauschal von Migration als entscheidendem Problem für unser Land schwadroniert. Das ist nicht nur hetzerisch gegenüber den mehr als 21 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in unserem Land; es ist auch wirtschaftlich unsagbar kurzsichtig und weltfremd. Menschen mit Migrationshintergrund sind ein Fundament für den Wohlstand in Deutschland. Das ist nicht nur der Talk für die 60er- und 70er-Jahre, sondern das gilt bis heute: Sie sind ein Fundament für den Wohlstand in der Bundesrepublik Deutschland. Dieser Wohlstand hat auch mit der Arbeit von Menschen in Kultur- und Kreativwirtschaft zu tun. Über 100 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung haben wir durch die vielleicht kleinteilige, aber umso wuseligere Kreativwirtschaft erreicht. Darauf können die Kreativen, darunter viele Soloselbstständige, stolz sein. Sie sind gesellschaftsrelevant und ökonomisch wichtig. Robert Habeck, Michael Kellner, sein Staatssekretär, und Claudia Roth haben in den vergangenen Jahren hier viel Positives bewirkt, vor allem im Hinblick darauf, dass die Branche auf das Vor-Corona-Niveau zurückkehrt. Das ist eine hervorragende Leistung. Diese Regierung verfolgt eine Kulturpolitik, die die ganze Gesellschaft erreicht, eine Kulturpolitik, die barrierefreie Zugänge in jeglicher Hinsicht fördert, eine Kulturpolitik, die Strukturen stärkt und sogenannte Leuchtturmprojekte immer wieder kritisch hinterfragt, sowie eine Kulturpolitik, die den vielen Menschen in der Kreativwirtschaft ein guter Partner ist. Damit dies auch für diesen Haushalt gilt, beraten und diskutieren wir in den bevorstehenden Verhandlungen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es wieder gelingen wird. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Sepp Müller für die Unionsfraktion ist der nächste Redner. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Historiker Hubertus Knabe titelt heute in einem Beitrag: „Als der Eiserne Vorhang ein Loch bekam“. Heute vor 35 Jahren öffnete Ungarn die Grenzen für Tausende aus der DDR geflüchtete Personen, die nach Freiheit gerufen hatten. Heute vor 35 Jahren ermöglichte Ungarn den Menschen, dem Freiheitsruf nachzukommen. Herr Bundeskanzler, zu Ihrem Etat gehört doch auch der Etat für Ostdeutschland. Was genau ist eigentlich Ostdeutschland für Sie? Im 35. Jahr des Mauerfalls sind es sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede, die Ost- und Westdeutschland verbinden. Es sind gerade die Unterschiede, die uns oft vergessen lassen, wie viele Gemeinsamkeiten uns zusammenhalten. Die strukturellen Unterschiede, die nach wie vor vorhanden sind, wie die Unterschiede beim Vermögen, bei Wohneigentum oder bei der Besetzung von Führungspositionen, dürfen uns nicht ruhen lassen. Diese Zustände wollen wir weiter ändern und verbessern. Was wir aber im Osten überhaupt nicht brauchen, Herr Bundeskanzler, ist Ihre ewige Besserwisserei. Niemand, wirklich niemand in Ostdeutschland muss von Ihnen belehrt werden. Sie, Herr Bundeskanzler, brauchen Ihre Politik den Menschen nicht besser zu erklären. Herr Bundeskanzler und Frau Esken, Ihre Politik wird von einer großen Mehrheit der Menschen abgelehnt. Ändern Sie endlich Ihre Politik! Kehren Sie zur Vernunft zurück! Sie, Herr Bundeskanzler, haben selbst dazu beigetragen, dass das Vertrauen der Menschen verloren gegangen ist. Sie haben in den letzten Monaten viel vergessen, verschleiert und vertuscht. Wie steht es denn nun eigentlich um die Ansiedlung von Intel in Magdeburg? Diese Übergangsregierung hat für den Osten der Republik nicht den notwendigen Blick. Der Bau des Zukunftszentrums für Deutsche Einheit in Halle an der Saale soll nun erst im Jahr 2030 abgeschlossen sein, drei Jahre später als geplant. Die Finanzierung in Ihrem Haushalt ist jedoch nur bis 2028 gesichert. Wollen Sie nach dem Richtfest eigentlich aufhören, zu bauen? Jüngst behauptete die Vorsitzende der Grünen, Ricarda Lang, dass Migration bei den Wahlen in Thüringen und Sachsen nicht zur Debatte stand. Das ist schlichtweg falsch. Die illegale Migration war und ist das bestimmende Thema vor Ort. Nehmen Sie sich der Sorgen der Menschen an, und lösen Sie das Thema der illegalen Migration! Das richte ich an Bündnis 90/Die Grünen: Sie sind als Bürgerbewegung in Ostdeutschland gestartet. Sie haben mit den Menschen gemeinsam die Friedliche Revolution auf den Weg gebracht, als Bündnis 90. Mittlerweile wollen Sie unseren Bürgern Ihre grüne Ideologie aufzwingen. Was nicht in Ihr ideologisches Raster passt, wird bestenfalls kleingeredet oder schlimmstenfalls in die rechte Ecke geschoben. Das ist nicht nur unklug, sondern auch brandgefährlich. Das gleiche Muster setzt sich in der Wirtschaftspolitik unter dem Kinderbuchautor Robert Habeck fort. Bis heute haben Sie es nicht geschafft, die Gelder für die Ertüchtigung der Pipeline zwischen Rostock und Schwedt von der EU genehmigen zu lassen. Bei den Fördermilliarden für Intel in Magdeburg haben Sie die Genehmigung bis heute noch nicht einmal beantragt. Die Menschen in Ostdeutschland erwarten Lösungen von uns hier im Parlament. Dasselbe gilt für die Stickstoffwerke in der Lutherstadt Wittenberg. Aus grünen ideologischen Gründen wird die Biomethannutzung blockiert. Das ist nicht nur kurzsichtig, sondern schadet auch der wirtschaftlichen Entwicklung in einer ganzen Region. Gleichzeitig müssen wir uns wegen Ihrer ideologischen Politik abhängig machen von anderen Ländern. Sie schaden damit nicht nur den ostdeutschen Regionen, sondern Sie schaden mit Ihrem Nichthandeln auch der Souveränität unserer Bundesrepublik. Die Quittung für Ihr politisches Handeln hat Ihre Übergangsregierung bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen erhalten. Kommen Sie endlich zur Vernunft! Dazu gehört ebenso eine kritische Bestandsaufnahme des Amtes des Ostbeauftragten. Herr Staatsminister Schneider, Sie haben sich letztens selbst abwägend zu diesem Amt geäußert. Ich wünschte mir, diese Selbstreflexion hätte in allen Teilen der Bundesregierung Platz. Das Amt des Ostbeauftragten der Bundesregierung befindet sich auf seiner Schlusskurve. Wir brauchen keinen Jammerossi, wir brauchen keinen Reiseonkel; wir brauchen einen Minister mit Vetorecht in dieser Bundesregierung. Wir setzen uns dafür ein, spätestens ab 2025 eine starke Stimme für Ostdeutschland zu sein. Für die Bundesregierung hat jetzt das Wort die Staatsministerin beim Bundeskanzler, Reem Alabali-Radovan. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein gefährliches Narrativ ist zurück: die Migration als Mutter aller Probleme. Wir befinden uns in einem Überbietungswettbewerb um populistische Scheinlösungen, leider auch aus der demokratischen Mitte. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, ich sage Ihnen eines: Wer wirklich an der Seite der Menschen mit Einwanderungsgeschichte in diesem Land steht, der stellt nicht ständig ganze Menschengruppen unter Generalverdacht. „Wenn ich Integration höre, denke ich an eine Prüfung, die nie endet.“ Das sagte kürzlich der Autor Said Etris Hashemi, Überlebender des Anschlags in Hanau. Er bringt auf den Punkt, was viele Menschen in diesem Land denken und fühlen – viele Millionen Menschen mit Einwanderungsgeschichte, die selbstverständlich Teil dieses Landes sind, die sich jetzt fragen, ob sie und ihre Kinder überhaupt noch eine Zukunft in diesem Land haben. Diese Frage müssen wir uns alle stellen: In welchem Land wollen wir leben, und wer wollen wir sein? Wollen wir ein Land sein, das ständig Menschen in Herkünfte unterteilt, oder wollen wir ein Land sein, das sich für eine inklusive und vielfältige Welt einsetzt? In Rekordzeit haben wir das Sicherheitspaket auf den Weg gebracht; morgen werden wir es im Bundestag debattieren. Das ist richtig und wichtig. Aber wir müssen jetzt auch den Fokus auf Integration legen. Und Integration braucht Geld und verlässliche Strukturen. Integration gelingt, fernab von den Schlagzeilen, täglich millionenfach in diesem Land. Das zeigt uns auch der OECD-Länderbericht; schauen Sie da gerne mal rein. Aber natürlich haben wir noch einiges zu tun. Wir brauchen Investitionen in unsere Schulen, in die Integrationskurse. Wir müssen Arbeitsverbote weiter abbauen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir nun diesen Entwurf des Haushalts beraten, habe ich einen Wunsch: Kürzen wir nicht bei den wichtigen Integrationsstrukturen, sondern investieren wir in das gute Zusammenleben in unserer Gesellschaft! Vielen Dank. Der nächste Redner ist Stefan Seidler. Vielen Dank, Frau Präsidentin. Moin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerade in diesen Zeiten ist es notwendig, auch die Rechte unserer Minderheiten in den Fokus zu stellen. Es ist eine kleine, aber tragende Säule, auf der unsere liberale Gesellschaft ruht. Darum, liebe Kolleginnen und Kollegen, bin ich dankbar für Ihre Unterstützung in diesem Haus. Trotzdem sehe ich im Haushalt der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien noch Nachbesserungsbedarf. Da wurde der Rotstift bei unseren Friesen angesetzt, und auch bei meiner dänischen Minderheit scheint noch was zu fehlen. Hier dürfen keine Einsparungen vorgenommen werden; da müssen wir noch mal ran. Mir ist bewusst, dass der Haushalt knapp bemessen ist und es schwer ist, Einigkeit zu erzielen. Jeder muss seinen Teil beisteuern. Aber Sie müssen wissen: Einsparungen bei den Minderheiten schlagen immer doppelt zu Buche. Zudem sollte uns allen klar sein: Der gesellschaftliche Druck und die Erwartungen der Leute an dieses Haus sind gerechtfertigt. Es ist schließlich unsere Verantwortung, die notwendigen Investitionen zu tätigen, um die Demokratie zu stärken. Angesichts des erschreckenden Rechtsrucks, den wir bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen zuletzt gesehen haben, sagt mir mein nordisches Demokratieverständnis: Wir Demokratinnen und Demokraten müssen zusammenstehen – gerade jetzt. Gerade jetzt müssen Demokraten für unser Land über die politischen Gräben hinweg Brücken bauen. Deshalb ist es verfehlt, jetzt durchweg bei allen Freiwilligendiensten, dem Ehrenamt und dem sozialen Engagement zu kürzen. Sie bilden einen Grundstein für die funktionierende Teilhabe aller. Und nicht zuletzt sind sie eine unverzichtbare Stütze vieler Organisationen in diesem Land und übernehmen zentrale Aufgaben zum Erhalt unserer offenen Gesellschaft. Trotzdem soll laut vorliegendem Haushaltsentwurf bei solch wichtigen Punkten eingespart werden. Da wird mir ganz angst und bange. Die Grundpfeiler unserer Demokratie dürfen nicht kaputtgespart werden; das würde irreparable Schäden hinterlassen. Vielmehr sollten wir unsere Demokratie entschieden gegen rechts verteidigen. Vielen Dank. Die nächste Rednerin ist für Bündnis 90/Die Grünen Dr. Paula Piechotta. Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Man sagt ja immer so schön: Wer nicht hören will, muss fühlen. Nachdem sich hier 35 Jahre auch ostdeutsche Abgeordnete den Mund fusselig geredet haben, ist es jetzt, glaube ich, nach diesen Landtagswahlen in Sachsen und in Thüringen das erste Mal so, dass wirklich niemand mehr in Deutschland bezweifeln kann, dass es keine ostdeutschen Regionalprobleme sind, wie die Wahlen dort ausgegangen sind, sondern dass es die Bundesrepublik als Ganzes verändert, was wir bei diesen Wahlen gesehen haben. Es ist ja nicht nur so, dass wir jetzt 35 Jahre nach der Grenzöffnung in Ungarn hier sind, sondern auch 35 Jahre nach dem Abtritt von Erich Honecker, dass jetzt wieder Menschen aus dem Saarland denken, dass sie die Politik in Sachsen und Thüringen bestimmen können. Es ist so, dass diese neuen ostdeutschen Wackelmehrheiten, die wir da jetzt sehen und die auch alle unklare Mindesthaltbarkeitsdaten haben: Die erzeugen ja nicht nur Verunsicherung vor Ort, die werden auch den Bundesrat verändern. Die werden auch im Bundesrat die Mehrheitsfindung schwieriger machen. Und im Bundesrat können wir Ostdeutschland auch nicht als Regionalproblem zur Seite drängen. Es gibt keinen ostdeutschen Bundesrat, es gibt nur einen Bundesrat. Auch daran sieht man wieder: Probleme von dort gehen uns alle an. Wenn wir uns die Umfragen anschauen, dann sehen wir: 10 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund in diesem Land haben sehr konkrete Auswanderungsvorstellungen, und sogar 10 Prozent der Menschen ohne Migrationshintergrund in diesem Land denken darüber nach, dieses Land zu verlassen, aufgrund der gesellschaftlichen Stimmung, die auch durch solche Wahlergebnisse entsteht. Auch hier sehen wir wieder deutlich: Diese Menschen wollen nicht nur aus Ostdeutschland weg. Es betrifft das ganze Land, wenn sich die gesellschaftliche Stimmung hier so verändert. Letzter Punkt. Unternehmen auf der ganzen Welt sehen, dass Parteien mit direktem Draht nach Moskau oder mit direktem Draht nach Moskau und gesichert rechtsextrem hier wieder sehr, sehr viele Wählerinnen und Wähler hinter sich versammeln können. Auch die überlegen sich, ob sie hier investieren. Das sind Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft, die nicht nur in Ostdeutschland, sondern am Ende in Gesamtdeutschland fehlen. Und deswegen, meine Damen und Herren, sind diese ostdeutschen Probleme gesamtdeutsche Aufgaben für uns alle. Lieber Sepp Müller, ich finde deine Krawatte heute – sie ist grün – extrem schön. Aber es ist so: Wenige Tage vor der Landtagswahl hat sich einer deiner CSU-Kollegen neben Fabian Köster und Lutz van der Horst gestellt und in die Kamera der „heute-show“ gesagt, es wäre ja politisch korrekt, zu sagen, dass man etwas machen müsse gegen die Vermögensungleichheiten zwischen Ost und West, aber als Westdeutschem sei es ihm eigentlich egal. Das war jemand von der CDU/CSU. Ich glaube, ihr müsst ihm erklären, warum das am Ende vor allem auch seinen eigenen Leuten schadet. So etwas macht mehr Vertrauen vor Ort kaputt, als jeder Besuch des Ostbeauftragten oder des Bundeskanzlers oder des Bundespräsidenten oder auch von Friedrich Merz vor Ort an Positivem bewirken kann. Das muss endlich mal in die Köpfe auch der Letzten in der Unionsfraktion. Das gehört auch zur Wahrheit dazu, lieber Sepp Müller. Die ostdeutsche Demokratie ist Teil der deutschen Demokratie. 35 Jahre nach dem Untergang der DDR ist die DDR jetzt fast genau so lang Geschichte, wie sie überhaupt jemals existiert hat. Wir werden diese Unterschiede nicht weiter akzeptieren. Das bedeutet aber auch: Die Demokratie und ihre Wahlkämpfe müssen wehrhafter werden. Wir müssen stärker auf die Parteienfinanzierung schauen. Wir können es nicht zulassen, dass Externe Wahlkreise kaufen, und wir können es auch nicht zulassen, dass ausländische Desinformation Wahlen in Deutschland entscheidet. Vielen herzlichen Dank. Für die Unionsfraktion hat nun das Wort die Kollegin Nina Warken. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei mir zu Hause haben wir einen sehr engagierten Landrat. Als im Sommer 2015 der Flüchtlingsstrom begann, quartierte er in dem 7.000-Einwohner-Ort Hartheim in einer leerstehenden Kaserne 700 Geflüchtete ein. Der Kreis nahm damals wesentlich mehr Menschen auf, als notwendig gewesen wäre. Er warb für diesen Kurs, und viele Freiwillige unterstützten ihn und halfen mit großem Engagement bei der Integration der Geflüchteten. Viele Menschen, die damals kamen, sind inzwischen in unserer Gemeinschaft angekommen. Und heute? Heute sagt genau dieser Landrat, der viele Erfolgsgeschichten zu berichten hat: Wir haben nicht mehr die Kraft, die Menge des Zuzugs zu bewältigen. Er wurde gestern zum Präsidenten des Deutschen Landkreistages gewählt. An dieser Stelle: Herzlichen Glückwunsch, Achim Brötel, und viel Erfolg! Auch der Deutsche Landkreistag fordert ein Gesamtkonzept für eine grundlegend andere Migrationspolitik. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Stimmen wie diese hören wir, hören Sie tagtäglich in den Kommunen. Die Menschen in ganz Deutschland spüren: Mehr geht einfach nicht. Wir haben die Kontrolle über die Einwanderung verloren. Unsere Kommunen sind am Limit, die hohe Zahl der Asylsuchenden überfordert sowohl unsere Aufnahme- als auch unsere Integrationsmöglichkeiten. Fakt ist leider auch, dass neben den vielen Hunderttausenden Menschen, die dankbar dafür sind, dass sie bei uns Schutz gefunden haben, eben auch viele Menschen gekommen sind, die unsere Werte und unsere Gesetze ablehnen; das schlägt sich auch in der Polizeilichen Kriminalstatistik deutlich nieder. Es ist also höchste Zeit, dass die Bundesregierung das erkennt und handelt. Wir brauchen Maßnahmen, die wirken. Wir brauchen diese Maßnahmen jetzt, damit unsere Bürger sehen, dass wir ihre Sorgen ernst nehmen. Wir brauchen diese Maßnahmen auch, um wieder Herr der Lage zu werden. Systematische Grenzkontrollen und konsequente Zurückweisungen sind das, was es jetzt zur Begrenzung der illegalen Migration und zum Schutz vor dem islamistischen Terror braucht. Sehr geehrte Damen und Herren, die Reduzierung von Zuwanderung ist aber kein Selbstzweck. Sie dient dem Aufrechterhalten der staatlichen Ordnung, der Sicherheit der Bevölkerung, dem gesellschaftlichen Zusammenhalt und eben nicht zuletzt auch der gelingenden Integration. Wenn zu viele Menschen in unser Land kommen, werden wir letztere schlichtweg nicht schaffen. Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie uns die Debatte zu diesem Etat, zu dem auch der Bereich der Integrationsbeauftragten gehört – wir haben sie gerade gesehen; es gibt sie wirklich –, nutzen, um einen Blick auf diejenigen zu werfen, die schon im Land sind. Da gibt es nämlich genügend Herausforderungen: knapp 600.000 Asylbewerber und 1,1 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine allein in den Jahren 2022 und 2023, über 140.000 Asylanträge bis Juli dieses Jahres, gut 500.000 Menschen, die hier ein Bleiberecht haben, die arbeiten könnten, es aber nicht tun. Und nur etwa die Hälfte der Flüchtlinge, die an einem Integrationskurs teilnehmen, schließen diesen auch erfolgreich ab. Um sich um all diese Herausforderungen zu kümmern, meine Damen und Herren, um den Menschen, aber auch den Kommunen vor Ort, die die Herausforderungen bewältigen müssen, eine Stimme zu geben, gibt es eine Integrationsbeauftragte. Leider hört man von ihr dazu gar nichts. Daran ändert auch der kurze Auftritt eben nichts. Keine Antworten auf diese Fragen. Kein Aufschrei, wenn der Ansatz für Integrationskurse im Haushalt des BMI um die Hälfte gestrichen wird. Merkt sie überhaupt, dass ihr eigener Etat von Jahr zu Jahr schrumpft? Wenn sich Frau Alabali-Radovan überhaupt einmal äußert, dann zu den Themen Rassismus oder Antidiskriminierung. Schöne Posts gibt es dazu in den sozialen Medien. Bezeichnend ist im Übrigen, dass der letzte gesetzlich vorgesehene Bericht der Integrationsbeauftragten den Titel „Rassismus in Deutschland: Ausgangslage, Handlungsfelder, Maßnahmen“ trug, und das im Jahr 2023, in dem gut 350.000 Personen einen Asylantrag in Deutschland gestellt haben. Was ist das denn für ein Amtsverständnis, Frau Staatsministerin? Dabei, sehr geehrte Damen und Herren, brauchen wir Mittel für gelingende Integration. Wir dürfen die Träger und Verantwortlichen vor Ort nicht alleinlassen. Fakt ist: Mit den im Haushalt vorgesehenen Mitteln wird es im Jahr 2025 keine Sprachkurse mehr geben. Dann wird auch der vielbeschworene Jobturbo zu einem Flopturbo; denn die Menschen werden ohne Sprachkenntnisse keine Anstellung finden. Kein Wort des Widerspruchs von der Staatsministerin; es geht ja auch nicht um Rassismus. Die Schließung von Einrichtungen und der Wegfall von Integrationskursen werden sehenden Auges in Kauf genommen. Noch ein weiteres Beispiel der integrationspolitischen Geisterfahrt der Ampel: die Streichung des Bundesprogramms „Sprach-Kitas“ im vergangenen Jahr. Das ist auch für Kinder mit Migrationshintergrund eine wahre Katastrophe, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ergebnis unserer Politik sollte nicht sein, dass Migranten ohne Deutschkenntnisse, ohne Perspektive und ohne Beschäftigung zu Hause sitzen. So kann Integration definitiv nicht gelingen. Und die nächste Rednerin ist Joana Cotar. Frau Präsidentin! Werte Regierung, Sie haben fertig. 0 Prozent der Deutschen wünschen sich eine Fortführung der Ampel – 0 Prozent. Sie haben sämtliches Vertrauen verspielt. Sie ruinieren Deutschlands Wirtschaft. Sie haben die innere Sicherheit zerstört. Sie bekämpfen die Meinungsfreiheit. Sie bitten die Leistungsträger dieser Gesellschaft immer mehr zur Kasse und verteilen großzügig absurde Subventionen und Spenden in alle Welt. Sie können nicht sparen. Ja, Sie können ja noch nicht einmal Haushalt. Ob Baerbock, Habeck, Lemke, Lauterbach oder Scholz, die Mehrheit dieser Regierung ist in Skandale verwickelt, und keiner hat den Anstand, Verantwortung zu übernehmen und zurückzutreten. Sie kämpfen nicht für die Bürger, Sie kämpfen gegen die Bürger. Und die haben genug, die können sich die Ampel schlicht nicht mehr leisten. Wenn Sie Deutschland einen Gefallen tun wollen, dann machen Sie den Weg frei für Neuwahlen, für eine Regierung, die dieses Land achtet, die auf den freien Markt und nicht auf Planwirtschaft setzt, die unsere Grenzen schützt und nicht lächerliche Messerverbote ausspricht, die den Staat zurückfährt, die spart, die Steuern massiv senkt, die den Leistungsgedanken wieder fördert, die Auflagen und Bürokratie wirklich zurücknimmt, die Meinungsfreiheit achtet, eine vernünftige Energiepolitik macht, Luft nicht besteuert und die den Bürgern die Sicherheit und die Freiheit zurückgibt. Deutschland hat etwas Besseres verdient als eine kaputte Ampel, die nicht einmal mehr gelb blinkt, sondern einfach nur noch verschrottet werden muss. Deutschland hat den Neustart verdient. Herzlichen Dank. Und für Bündnis 90/Die Grünen hat nun das Wort Schahina Gambir. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sicherheit – darüber wird in diesen Tagen viel diskutiert. Wir haben die Verantwortung, das Sicherheitsversprechen für alle in diesem Land einzulösen. Hierzu braucht es eine Gesamtstrategie. Dazu gehören die Stärkung unserer Sicherheitsbehörden und eine effektive Gefahrenabwehr. Aber genauso wichtig sind Prävention, Deradikalisierung und Demokratieförderung. Stattdessen reden wir nur über erneute Verschärfungen in der Asyl- und Migrationspolitik. Dadurch soll nun endlich alles besser werden. Dabei verfolgen wir seit Jahren einen immer restriktiveren Weg in der Asylpolitik. Doch die damit verbundenen Versprechen haben sich nicht bewahrheitet. Was müssen wir also tun, um gute und nachhaltige Sicherheitspolitik zu machen? Forschung und Praxis sind sich darin einig: Prävention. Wir müssen Radikalisierung frühzeitig erkennen und stoppen. Dass sich gerade junge Menschen extremistischen Ideologien zuwenden, ist eine enorme Herausforderung. Hier brauchen wir niedrigschwellige und auch digitale Sozialarbeit. Extremismus entsteht nicht im luftleeren Raum. Es sind gesellschaftliche Phänomene, denen wir gesellschaftspolitisch begegnen müssen. Die Akteure, die in diesem Bereich zentrale Arbeit leisten, gilt es jetzt zu stärken. Dem muss der Etat für Integration und Antirassismus gerecht werden. Demokratieförderung, Integrationsmaßnahmen und die Bekämpfung von Rassismus und Extremismus müssen abgesichert werden. Es wäre fatal, genau jetzt nicht in diese zentralen Maßnahmen zu investieren. Es ist daher unsere parlamentarische Aufgabe und demokratische Pflicht, die Lücken im Bereich von Prävention und Deradikalisierung zu schließen; denn gute Prävention ist gute Sicherheitspolitik. Vielen Dank. Der nächste Redner ist Robert Farle. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Ist er noch da? Vorhin habe ich ihn gesehen. Da ist er. Ich will nur ein paar Anmerkungen zur heutigen Diskussion machen. Zu meiner Verwunderung habe ich festgestellt, dass Herr Merz ein Knecht Putins sein soll. Ich glaube, der Mann, der das hier gesagt hat, war der Kollege Audretsch oder so ähnlich. Also Leute, wenn hier jemand solche Sprüche klopft, dann kann man sich als jemand, der an so einer Debatte hier ernsthaft teilnimmt, nur noch fragen: Was machen die Grünen hier? Die haben hier eigentlich gar nichts verloren. Am besten, sie werden demnächst alle abgewählt. Zweitens. Die Kriegsbeteiligung – Waffen und Geld – summiert sich mittlerweile schon auf zwischen 200 Milliarden und 250 Milliarden Euro, wenn man alles zusammenrechnet. Das ist eine riesige Summe. Das trägt dazu bei, dass in unserem Land viele wichtige Aufgaben in der Infrastruktur, im sozialen Bereich, im Bildungswesen nicht mehr erledigt werden können. Eine dritte Anmerkung. Herr Bundeskanzler, ich freue mich, dass Sie heute auch das Migrationsthema mal angesprochen haben; Herr Merz hat das auch angesprochen. Ich würde mich aber auch freuen, wenn sich im kommenden Jahr wirklich was ändern würde, wenn wir nicht mehr 80 Milliarden Euro wegen der illegalen Massenzuwanderung ausgeben müssten, sondern das Geld für unsere eigenen Bürger zur Verfügung stünde. Das würde mich freuen, und das würde ich sehr unterstützen. Dann ein weiterer Punkt. Ihre Redezeit ist vorbei, lieber Herr Farle, und zwar schon seit zehn Sekunden. Beim nächsten Mal trage ich das weiter vor. Beim nächsten Mal haben Sie die Möglichkeit. Keine Waffenlieferungen mehr an die Ukraine! Friedensverhandlungen ja, sofort! Lieber Herr Farle, Ihre Redezeit ist vorbei. Und keine Atomraketen in Deutschland! Danke. Die letzte Rednerin in der Debatte ist für die Unionsfraktion Kerstin Radomski. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei den Haushaltsberatungen über den Etat des Bundeskanzlers möchte ich zum Abschluss noch mal auf den Bereich „Kultur und Medien“ zu sprechen kommen. Seit fast drei Jahren ist Frau Staatsministerin Roth im Amt, und was bleibt, ist eine Bilanz voller Herausforderungen und ungelöster Probleme. Nicht nur das Agieren auf den internationalen Bühnen wie documenta und Berlinale oder das viel kritisierte Konzept zu den Erinnerungsstätten bleiben im kollektiven Gedächtnis, sondern auch einige Baustellen im Kulturbereich. Denn Haushalt hat nicht nur mit Zahlen, die steigen oder sinken, zu tun, Haushalt hat auch mit Reformen und Strukturen zu tun. Das haben Sie, liebe Frau Roth, selber angesprochen. Sie haben von strukturellen Veränderungen und organisatorischen Reformen gesprochen, die notwendig sind. Aber wo bleiben diese in Ihrer Amtszeit? Ich schaue auf die Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Ja, es ist eine schwierige Aufgabe, einen Museumstanker wie die SPK auf einen neuen Kurs zu bringen. Im Haushaltsjahr 2022 haben Sie uns gesagt, die Haushaltssperre bei der SPK sei dazu da, durch finanziellen Druck den Reformprozess voranzubringen. Bis heute ist der Prozess nicht abgeschlossen. Stattdessen sehen wir in diesem Jahr, dass für 2025 mehr Mittel für die SPK eingeplant werden, ohne dass die Reform verabschiedet wurde. Ich glaube, die Strategie ist einfach nicht aufgegangen. Und wir ahnen alle miteinander, dass es jetzt wohl auch nicht weiter vorangehen wird. Ein weiteres Beispiel für die Missstände in Ihrem Bereich ist die nicht vollendete Reform der Filmförderung; Frau Schenderlein hat es schon angesprochen. Wir erwarten, dass die Verhandlungen mit den Bundesländern – vielleicht mal für alle Nichthaushälter: das ist ein ständiges Leiden – rasch vorangehen. Wir erwarten Klarheit und Planbarkeit für die Film- und Fernsehindustrie. Denn eigentlich müsste dieses Gesetz am 1. Januar 2025 in Kraft treten. Diese Zielmarke werden Sie wohl nicht erreichen, da uns bis heute noch kein Kabinettsbeschluss vorliegt. Dass Ihnen die Vertriebenenverbände nicht besonders am Herzen liegen, haben wir schon in den letzten Jahren beobachten können. Uns als Union sind die Zeiten von Flucht und Vertreibung und die Erinnerung an diese, unsere deutsche Geschichte besonders wichtig. Es ist aus unserer Sicht völlig unverständlich, dass Sie das Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa umgewandelt haben in ein Bundesinstitut für Kultur und Geschichte des östlichen Europa. Damit ist der Bezug zur deutschen Nationalität völlig aus dem Namen gestrichen worden. Die „Augsburger Allgemeine“ beschreibt es treffend – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –: „Roth zeigt die letzten zweieinhalb Jahre im Amt, dass das diskrete Verhandeln nicht zu ihren Stärken gehört. Ihr Stil ist anders: direkt, offen, oft auch laut.“ Sehr geehrte Frau Staatsministerin, Ihr Stil hilft leider nicht bei den Reformen, die im Kulturbereich dringend notwendig wären. Auch die Integrationsbeauftragte hat in der heutigen Debatte gesprochen. Und ja, ihre Redezeit – das ist manchmal so hier im Parlament – wurde tatsächlich von fünf Minuten auf zwei Minuten gekürzt. Sie hat sich in ihrer Rede an die Ampel gewandt; ich weiß gar nicht, ob die Kollegen der Ampel das wahrgenommen haben. Sie hat gesagt, dass sich dieses Land für eine vielfältige Welt einsetzen soll. Und sie hat gesagt, dass man für Integration mehr Geld braucht; darum hat sie gebeten. Lieber Otto Fricke, nein, es war nicht Frau Warken, die mehr Geld gefordert hat, sondern die Staatsministerin für Integration. Sie hat gesagt hat: Integration braucht mehr Geld. Wenn wir uns den Etat angucken, dann sehen wir: Diese Staatsministerin hat in der aktuellen Legislaturperiode tatsächlich jedes Jahr weniger Geld zur Verfügung gestellt bekommen. Ihre Rede war daher sicherlich eine Anmerkung an die Ampel. Und ich muss feststellen, dass in Ihrem Bereich tatsächlich nicht viel erreicht wurde. Sie haben nur den Titel „Präventionsprogramm gegen islamistischen Extremismus“ in „Dialoge für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und zur Extremismusprävention“ umgewandelt. Damit ist die Prävention gegen den islamistischen Extremismus tatsächlich an den Rand gedrängt worden. Abgesehen davon, dass es in diesem, unserem kompletten Bundesetat keine neue Förderkulisse für gesellschaftlichen Zusammenhalt braucht, weil im Einzelplan des Innenministeriums ohnehin eine Titelgruppe „Heimat und gesellschaftlicher Zusammenhalt“ mit ganzen 252 Millionen Euro drinsteht, haben Sie es damit geschafft, Ihre eigene Beauftragung abzuschaffen. Die Integrationsstaatsministerin ist eigentlich überflüssig geworden in diesem, unserem Bundesetat. Leider fehlt mir Zeit für weitere Ausführungen. Ich hoffe aber, dass wir in den kommenden Haushaltsberatungen durch die Parlamentarier der Ampel einige positive Veränderungen bekommen werden. Ich schließe und sage: Vielen Dank! Damit schließen wir die Debatte zum Einzelplan 04 und zum Einzelplan 22 und kommen nun zum Geschäftsbereich

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